2025-10-22 Frage des Tages Steuern vom Lohn abziehen-1

Sollen Steuern direkt vom Lohn abgezogen werden?

Eine Initiative der SP Basel-Stadt fordert den direkten Abzug der kantonalen Steuern vom Lohn. Die Initiative will, dass alle Betriebe mit mehr als zehn Mitarbeitenden die Lohnabzüge ihrer Angestellten künftig direkt an die Steuerverwaltung überweisen sollen (ausser ein*e Angestellte*r entscheidet sich bewusst dagegen). Die Arbeitgeber*innen sollen dafür eine Bezugsprovision vom Staat erhalten. Die Initiative will damit das Problem der Steuerschulden bekämpfen: Bis zu 6000 Personen im Kanton werden jährlich betrieben, weil sie ihre Steuern nicht zahlen. Die Regierung lehnt die Initiative ab. Der Grosse Rat entscheidet am Mittwoch, ob er der Initiativen einen Gegenvorschlag gegenüberstehen will. Vorschläge gibt es bereits zwei – denn in der vorberatenden Wirtschafts- und Abgabekommission (WAK) wurde man sich nicht einig. Die bürgerliche Kommissionsmehrheit will statt eines Direktabzugs provisorische Steuerrechnungen und die Möglichkeit von monatlichen Teilzahlungen für Personen mit Steuerschulden. Die linke Kommissionsminderheit will einen vereinfachten Direktabzug in Form eines Pauschalabzugs von 10 Prozent (5 Prozent in Riehen und Bettingen), der automatisch vom Lohn einbehalten wird – und verpflichtet sind Unternehmen erst ab 50 Mitarbeitenden.

1633 Stimmen
Valerie Wendenburg
Valerie Wendenburg
Moderation
Top antworten
PorträtJT
Jérôme Thiriet
Grossrat / Unternehmer

Grosse Wirkung mit wenig Aufwand

Das Anliegen der Initiative ist nachvollziehbar. Aktuell werden 1840 Personen im Kanton wegen Steuerschulden betrieben. Wenn wir die Menschen im Kanton bei der Budgetierung der Steuern unterstützen und damit lange Schuldenkarrieren verhindern können, ist das gut für Wirtschaft und Gesellschaft. Für mich als Inhaber eines KMU ist die Initiative zu kompliziert in der Umsetzung. Den Gegenvorschlag der Kommissionsminderheit, welcher den Direktabzug nur für Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden und einen pauschalen prozentualen Abzug vorsieht, erachte ich jedoch als vertretbar. Solche systematischen Abzüge kennen wir schon mit AHV, IV, ALV, etc. Es wäre sogar einfacher als die Quellensteuerabzüge. Wichtig ist dass die Unternehmen mit der Bezugsprovision für ihren Aufwand für den Service entschädigt werden. Ich rechne damit, dass sich eine Mehrheit der Bevölkerung diese Vereinfachung analog z.B Deutschland wünscht und dass wir damit die Anzahl Menschen mit Schulden reduzieren können.

Reto
23. Oktober 2025 um 12:42

Wo bleibt die Eigenverantwortung?

Es muss jedem Steuerpflichtigen selber überlassen werden, wann er die Steuern und in welcher Höhe begleicht. Seit vielen Jahren rechne ich Anfangs Jahr aus, was der zu leistende Steuerbetrag sein wird (ist ja mit dem Steuerrechner ein Kinderspiel), teile ihn durch 12 und jeweils 2 Tage nach dem Lohneingang wird der Betrag mittels Dauerauftrag überwiesen. Dies nennt sich Eigenverantwortung und gehört nicht in die Hände des Staates. Definitiv muss es stellenneutral bei der Steuerverwaltung umgesetzt werden.

Jean-Sébastien
22. Oktober 2025 um 05:57

Wie bei der B-Bewilliigung

Die Quellensteuer gibt es bereits für Neuankömmlinge in der Schweiz mit einer B-Bewilligung. Aus persönlicher Sicht fand ich dieses System sehr praktisch: Das Geld wird direkt abgezogen, und man erlebt keine bösen Überraschungen am Jahresende. Ich denke zudem, dass einige Unternehmen bereits gut an dieses Verfahren gewöhnt sind.

Reto Weibel
Mitglied SP Basel-Stadt / Geschäftsleitung Markthalle Basel

Hilft bei der Schuldenprävention

Das Anliegen des Direktabzugs stösst auf Zustimmung, was einerseits die ersten Stimmen dieser Umfrage, sowie das rekordverdächtige Zustandekommen der Initiative zeigt. Für viele Menschen, die hier leben und arbeiten, ist ein Direktabzug eine spürbare Erleichterung. Nur noch das Geld auf dem Konto zu haben, über welches verfügt werden kann, hilft bei der Schuldenprävention. Auch aus Unternehmenssicht ist das System mit der Quellensteuer bewährt und dank der Bezugsprovision bei der Rechnungsstellung der Steuerverwaltung, ist der Aufwand minimal finanziell abgegolten. Den Gegenvorschlag der Kommissionsmehrheit mit der jährlichen Vorausrechnung ist hingegen obsolet. Bereits heute verschickt die Steuerverwaltung Einzahlungsscheine für die Akontozahlungen. Nur der Gegenvorschlag der Minderheit wird dem Anliegen der Initiative gerecht. JA zum Direktabzug der Steuern vom Lohn.

