Kaspar Sutters Flucht in die Medien-Utopie

Der Basler Regierungsrat hält eine kantonale Medienförderung für nicht dringend. Das ist ein falsches Signal. Es ist mehr als angebracht, lokale Berichterstattung endlich als Service Public anzuerkennen, findet Chefredaktorin Ina Bullwinkel.

Medienförderung Bullwinkels Blickwinkel
(Bild: Adobe Stock/Collage: Bajour)

Der Basler Regierungsrat findet, in Basel gebe es «eine grosse Auswahl von Medien mit ganz unterschiedlichen Trägerschaften, und von daher sieht der Regierungsrat es nicht als dringend an, aktiv zu werden». Die Nutzer*innen hätten eine breite und gute Auswahl, sagte Samuel Hess vom Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt​. Dessen Vorsteher, Kaspar Sutter, hatte sich bereits am ersten Basler Medientag abschlägig zu einer kantonalen Medienförderung geäussert. Nach Veröffentlichung der Regierungsrats-Mitteilung, meldete er sich bisher nicht noch einmal selbst zu Wort. Schade.

Schauen wir uns diese «breite und gute Auswahl» der Basler Medien einmal an. Da wären die beiden grossen Zeitungen, hinter denen noch grössere Verlage (aus anderen Kantonen) stehen: die Basler Zeitung (Tamedia) und bz (CH Media). Es gibt das Basler Regionaljournal vom SRF, also einen öffentlich-rechtlichen Vertreter, es gibt Radio X und auch Radio Basilisk. Dazu kommt mit Telebasel ein regionaler Fernsehsender, der zudem mit Baseljetzt einen Online-News-Auftritt hat. Hinzu kommen mehrere kleine Online-Medien: Primenews, Onlinereports und Bajour.

Die lokalen Medien sind geprägt von kleinen Teams und kleinen Budgets. Darunter leidet die Qualität. 

Das sind nicht wenige Medien und sie alle tragen zur Medienvielfalt im Kanton bei. Dafür können wir uns in Basel glücklich schätzen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es vor allem der Lokaljournalismus ist, der unter hohem Druck steht, Nachwuchsprobleme hat und dass bei fast allen Basler Medien ein Sparkurs herrscht, die Journalist*innen Kündigungswellen gewöhnt sind, befristete Verträge nicht verlängert oder freiwerdende Stellen nicht wieder besetzt werden. Die lokalen Medien sind geprägt von kleinen Teams und kleinen Budgets. Darunter leidet die Qualität. 

Seien wir ehrlich. Es gibt kaum investigativen Journalismus in Basel. Immerhin leisten sich einzelne Redaktionen, auch wir von Bajour, hin und wieder eine umfangreiche Recherche. Es sind aus meiner Sicht allerdings viel zu wenige. An Geschichten und Machenschaften mangelt es nicht. An Kapazitäten allerdings schon. 

Wenn also der Regierungsrat schreibt, er sehe die Herausforderungen der regionalen Medien und sei sich des schleichenden Strukturwandels in der Medienbranche bewusst, dann frage ich mich als Lokaljournalistin, ob das blosse Sehen des Problems wirklich genügt.

Bleiben Online-Medien weiterhin ausgeschlossen, nur weil die Politik aus Rücksicht auf die grossen Verlage nichts Neues wagen will?

Die Basler Medien müssen einen grossen Teil ihrer Zeit dafür investieren, Geld aufzutreiben. Interessant dabei: Ein Grossteil der Medien erhält bereits heute eine direkte oder indirekte Medienförderung (sei es durch Zeitungs-Zustell-Ermässigungen, Mehrwertsteuer-Reduktion, Lokal-TV- oder Lokalradio-Konzessionsgelder). Dabei fliessen jedes Jahr Millionen an die Zeitungen, die Radios und Fernsehsender. Aussen vor bleiben die Online-Medien. 

Gemeinsam ist allen Sparten, dass es unabhängigen Journalismus dringend braucht, er aber leider kein Geschäftsmodell mehr hat. Glaubwürdige Informationen werden so etwas wie ein Kulturgut werden, das sich die Gesellschaft leisten muss und wird. Aber wie wird diese Förderung ausgestaltet? Bleiben Online-Medien weiterhin ausgeschlossen, nur weil die Politik aus Rücksicht auf die grossen Verlage nichts Neues wagen will?

Die Regierung sollte vorausgehen und die lokale Berichterstattung als Service Public anerkennen und die Basler Medien fördern, damit sie in ihrer Vielfalt bestehen bleiben.

Auf den Kanton Basel-Stadt können sie jedenfalls nicht zählen. Der versteckt sich hinter der – festgefahrenen – nationalen Förderung und verweist darauf, dass eine kantonale Medienförderung, auch eine indirekte, die Unabhängigkeit untergraben würde. Was – mit Verlaub – ziemlicher Nonsens ist. Es gibt sehr gute Fördervorschläge ohne die Möglichkeit der Einflussnahme.

Statt pseudo-föderalistische Gründe vorzuschieben, sollte die kantonale Regierung deshalb lieber vorausgehen und die lokale Berichterstattung als Service Public, als Dienst an der Demokratie, ja als gesellschaftliches Kulturgut anerkennen und die Basler Medien fördern, damit sie in ihrer Vielfalt bestehen bleiben. Eine «vollständige Unabhängigkeit», wie sie der Regierungsrat verteidigen will, ist ein edles Ziel, aber leider eine Utopie.

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