BaZ will sich von Daniel Wahl trennen

Der Reporter hat schon 9 Mal den Pressekodex verletzt. Jetzt ist es dem Chefredaktor offenbar zu viel geworden.

Gebaeude und Logo der Basler Zeitung am Aeschenplatz in Basel, am Montag, 22. November 2010. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)

Die BaZ ist in den letzten Jahren durch viele Presseratsverstösse aufgefallen. 9 davon gehen auf die Kappe von Daniel Wahl (einer davon allerdings für die bz Basel). Bislang hatte das keine Konsequenzen. Das fiel auch dem journalistischen Kontrollorgan, dem Presserat, auf. Die Präsidentin, Susan Boos, sagte unlängst gegenüber Bajour: «Punktuell scheint bei der BaZ die Qualitätskontrolle nicht zu funktionieren»

Jetzt hat Chefredaktor Marcel Rohr aber gehandelt. Wie Bajour erfahren hat, ist Daniel Wahl seit dem 17. Dezember suspendiert. Aktuell ist er krankgeschrieben, doch wenn er wieder gesund ist, wird sich die BaZ von ihm trennen. Darüber hat Marcel Rohr gestern seine Redaktion informiert.

Rohr bestätigt gegenüber Bajour: «Wir sind an einen Punkt gekommen, an dem ich ihn nicht mehr gegen aussen und gegen innen schützen kann.» Über die Gründe kann er aus personalrechtlichen Gründen nichts sagen.

Umstrittene SRF-Doku

Drei Tage, bevor Wahl suspendiert wurde, hat das SRF die Dokumentation «Der Teufel mitten unter uns», ausgestrahlt. Es geht um eine Gruppe von Politiker*innen, Lehrpersonen oder Polizist*innen, die laut SRF glauben, in der Schweiz fänden rituelle Kinderopfer statt. Die Dokumentation stiess auf Kritik, mehrere Protagonist*innen fühlten sich von SRF unfair behandelt und meldeten sich bei der Organisation «Fairmedia».

Eine Szene lässt aber aufhorchen: Einer der Protagonisten, der von rituellen Kinderopferungen schwadroniert, führt den Reporter auf die Ruine Dorneck in Dornach. Dort zeigt er auf eine geschlossene Türe und sagt, sie führe zu einem unterirdischen Tunnelsystem, in dem möglicherweise solche satanistischen Rituale stattfinden. Auf die Frage des Reporters, ob das bewiesen sei, sagt der Mann: «Dani Wahl ist dran». Wahl selbst wollte Bajour im November nichts dazu sagen, er äussere sich nicht zu laufenden Recherchen.

Für zwei Baselbieter Lehrpersonen, die im Film vorkommen, hatte die Dokumentation laut bz Basel Konsquenzen. Beide unterrichten gemäss bz-Bericht nicht mehr. Einer der Lehrer sagte der bz, das SRF habe seine Aussagen völlig aus dem Kontext gerissen. Er erwähnte aber auch den Fall Nathalie, ein Fall, bei dem es um mutmasslichen Missbrauch eines Kindes geht. «Der Fall Nathalie ist unser Antrieb, über Satanismus zu sprechen. Doch es gibt weltweit noch viele andere solcher Missbrauchsfälle», sagte er der bz Basel.

Der Reporter, der den Fall Nathalie in der Region bekannt gemacht hat, ist Daniel Wahl. Er wurde dafür vom Presserat gerügt: In einem Online-Artikel veröffentlichte die BaZ im Juni 2020 eine Tonaufnahmen des mutmasslich missbrauchten 8-jährigen Mädchens. Der Presserat sprach von einem «krassen Verstoss gegen die Prinzipien journalistischer Ethik». Daniel Wahl sagte Bajour im November: «Ich würde die Audiodatei mit ihrer Stimme nicht mehr veröffentlichen.»

Das sagt Wahls Anwalt

Am Telefon wollte sich Daniel Wahl nicht zu den neusten Entwicklungen äussern. Aber sein Anwalt liess Bajour eine schriftliche Stellungnahme zukommen, die wir hier Wort für Wort wiedergeben:

«Am 17. Dezember wies die BaZ-Chefredaktion ihren Redaktor Daniel Wahl an, in die Ferien zu verreisen. Gleichzeitig wurde Wahl bis 7. Januar unter Schweigepflicht gesetzt. Ebenso wurde ihm jegliche weitere Arbeit im Zusammenhang mit sämtlichen Dossiers strikte untersagt. In darauf folgenden Wochen wurde Daniel Wahl krank, was der Arzt per 30. Dezember bestätigte. Am 7. Januar stellte man Daniel Wahl unter Wahrung der ordentlichen Fristen schriftlich die definitive Kündigung in Aussicht. Am 10. Januar liess Wahl die BaZ schriftlich durch seinen Anwalt anfragen, worauf die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gründe. Am 11. Januar verkündete der BaZ-Chefredaktor den versammelten Redaktorinnen und Redaktoren, dass man sich von ihrem Kollegen Daniel Wahl trennen werde. In der Folge beantwortete der Chefredaktor entsprechende Anfragen anderer Medien. Wissend dass dieser zur Zeit nicht zu antworten in der Lage ist, setzt die Basler Zeitung ihren exponierten Arbeitnehmer Fragen der Öffentlichkeit aus. Gleichzeitig verweigert ihm die Basler Zeitung bis dato konkrete Antwort auf seine gestellte Frage. Auch wurde er bis jetzt nicht zur Klärung allfälliger Sachverhalte befragt.»

Bajour hat BaZ-Chefrdaktor Marcel Rohr mit diesen Aussagen konfrontiert. Er sagte, er könne aus personalrechtlichen Gründen nicht dazu Stellung nehmen.

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