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Lisa Mathys
Grossrätin SP

Ideologischen Widerstand entgegen jeder Expertise

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind vorhanden, die Empfehlungen sämtlicher Expert:innen glasklar: Es gibt keine effektivere Schuldenprävention als den Direktabzug der Steuern vom Lohn. Bereits heute machen die Unternehmen für 30% ihrer Belegschaft einen Quellenalsteuer-Abzug, sie sind geübt darin. Der erbitterte Widerstand der Arbeitgeber:innenverbände kann also nicht anders als ideologisch begründet werden. Ich verstehe nicht, wie man ein so vielfach erfolgreich erprobtes System ablehnen kann. Ich habe beim Sammeln der Unterschriften mit eigenen Ohren gehört, dass die Möglichkeit für den Direktabzug ein Bedürfnis der Bevölkerung ist - WEIT über die Linke hinaus, ganz unideologisch, pragmatisch gar.

Screenshot 2023-08-31 at 11-16-23 Mitglieder & Aufgabenverteilung
Lucas Gerig
Bürgerrat der Stadt Basel

Ja, aber keine komplizierte Lösung

Schlicht: 10 % Steuerabzug für alle, die nicht schon Quellensteuer haben. Die gesamte Summe monatlich an die Steuerverwaltung Basel-Stadt, welche die Weiterleitung an Wohnkantone, etc. organisiert. Das wäre Service public Alle Steuerverwaltungen verwalten das Geld wie Steuervorauszahlungen, nach Eingang der Steuererklärung wird abgerechnet. Wer weniger als 10 % zahlen muss, wird sich freuen über die Rückerstattung, da kann manche sonstige offene Rechnung bezahlt, das Sparkonto geäuffnet werden oder man kann sich mit gutem Gewissen etwas leisten. Allenfalls als Feriengeld brauchen, etc. Und alle die mehr als 10% zahlen müssen, die wissen es ja auch und zahlen den Rest wie bisher oder auch mit individuellen Vorauszahlungen ...

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Sacha Lüthi
LDP (1. Nachrückender KB), Polizist

Komme damit klar...

Ich komme mit einem Direktabzug klar, auch wenn ich wahrscheinlich den 13. Monatslohn anteilsmässig ausbezahlen lassen muss (Alimente und so, you know). Aus eigener Erfahrung von früher (Familie 2 Kinder und Partnerin, allein erwerbstätig mit CHF 4000.- )war es schon so, dass wir die Rechnungen nach Mahnungsgrad bezahlt haben. Der 13. Monatslohn diente dann für die Steuern. Alles andere war Verzicht. Nun gab es trotz Verzicht auf Vieles manchmal unvorhergesehene Ereignisse mit Kostenfolge, (Krankheit mit hoher Franchise usw.) dann war der 13. Monatslohn oft die Rettung, vor dem Kollaps. Mit der Steuerverwaltung konnte dann eine Abzahlungsvereinbarung getroffen werden. Dies gab finanziellen Spielraum. Ohne dieses "Polster" wären Schulden nicht abwendbar gewesen. Ob es nicht 1840 Menschen gibt, die vielleicht genau so jonglieren weiss ich nicht, am Schluss haben wir einfach 1840 Menschen mit anderen Gläubigern. Welche mit aggro Inkassobüros oft das grössere Übel sind.

Mireille
22. Oktober 2025 um 05:31

Blick nach Frankreich

In Frankreich ist das couront normal!

Werner Pachinger
22. Oktober 2025 um 07:18

Steuerabzug bei Rentnern ?

Quellensteuern werden bereits heute direkt vom Lohn abgezogen. Das ist offenbar für die Unternehmen möglich. In vielen Ländern der Welt funktioniert dieses System gut, die Mensch haben bis jetzt offenbar auch ihre Würde behalten. Interessant wird es bei Rentnern. Wo werden die Steuern abgezogen: bei der AHV oder der Pensionskasse ? Wie funktioniert das System, falls jemand von einer nicht im Kanton ansässigen Institution einen Lohn oder eine Rente bezieht? Auf den ersten Blick böte dieses neue System sicherlich eine Möglichkeit zur Schuldenprävention. Wäre das nicht eine Entlastung der entsprechenden Bewohner sowie der Behörden?

reto
26. Oktober 2025 um 10:44

werbung nein danke

Verbote für offensive Werbung wie die von Cembra, die impliziert, dass immer genug Geld da ist, wären wohl zweckdienlicher. Allerdings schwierig umzusetzen in unserer Konsumgesellschaft.

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