In Basler Tiefgaragen gibt es rund 2000 nicht vermietete oder zweckentfremdet genutzte Parkplätze. Diese Zahl kennen wir, weil uns mehrere hundert Bajour-Leser*innen Einblick gegeben haben in ihre Tiefgaragen sowie durch Nachfragen bei Verwaltungen (zur Recherche). Wie kann man dieses Potenzial nutzen? Eine Möglichkeit wäre, diese Parkplätze preislich attraktiver zu machen. Eine Anwohner*innenparkkarte kostet jährlich 284 Franken – ein durchschnittlicher Tiefgaragenplatz: im Schnitt 1'900 Franken. Sollte der Kanton solche brachliegenden Tiefgaragenplätze subventionieren, um das Parkplatzproblem zu lösen – statt neue Quartierparkings zu bauen?
Soll der Kanton mehr Parkplätze im Untergrund subventionieren?
Fan von Quartierparkings
Seit je bin ich ein Fan von Quartierparkings, welche entscheidend zur Entlastung der Allmend beitragen werden. Es braucht dazu keine grossen Parkhäuser, aber es spricht ausser Ideologie nichts dagegen, bei Neubauten gleich auch Quartierparkings einzuplanen. Die Aussage «Neue Tiefgaragen zu bauen in Städten mache hingegen gar keinen Sinn mehr» kann ich deshalb überhaupt nicht unterstützen, im Gegenteil. Kommt dazu, dass ein Teil der Parkplätze nur zeitweise belegt sind. Wenn wir Wege finden, die Benutzungsquote zu erhöhen, haben alle gewonnen: Autofahrer, Fuss-, Velo- und öffentlicher Verkehr. Mit den heutigen elektronischen Werkzeugen lässt sich dies erreichen, z. Bsp. die Idee von Parcandi geht in die richtige Richtung. Wieso statt Parkplätze direkt zu subventionieren, nicht solche Ansätze fördern? Das scheint mir deutlich zielgerichteter und ergebnisreicher als die ewig gleichen ideologischen Grabenkämpfe.
Parkieren an den Siedlungsrändern
Künftige Abstellplätze müssen an den Stadträndern, besser noch an den Agglorändern geplant werden. Von dort mit ÖV/Velo zum Wohnort. Nur so werden die städtischen Wohnquartiere wieder zu rechten Lebensräumen. Der von aussen einströmende Verkehr muss eh nicht IN die Städte hinein fliessen. Der Strassenraum bleibt so für den nötigen Gewerbe- und Handwerkerverkehr reserviert. Dies führt zu einer entscheidenden Beruhigung. Der innerstädtische Fahrradverkehr erhält endlich die ihm zustehende Verkehrfläche.
Baubestand und öffentlichen Raum besser nutzen - zugleich mehr Kostenwahrheit
Andere Städte machen es vor: Quartiere, die von motorisiertem Individualverkehr weitgehend befreit sind, funktionieren und sind besonders lebenswert. Ob Superblocks in Barcelona, Pontevedras Innenstadt oder Vauban in Freiburg. Gemeinsamkeit: der öffentliche Raum steht den Menschen zur Verfügung, nicht den Autos. Ob zum Flanieren, dem Plausch im Schatten von Bäumen, einem Kaffee an der Ecke oder Kindern zum Spielen. Mobilität ist darum intelligent zu organisieren: Städter*innen haben ohnehin wenig Autos, denn Mobilitätsbedarfe können städtisch meist auch ohne Auto befriedigt werden. Mit einem erweiterten Car-Sharing-Angebot steht bei Bedarf gleich eine ganze Auswahl an Fahrzeugen zur Verfügung. Diese haben ihren Platz in bestehenden Einstellhallen - wie künftig auch private Autos, die heute noch im Strassenraum herumstehen. Dazu ist aber nicht das Parkieren im Untergrund zu subventionieren. Vielmehr ist der oberirdische Stadtraum zu verteuern oder besser: für Menschen umzugestalten.
Alternativen fördern
Basel sollte viel eher die Alternativen zum Auto fördern, statt Parkplätze mit viel Geld zu subventionieren. Denn der Kanton muss umweltfreundliche und ressourcenschonende Verkehrsmittel priorisieren. Wenn der Kanton trotzdem unterirdische Parkplätze subventionieren sollte, muss gleichzeitig auch die gleiche Zahl oberirdisch aufgehoben werden.
Nachhaltige Mobilität fördern
Die Mobilität mit dem Auto ist erwiesenermassen die ineffektivste und umweltschädlichste Form der Mobilität. Das Auto wird heute im Schnitt eine Stunde pro Tag bewegt und steht 23 Stunden. Zudem haben 2/3 aller BaslerInnen gar kein Auto mehr. Warum also soviel Subventionen für wenige Menschen. Intelligente Mobilität vernetzt Verkehrsträger optimal und führt zu massiv weniger Autoverkehr mit deutlich höheren Nutzungsquoten des Autos z.B. über Sharing. Es ist Zeit die Zukunft zu gestalten nicht in der Vergangenheit zu zementieren.
