Selbstbestimmte Geburt? Das kann dir dabei helfen
Gebären ist gewaltig – und kann im Vorfeld ganz schön viel Angst auslösen. Das muss aber nicht sein.
Wenn du unseren Text über negative Geburtserfahrungen gelesen hast, weisst du: Eine Geburt ist ein komplexer Vorgang, an dem viele teilhaben – nicht nur die Schwangere selbst. Die Hebamme Magdalena Brigger sagt im Artikel: «Eine Geburtsvorbereitung fängt nicht in der Schwangerschaft an. Das Leben bereitet einen darauf vor – oder eben nicht. Für eine positiv empfundene Geburt muss eine Frau in ihrem Körper angekommen sein und sich vertrauen. Sie muss bereit sein, die Grenzerfahrung, die mit einer Geburt unweigerlich verbunden ist, anzunehmen.»
Es gibt Möglichkeiten, wie sich Frauen auf ihre Geburt vorbereiten können, damit sie ihnen in positiver Erinnerung bleibt.
Ganz wichtig dabei: Eine Geburt ist unplanbar. Dass eine Frau gut vorbereitet ist, bedeutet nicht, dass sie automatisch eine unkomplizierte Geburt hat. Aber ein gutes Geburtserlebnis ist damit möglich.
Disclaimer: Diese Liste ist aus eigenen Erfahrungen und nach Gesprächen mit Müttern, Hebammen, Pfleger*innen und Ärzt*innen entstanden. Sie hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit, aber vielleicht ist das Eine oder Andere für dich hilfreich. Besprich Fragen und Unsicherheiten auf jeden Fall mit deiner medizinischen Fachperson.
1. Geburtsvorbereitung fängt nicht erst in der Schwangerschaft an.
Beschäftige dich damit, sobald du merkst, dass dich das Thema Kinderkriegen interessiert. Was würde es für dich/euch bedeuten, ein Kind zu bekommen? Was erwartest du, was erwartet ihr von einer Geburt?
2. Informiere dich.
Was passiert bei einer Geburt? Was sind mögliche Komplikationen und Interventionen? Die ausführlichste Anlaufstelle ist swissmom. Allerdings lohnt es sich auch, sich auf Doula- und Hebammenblogs wie Umstand-Praxis, Die positive Geburt oder dem (deutschen) Hebammenblog einzulesen.
3. Lese und höre dir Geburtsgeschichten an.
Positive und weniger positive. Die gibt es zum Beispiel im (englischsprachigen) Podcast The Birth Hour. Bei Bajour gibt es bald auch Geburtsgeschichten zu hören – wir halten dich auf dem Laufenden. Das muss nicht ständig sein und wenn du das Gefühl hast, es mache dir Angst – überleg dir:
4. Wovor hast du Angst? Schreib es auf.
Ängste gehen nicht weg, indem man sie ignoriert. Sie aufzuschreiben hilft auch dabei, Fragen an dein*e Ärzt*in oder Hebamme zu formulieren.
5. Rede mit deinen Freundinnen, die geboren haben.
Auch jene, die keine guten Erinnerungen daran haben. Frage sie, was sie heute anders machen würden. Auch negative Erfahrungen können wertvoll sein – allerdings musst du für dich entscheiden, ob du sie erfahren willst oder nicht. Und deine Freundin soll natürlich darüber sprechen wollen.
6. Dasselbe gilt für Gespräche mit deiner Mutter.
7. Überlege dir, wo du die Schwangerschaftskontrollen machen willst.
Hebamme oder Gynäkolog*in? Hebammen machen keine Ultraschalle, können aber bei gesunden Schwangeren die Kontrollen übernehmen.
8. Besuche wenn möglich mit deine*r Partner*in einen Geburtsvorbereitungskurs.
Der dient nicht nur zur Information – ihr könnt euch so auch einmal pro Woche zusammen auf die kommende Zeit als Eltern einstimmen. Kurse in Basel gibt es im Unispital, im Bethesda, im Geburtshaus Matthea, bei den Stadthebammen aber auch bei einzelnen Basler und Baselbieter Hebammen (hier kriegt ihr eine Übersicht).
