Aus für das Sommercasino: Wie der Verein Junge Kultur Basel (JKB) mitteilt, bereitet er die Schliessung des Jugendkulturzentrums beim St. Jakob-Denkmal bis spätestens September vor. Als Gründe werden die finanzielle Lage in Folge der Corona-Pandemie und ein strukturelles Defizit genannt. Dieses habe «von Beginn weg» bestanden. JKB ist seit 2016 Trägerverein des Socas, finanziert wird es massgeblich durch den Kanton. Dieser ist auch Eigentümer des Gebäudes und plant eine Gesamtsanierung, gemäss JKB «eine zusätzliche Herausforderung». Nach einer Analyse und Suche nach Zukunftsperspektiven gemeinsam mit anderen Institutionen aus der Jugendkultur und dem Erziehungsdepartement, heisst es, der Vorstand glaube an die Wichtigkeit der Jugendkulturförderung auch ohne Sommercasino. Nun kläre der Verein mit dem Erziehungsdepartement «das konkrete Ausstiegsszenario und den Zeitplan für die Schliessung». Den betroffenen Mitarbeiter*innen sei bereits ordentlich gekündigt worden.
Soll der Kanton das Sommercasino retten?
Noch eine zeitgemässe Plattform?
Ich bin seit 9 Jahren im Sommercasino als freier Mitarbeiter im Technik-Team tätig, und mich stimmt die neueste Entwicklung auch sehr traurig. Es ist aber irgendwie wie immer: Alle sind traurig, dass es zu Ende geht, jedoch geht kaum jemand hin. Die Besucherzahlen sind in den letzten Jahren stetig zurückgegangen, und da stellt sich die Frage, ob das Format 'Sommercasino' noch eine zeitgemässe Plattform für aktuelle Jugendkultur ist. Macht es Sinn, dass eine solche Institution dem ED angegliedert ist? Soll die Verwaltung eines solchen Gefässes so aufwendig sein, macht eine Top-Down-Hierarchie in der Jugendkultur Sinn? Ich bin gespannt, wie sich der Verein JKB diesen Fragen annimmt und was der Kanton nach dem Umbau der Villa für eine Nutzung der Liegenschaft vorsieht.
Polo und Pogo
Schade, geht das Sommercasino zu. Ich verbinde mit ihm einen wichtigen Teil meiner Jugend. Hier habe ich mein erstes Rockkonzert besucht: 1991, Polo Hofer, ein vierstündiger Gig. Hier habe ich auch getanzt. Unten im Keller des Sommercasinos. Dort stand die Führerkabine eines Trams, sie diente als DJ-Pult. Die wöchentliche Disco dort hiess darum Trämli. Gespielt wurde alles, was schräger klang als das Hitparadenzeugs. New Wave, Punk, Grunge. Hier tanzte ich erstmals Pogo und sah fasziniert den Grufties zu, die die Säule in der Mitte des Raums antanzten. Im Sommercasino war ich auch, als die Lovebugs ihr allererstes Konzert gaben. Sie nahmen an einem Talentwettbewerb teil und besiegten dort die Band meines heutigen Schwagers. Diese Erinnerungen bleiben, das Sommercasino geht.
Retten? Nicht verhungern lassen wäre besser gewesen!
Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig. So in etwa sah das Budget des Erziehungsdepartements aus, welches es dem Betreiberverein zugestanden hatte. Es ist ein Wunder und nur aufgrund aufopfernder Vorstandsmitglieder und Mitarbeitenden möglich gewesen, dass dieses Haus bis heute betrieben wurde. Jetzt wo der Schnitt gezogen werden musste, heisst es dafür «in d'Hose». Die Politik muss jetzt Verantwortung übernehmen und der Jugendkultur eine nachhaltige Zukunft bieten. Und nicht wie bisher, stiefmütterlich behandelt, sondern mit einem öffentlichen Bekenntnis zur Jugendkultur und angemessenem Budget. Ob im SoCa oder woanders, das sollen die jungen Menschen der Stadt entscheiden dürfen.
Es wurde gejazzt!
Ende der 60er-Jahre war das mein Schulweg, durch den Park, dem Sommercasino entlang, es war lauschig, verträumt, verlassen, Zeuge einer längst vergangenen Zeit. Dann wurde es belebt mit Elementen, die mit obigen Attributen nichts gemeinsam hatten: laut, jung, chaotisch, versprayt, anti-Establishment, meine Generation. Ich besuchte Konzerte, kiffte, wir erfanden die Welt neu. Dann gingen Jahre übers Land und wir gesetzte Herren kamen auf die Idee, eine Jazzschule zu gründen. Gesagt, getan, im Sommercasino wurde gejazzt, das war die Geburtsstunde der JSB, die heute an die Musikakademie angeschlossen und an der Utengasse beheimatet ist. Die Vorstellung, man könne das Sommercasino einfach abreissen, befremdet mich, stellt es doch ein Stück Geschichte dar, eine feudale Villa, ein lauschiger Ort mitten im Verkehr. Doch wie weiter? Ein Kindergarten? Ein Gellert-Ableger der Musikschule? Werkstätten für Musikinstrumente, Goldschmiede, Räume für Zen, Therapien... nur nicht abreissen!