Besser Parkgebühren auf Allmend weniger subventionieren
Besser wäre, die Parkgebühren auf Allmend weniger zu subventionieren. Wenn man fürs Parkieren auf Allmend gleich viel bezahlen würde wie für die sonstige Nutzung, zum Beispiel für ein Strassencafé, dann würde es um einiges teurer und der Preisunterschied zwischen Anwohnerparkkarte und Parkplätzen in Einstellhallen würde sich automatisch anpassen. Es macht keinen Sinn, den Autoverkehr zu subventionieren, wenn man eigentlich die klimafreundlichen Verkehrsmittel fördern will.
Falsches Muster
Bereits 1977 stand in der "Muster-Sprache" von Christopher Alexander (als eines von Hunderten von Mustern, die er zu beachten empfohlen hat): "Jedes auf dem Boden parkierte Auto braucht etwa 30 m2 von unserem Lebensraum." Daran hat sich nichts geändert: Ausser dass es immer noch mehr Autos geworden sind.
Noch viele offene Fragen
Die Recherche von Bajour ist interessant, aber es gibt noch viele offene Fragen: Wie viele dieser leeren Plätze sind vermietet, aber nicht genutzt? Wie hoch ist die Fluktuation? Befinden sich diese Plätze dort, wo die Leute sie effektiv brauchen? Erst dann weiss man, wie hoch das bestehende Potenzial effektiv ist. Auch gilt zu bedenken, dass kein Vermieter Interesse an einem unvermieteten Parkplatz hat. Subventionen für Parkplätze sind deshalb sicher nicht der richtige Weg. Allerdings wird kein Weg daran vorbeiführen, dass der Kanton gezielt an den richtigen Stellen Quartierparkings erstellt. Vor allem, weil er das für Private praktisch verunmöglicht hat und wenn er laufend Parkplätze auf Allmend abbaut. Gleichzeitig ist es sinnvoll zu prüfen, wie bestehende Tiefgaragen, die nachts leer stehen, z.B. von Einkaufszentren, besser genutzt werden können.
Wird nie durchkommen
Wenn in unterirdischen Parkhäusern tatsächlich so viele Plätze leer stehen, so kann dies auch heissen, dass die Kosten dafür den finanziellen Rahmen sprengen, vor allem bei Familien, bei den mindestens eine Person das Auto auch zum arbeiten benötigt oder als "Familienkutsche" für Ausflüge, welche mit dem öffentlichen Verkehr nicht durchgeführt werden können, dient. Eine Subventionierung für Parkplätze wird aber nie durchkommen, ebenso wie neue Parkhäuser verhindert werden/wurden. Gewisse Kreise wollen einfach keine Autos mehr im Quartier haben, auch wenn sie damit die Minderheit bilden.
Subventionen von bestehenden unterirdigschen PP ist nicht nötig!
Es gibt in meinem Quartier zu wenig oberirdisch zugängliche Parkplätze, da hilft auch eine Parkkarte nicht viel. Denn die Parkkarte garantiert mir keinen Parkplatz (noch weniger während Messen!). Je mehr PP man bei uns abbaut (weil z.B. beim Kunstmuseum, auf der anderen Rheinseite zwei neue Parkings entstehen), desto mehr Suchverkehr gibt es hier. Dies ist für den Suchenden sowie für die Umwelt einfach nur schädlich, ich glaube da stimmen alle zu. Ich brauche keine billigere Parkkarte, ich brauche einen Parkplatz (ober- oder unterirdisch), auf den ich mich verlassen kann. Dazu bin ich bereit die gewünschte Miete dafür zu zahlen. Leider gibt es bei mir aber keine "freistehenden oder umgenutzten" Parkplätze, welche ich mieten kann. Ich bin auch nicht die einzige, welche diese "Zusatzausgaben" gerne auf sich nimmt, wenn man dafür einen fixen Platz hat, nicht mehr immer suchen muss und sich dafür mehr damit beschäftigen kann, wie die eigene Mobilität umweltverträglicher werden könnte.
Eine prüfenswerte Idee
Tiefgaragenparkplätze zu subventionieren mit Geld, das für den Bau von Parkings vorgesehen wäre und nicht verwendet wird, finde ich eine prüfenswerte Idee. Wobei der Teufel liegt im Detail, wie so oft. Es muss zum Beispiel gewährleistet sein, dass nicht alle Zugang haben zu den eigentlich privaten Tiefgaragen. Und dann müsste der Preis für einen garantierten, gedeckten Parkplatz auf jeden Fall höher bleiben als auf Allmend, wo man sich einfach das Recht kauft, sein Auto abzustellen, wenn man einen freien Parkplatz findet.
(Quelle: Recherche «Parkplatz-Not in Basel: Leser*innen decken tausende freie Parkplätze auf»)
Nicht vorgesehen
Grundsätzlich sollen Parkgebühren verursachergerecht sein und die Kosten decken. Eine direkte Unterstützung für Parkplatzmieterinnen und Parkplatzmieter ist deshalb nicht vorgesehen. Aktuell prüfen wir, ob wir die Gebühr der Anwohnerparkkarte nach Fahrzeuggrösse differenzieren können. Dies wäre ein Schritt in Richtung verursachergerechten Tarifen auch im Strassenraum. Die Parkkarten sind in Basel immer noch sehr günstig – gerade auch im Vergleich mit anderen Städten.