«Das Problem sind die Blicke der Männer»
Nationalrätin Tamara Funiciello will, dass auch Frauen und non-binäre Personen oben ohne in der Badi sünnele dürfen. Ihre Idee findet bei Basler*innen erstaunlich viel Anklang.
In der Schweiz gehört der Busen im Freibad verpackt. SP-Nationalrätin Tamara Funiciello möchte dies ändern. Nach dem Vorbild der deutschen Stadt Göttingen fordert sie, dass alle Gäste ohne Oberteil in die Badi dürfen, wie «20 Minuten» berichtet.
In Göttingen ist dies versuchsweise seit dem 1. Mai an den Wochenende erlaubt, nachdem eine non-binäre Person eines Gartenbades verwiesen wurde, weil sie kein Top trug. Dies hatte für grosse Entrüstung gesorgt.
Bajour wollte wissen, wie diese Idee bei Basler*innen ankommt und war vom Konsens bei der Strassenumfrage selbst überrascht.
Lili, 34, Kauffrau
«Die weibliche Brust wird nach wie vor sehr sexualisiert. Es würde mich nicht stören, wenn jemand oben ohne badet, ich würde es aber selbst nicht machen. Ich bin da zurückhaltend, weil ein Handybild einfach schnell geschossen ist. Es wäre schön, wenn es normal wäre, eine entblösste Brust zu sehen. Ich würde es auch begrüssen, wenn beispielsweise auf Instagram weniger restriktiv mit diesem Thema umgegangen würde und ein vielfältigeres Bild dieses weiblichen Merkmals in der Gesellschaft verankert wäre. Im Internet und den Medien wird immer ein vereinheitlichtes Bild des Körpers dargestellt. Das ist nicht gut fürs Selbstbild.»
Remo Balda, 33, Coiffeur
«Ich finde Baden ohne Oberteil völlig okay. Wenn es jemanden stört, soll er halt wegsehen. Diese persönliche Freiheit sollte jede*r haben. Männer dürfen ja auch oben ohne baden. Wo ist der Unterschied? Ich finde es komisch, dass mit dem Schutz der Frauen argumentiert wird, denn Frauen können genauso stark sein wie Männer, das beste Beispiel dafür ist meine Mutter.»
Maja Studer, 73, Rentnerin
«Wenn ich schon vorgebräunt bin, lege ich mich manchmal für zehn Minuten oben ohne in die Sonne. Aber nicht länger, denn ich will mich nicht verbrennen. Es sollte jeder für sich entscheiden, wie er oder sie das handhabt.»
Christian Born, 50, Lebensmitteltechnologe
«Als ich jung war, war es gang und gäbe, dass mal jemand im Joggeli oben ohne herumlag. Man sollte sich dann aber auch nicht wegen Gaffern beschweren. So sind halt Männer, das liegt in den Genen. Jede*r sollte selbst wissen, wie stark er*sie sich exponieren will. Eigentlich ist es ja das Normalste überhaupt, wir sind ja alle ohne Kleider zur Welt gekommen. Klar, man sollte nicht starren, aber irgendwie tut man es trotzdem. Ich denke aber, dass wenn mehr nackte Brüste in der Öffentlichkeit gezeigt würden, es auch weniger Gestarre gäbe. In der Saune gafft man ja auch nicht. Zum Schluss möchte ich noch eine Sache erwähnen: Sie kennen doch sicher Milo Moiré. Hätte ein Mann die Aktion gebracht, splitternackt mit dem ÖV zu fahren, wäre er sicher verhaftet worden.»
Vera Challand, 75, Rentnerin
«Das ist mir völlig Wurst. Wer hinschaut und sich erschreckt, tut dies aufs eigene Risiko. Ich würde es selbst nicht tun, aber einfach, weil ich nicht gern bade. Mein einziger Vorbehalt: Der soziale Druck auf junge Mädchen kann enorm hoch sein.»
Daniel Quaranta, 48, Gärtner
«Wer will, kann von mir aus ohne Oberteil baden. Ich gehe eh nicht oft in die Badi. Das muss jede Frau für sich selbst entscheiden.»
Sirin Szabo, 36, Kauffrau
«Meine Brust ist oft exponiert, denn ich habe ein Neugeborenes. Wenn ich in der Öffentlichkeit stille, spüre ich ständig Blicke auf mir. Man sieht an den Reaktionen, dass dies für viele kein normales Bild ist. Klar wird die Brust ja tatsächlich auch in die Sexualität eingebunden und nicht nur für die Funktion des Stillens gesehen, was ja das Normalste der Welt ist. Ich würde mich oben ohne sonnen, aber wahrscheinlich zum baden die Brüste wieder bedecken.»
Pablo Kaepainen, 33, Pflegefachmann
«Ich finde schon, dass man es erlauben sollte. Das Problem sind die Blicke der Männer. Die haben in dieser Hinsicht noch viel zu lernen. Die Macho-Kultur ist noch tief in vielen Bevölkerungsschichten verankert.»
Theresa, 36, Designerin
«Grundsätzlich bade ich schon oben ohne, aber nicht im Schwimmbad, da dort viele Familien mit Kindern sind. Grundsätzlich sollte das aber allen selbst überlassen sein. Es ist doch einfach nur der menschliche Körper. Wer ein Problem damit hat, sollte einfach einen anderen Ort aufsuchen. Der Umgang mit Nacktheit sollte eigentlich viel freier sein. Man sollte sich nicht fragen müssen, ob man zu viel Haut zeigt oder nicht die passende Figur hat. Menschen sollten einfach so sein dürfen, wie sie sind – ob mit Kleidern oder ohne.»
Thomas Baciölis, 34, Truck-Fahrer
«Wir sind in Europa 2022. Was soll schlecht am Oben-Ohne-Baden sein. Die Menschen sollten stärker werden, was das angeht.»
Theres Schöpfer, 82, Rentnerin
«Ich bin hin- und hergerissen. Eigentlich würde es mich zwar nicht stören, wenn jemand einen schönen Busen hat und ihn zeigt, aber es ist einfach etwas Persönliches. Das könnte auch Männer anregen, die das vielleicht gar nicht wollen. Ich bin aus der Innerschweiz und recht prüde erzogen worden. Vielleicht spielt das auch eine Rolle.»
Silvia Leimgruber, 75, Rentnerin
«Das ist etwas für die Jugend. Aber ich finde unverpackt generell nicht so gut. Ich finde es schöner, wenn man nicht alles zeigt. Ausserdem kann die Erlaubnis zum oben ohne Baden einen grossen Druck auf Frauen ausüben, nach dem Motto: ‹Du darfst doch, warum zeigst du nichts?› Aber: leben und leben lassen.»
Arianne*, 65, Rentnerin
*wollte kein Bild von sich machen lassen
«Es gibt wichtigere Themen, als das Baden ohne Oberteil. Wir sollten die Priorität auf unsere Sicherheit legen, wie die Ereignisse am 1. Mai gezeigt haben. Für mich darf jeder tun, was er will. Es sollte aber auch nicht gefordert werden, dass man oben ohne baden darf.»
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