SoCa ist ein eherner Wert…
….für die jeweils Jungen! Natürlich, es gab auch früher das -tis, den Bierkeller, das Happy Night. Aber nur im SommerCasino führten die Jungen Regie. Ende Sechziger hatte der Besuch dieses Lokals etwas Besonderes. Hörte man diese oder jene Band erstmals, vielleicht sogar aus dem eigenen Umfeld oder aus einem Vorort. Und immer wieder bestand die Chance, das netteste Mädchen zu sehen, gerade dort mit ihr tanzen zu können…diesen Ort zu schliessen ist, wie wenn man das Theater ausser Betrieb nähme, das Kunstmuseum dicht machen, die Kunsteisbahn endgültig abtauen, das Joggeli dem Erdboden gleich machen würde. Wollen wir das wirklich ernsthaft?
Weiter für die Jugend
Ich hab vor 60 Jahren mit der Volkstanzgruppe dort die damals alten Tänze gelernt. Es wird immer eine Jugend geben, die etwas gemeinschaftliches unternehmen will, auch in unserer modernen Welt.
Es stirbt auch ein Begegnungsort
Der einzige lebendige Ort im Gellert (neben den Spielplätzen) stirbt jetzt auch noch. Insbesondere die Buvette vor dem Soca ist fürs Quartier im Sommer sehr wichtig geworden. Es stirbt also nicht nur ein Jugendzentrum und Konzertort, sondern auch ein Begegnungsort für die Bevölkerung im Quartier.
Mehr als ein Ort für Jugendkultur
Das Sommercasino ist mehr als ein Ort für Jugendkultur. Es ist ein Ort, an dem die Vielfalt in der Musikszene sichtbar wird. Ein Ort, welcher Kultur – insbesondere für junge Menschen – niederschwellig, möglichst zugänglich und verhältnismässig günstig anbietet. Es ist ein Ort, an dem Kulturschaffen durch günstige Atelierräume ermöglicht wird.
Unsere Kulturstadt braucht mehr solche Orte und es ist deshalb unabdingbar, dass der Kanton – welcher jährlich hohe Überschüsse schreibt und somit auch genug Geld für die Rettung des «SoCa» hätte – mit allen Beteiligten und Interessierten partizipativ eine Lösung für die Weiterführung dieses Angebots findet. Ebenso müssen die Bands und Künstler*innen, welche nach September im Programm aufgeführt sind, eine angemessene Entschädigung erhalten.
Der richtige Schritt
Hinstehen, auch bei schlechten Neuigkeiten. Das braucht Mut. Leider müssen wir, der Vorstand des VJK Basel, das Sommercasino auf Ende September schliessen. Das macht traurig und ist doch der richtige Schritt. Wir müssen als Stadt und mit der Jugend darüber diskutieren, was ein Jugendkulturhaus heute sein soll und vor allem, ob wir uns das leisten wollen. Ich bin mir sicher: Jugendkultur muss sich nicht rentieren.
Jetzt muss ich grad ein wenig Trauerarbeit leisten 😢: Kein Geld – Verein gibt auf: «Es ist Zeit, das Sommercasino zu schliessen» ...
JA
Ich finde man muss dem Soca schon unterstützen denn sonst geht den Jugendlichen einen Treffpunkt verloren. Ich finde aber auch, dass die öffentliche Hand dies führen sollte.
Was esch in Basel los?
Es ist traurig: Wir haben eine Regierung, die mit «links» mehr als hundert Millionen Franken Steuergelder in diversen Projekten in den Sand setzt und mit einem Federstrich Jugendkultur im Sommercasino und Unterhaltungskultur im Musical Theater kaputt macht.
Vor 7 Jahren bin ich nach Basel gezogen, in der Hoffnung, kulturelle Vielfalt zu geniessen. Und jetzt muss ich solche Trauerspiele kulturloser Politiker*innen miterleben.
Mit dem Sommercasino verbindet auch mich ein Jugenderlebnis: 1969 durfte ich als Drummer der Band «Ceaser‘s New Connection» zum ersten Mal in einer «Grossstadt» den Blues nach britischer Manier (John Mayall, Savoy Brown, etc. )präsentieren. Unser Gitarrist und Sänger Cäsar Perrig aus Basel hatte den Gig vermittelt. Diese Emotionen melden sich bei mir, wenn ich jetzt den «Blues» der absehbaren Schliessung bedauern muss.
Ein Trauerspiel sondergleichen 🥵.
Girls City
Gerade habe ich im Radio den Beitrag «Girls City» gehört. Basel soll für Mädchen und Frauen sicherer werden. Als junge Frau vor über 40 Jahren war gerade das SoCa DER Ort (neben dem Kaffi Schlappe und dem Hirscheneck), wo man sich sicher fühlen konnte, wo jemand vom Personal hier war, wo der Konsum und die Wirtschaftlichkeit nicht im Vordergrund standen…das kann ja nicht sein, dass gerade heute so ein Ort verschwindet!