9. Stelle einen Geburtsplan auf
in dem du deine ideale Geburt aufschreibst, aber auch festhältst, was du möchtest, sollte die Situation schwierig werden. Beantworte darin Fragen wie:
- Wo soll die Geburt stattfinden? Welche Möglichkeiten werden dort angeboten, die du wichtig findest?
- Wer soll bei der Geburt dabei sein? Dein*e Partner*in, ein*e Freund*in, eine Doula? Nur eine Person oder auch mehrere? Hast du eine Ersatzperson, falls dein*e Partner*in nicht dabei sein kann?
- Wie soll der Raum aussehen, in dem du dein Kind gebärst? Musik, Kerzen, Düfte? Was immer dich am meisten beruhigt.
- Wie willst du mit schmerzlindernden Mitteln umgehen? Soll die Hebamme warten, bis du dich meldest? Soll sie dich fragen? Willst du eine Periduralanästhesie (PDA)? Soll man sie dir anbieten?
- Wer setzt sich für deine Wünsche (etwa PDA ja/nein) ein, falls du sie nicht mehr selber formulieren kannst? Wenn du im Spital gebärst, kann es hilfreich sein, eine Doula mitzunehmen. Eine Doula ist eine geburtserfahrene Begleiterin, die dich zusätzlich zur Hebamme bei der Geburt unterstützt. Hier findest du Informationen zu Doulas in der Schweiz.
- Willst du die Nabelschnur auspulsieren lassen oder das Nabelschnur-Blut spenden? Frage nach, was das bedeutet – bei deiner Hebamme und/oder Frauenärzt*in.
- Lass zu, dass es auch sein kann, dass du einen Kaiserschnitt brauchst oder willst. Ein Kaiserschnitt bedeutet keine weniger wertvolle Geburt. Überlege dir, was du in dem Moment brauchen wirst, damit du gestärkt in den Eingriff gehen kannst.
10. Eine Geburt ist sehr anstrengend – das Wochenbett aber auch.
Plane noch vor der Geburt, wie dein Wochenbett aussehen soll. Wer kümmert sich um Haushalt und Essen? Kocht jemand für euch? Kann dein*e Partner*in ein paar Wochen frei nehmen? Wenn nicht, suche dir jemand Anderes, der vorbeischaut oder deine anderen Kinder betreut.
Wenn du keine oder wenige Besucher*innen empfangen willst, darfst du deine Freund*innen und Familie vertrösten: Das Baby ist nach zwei Wochen auch noch herzig. Deine Hebamme wird’s dir auch tausendmal sagen, aber es ist ganz wichtig: Schone dich!
Buchtipps
«Vertrauen in die natürliche Geburt» von Wolf Lütje. DAS Buch für Frauen, die sich mit klinischen Geburten auseinandersetzen wollen. Der deutsche Chefarzt für Geburtshilfe berichtet von Erfahrungen und warnt vor einer Überbetonung der Risiken.
«Die selbstbestimmte Geburt» Der Klassiker unter den Geburtsvorbereitungsbüchern. Die amerikanische Hebamme Ina May Gaskin ist eine Koryphäe auf dem Gebiet der vaginalen Geburt und ihr Buch ein nützlicher und bewegender Begleiter durch Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Mit vielen Geburtsberichten.
«Hebammensprechstunde» Oldie but Goodie. Ingeborg Stadelmann gibt etwas altmodische, aber hilfreiche und ganzheitliche Tipps zu Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Offenheit gegenüber alternativen Heilmethoden ist von Vorteil.
«Mama werden mit Hypnobirthing» Hypnobirthing ist im Trend – aber auch nicht unumstritten (eine Geburt lässt sich selten einfach wegatmen). Die Lektüre dieses Buches lohnt sich trotzdem – alleine schon wegen der beiliegenden Meditationen zum Anhören während der Schwangerschaft.
«Die ersten vierzig Tage» von Heng Ou. Ein toller Begleiter durch die Tage des Wochenbetts. Mit guten Rezepten und Ritualen.
Bajour widmet sich in einem Schwerpunkt dem Thema Geburten.
Nebst diesem Artikel sind bisher erschienen dazu:
Wer vögeln kann, kann auch gebären: Unsere Recherche zum System hinter negativen Geburtserfahrungen
Der Bajour-Geburtspodcast Folge 1: Yannettes Geburt im Geburtshaus