Stolpersteine: Auch in Basel lebten Nazi-Opfer – ihnen wurde heute gedacht
In Basel und an der deutschen Grenze bei Riehen sind heutem Dienstag vier «Stolpersteine»und eine «Stolperschwelle» gesetzt worden. Sie sollen mit Bezug auf persönliche Schicksale an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern, die es auch in der Schweiz gegeben hat.
«Stolpersteine» ist ein gesamteuropäisches Kunst- und Gedenkprojekt, das 1992 vom deutschen Künstler Gunter Demnig lanciert wurde und mittlerweile in weit über 20 Ländern präsent ist. 90'000 Stolpersteine seien bereits verlegt worden, sagte die Frau des Künstlers, Katja Demnig, an der feierlichen Setzung des ersten Gedenksteins beziehungsweise der ersten Gedenkschwelle auf baselstädtischem Kantonsgebiet.
Jeder Stein und jede Schwelle soll an ein Einzelschicksal oder ein nachvollziehbares Kollektivschicksal erinnern. An der Grenze zu Deutschland wird nun 13 jüdischen Flüchtlingen gedacht, die am 23. November 1938 von der Basler Polizei an die Gestapo ausgeliefert worden sind. «Die Schweiz trägt eine Mitschuld an ihrem Schicksal», ist der Inschrift der Gedenkschwelle im Boden zu entnehmen.
Eine Gruppe von 13 Schülerinnen und Schülern des Basler Gymnasiums am Münsterplatz plädierte in persönlichen Texten unter anderem dafür, dass Schutzsuchende niemals mehr zurückgewiesen werden dürften.
Neben der Gedenkschwelle an der Grenze wurden vier «Stolpersteine» gesetzt. An den jeweiligen Wohnorten sollen die Steine an Schicksale von Menschen erinnern, die Basel und die Schweiz verlassen mussten und in Konzentrationslagern der Nazis ermordet wurden.
So unter anderem an der Erlenstrasse 14 in Gedenken an Anna Maria Böhringer (1885-1945): Sie verlor nach der Heirat mit einem Deutschen die Schweizer Staatsbürgerschaft und wurde wegen Bagatelldelikten und eines «unangepassten Lebenswandels» des Landes verwiesen. Anna Maria Böhringer starb am 20. Februar 1945 im KZ Ravensbrück.
Roman Rosenstein vom Verein Stolpersteine, der bisher erst in Zürich aktiv war, zeigte sich bei der Steinlegung an der Erlenstrasse beeindruckt von der Unterstützung, die das Projekt in Basel erfahren habe. Das zeige ihm, dass «genügend Widerstandskräfte wach bleiben, damit es nie wieder zu einem Holocaust kommt.»
Dass sich auch Menschen in der Schweiz für das gesamteuropäische Projekt engagieren und die Stolpersteine» zu uns brachten, liegt ursächlich an dem Buch «Die Schweizer KZ-Häftlinge. Vergessene Opfer des Dritten Reichs» von Balz Spörri, René Staubli und Benno Tuchschmid, Verlag NZZ Libro, 48 Franken. (Keystone-SDA/dsi)
Während des zweiten Weltkriegs suchten verfolgte Jüd*innen aus Deutschland in Basel Schutz. Die Schweiz schickte viele von ihnen zurück in den sicheren Tod, darunter auch Anna Maria Böhringer, Kurt Preuss, Gaston Dreher und Armin Weiss. Ihnen sind die Stolpersteinen in Basel gewidmet. Ihre Geschichten kannst hier nachlesen. Wie die Schweiz im Allgemeinen und Basel speziell mit Erinnerungskultur umgehen, hat Historiker Georg Kreis im Interview erläutert.