Braucht es noch ein Fasnachts-Comité?

Was haben wir aus der Basler Nicht-Fasnacht 2020 gelernt? Eines bestimmt, die Fasnächtler*innen sind äusserst kreativ. Während Aktive alle möglichen Wege suchten, dem Lebensgefühl Fasnacht einen Output zu geben, hielt sich das Fasnachts-Comité strikt an die Vorgaben der Behörden. Zum grossen Ärger von Fasnächtler Renato Salvi. Er fordert «vollen Einsatz für die Fasnacht».

Der andere Morgestraich der abgesagten Basler Fasnacht 2020.
Der Nicht-Morgestraich an der Nicht-Fasnacht 2020.

Der Schock sitzt tief. Das Unfassbare wurde bittere Realität. Die Fasnacht wurde abgesagt. Gegen diesen Schmerz helfen auch die immer wieder bemühten Statements von Regierungsräten nicht, die erklären, dass auch sie nun keine Fasnacht machen können.

Wirklich erklären, warum man die Fasnacht abgesagt hat, kann keiner. Man versucht uns weiss zu machen, dass es zur Prävention diene. Das Virus soll sich nicht noch schneller ausbreiten. Okay. Offenbar sind gescheite Köpfe auf die Idee gekommen, dass es sich an Fasnachtsumzügen und Cortéges besonders schnell vermehren würde. Nur so kann man erklären, warum volle Züge, übervolle Nicht-Fasnachts-Beizen und volle Läden noch immer kein Risiko darstellen.

Für mich ist Fasnacht kein Anlass. Kein Event. Fasnacht ist wie Ostern. Weihnachten. Wie Tag oder Nacht. Das alles lässt sich auch nicht einfach so absagen. Zum Glück gibt es da eine selbsternannte Truppe von Superhelden: Das Fasnachts-Comité. Das sind die einzigen, die das Trauerspiel noch zu einer Farce hätten umpolen können.

Denkste! Genau die Leute, die sich für die Fasnacht und für die, welche diese Fasnacht leben, stark machen sollten, blieben verdächtig stumm. Wie schon so oft. Wenn ich nett sein wollte, könnte ich meinen, dass sie das Ganze auf dem falschen Fuss erwischt hatte. Nun bin ich aber nicht nett. Das Fasnachts-Comité wusste natürlich schon früher von der Absage. Und wenn ich ehrlich bin, konnte man schon Tage davor mit einer Absage rechnen.

Genau die Leute, die sich für die Fasnacht und für die Fasnächtler*innen stark machen sollten, blieben verdächtig stumm.

von Renato Salvi

Das kurze Statement an der verheerenden Pressekonferenz der Comité-Obfrau war kurz, emotionslos und im Inhalt tieftraurig. Da erheiterte mich auch das Mikrofon-Ballett der Journalisten, das aus einem Monty-Python-Film hätte stammen können, nicht mehr.

Wie kann das Fasnachts-Comité dasitzen und einfach nur sein Bedauern ausdrücken? Wenn rechte Guggenmusiker ihren ebenso rechten Arm heben, dann heisst es «wir distanzieren uns». Im Falle des Fasnachts-Comités heisst das, man distanziert sich von allem – auch von einer klaren Haltung. Schade!

Vielleicht erwarte ich zu viel? Wie hätte es gewirkt, wenn die Obfrau des Comités sowas gesagt hätte wie: «Die Fasnacht absagen, Entschuldigung liebe Regierungsräte, das geht nicht. Was geht ist, die Fasnacht in anderer Form und zu einer anderen Zeit durchzuführen. Das würden wir akzeptieren und im Sinne der allgemeinen Gesundheit respektieren. Das darf dann aber kein Freipass sein, auch in Zukunft, wenn die globale Welt in Schnappatmung verfällt, gleich wieder mit dem Fallbeil Frau Fasnachts Kopf rollen zu lassen.» So ein Statement hätte vielleicht nicht die grosse Trauer getilgt, aber sicherlich hätte das ein kleiner Hoffnungsschimmer sein können.

Das Fasnachts-Comité weilt schon seit ein paar Jahren in geistiger Quarantäne.

von Renato Salvi

Ein paar Tage danach dann die Nachholung einfach so mit einem Ressourcen-Geschwafel zu killen und dann noch den dritten Bummelsonntag vage offen zu lassen, geht meiner Meinung nach nicht.

Wenn etwas nicht geht, dann muss was anderes gehen! «Die Fasnacht können wir leider Gottes nicht nachholen, aber wir machen aus dem dritten Bummelsonntag – egal wann dieser stattfinden sollte – eine 24 Stunden-Fasnacht! Auch wenn das am 27. Dezember sein muss.»

Eine klare Haltung zur Fasnacht, eine Besessenheit, Freude und vor allem voller Einsatz für die Fasnacht, sowas würde ich mir vom Fasnachts-Comité wünschen. Vermutlich wünsche ich mir zu viel. Das Fasnachts-Comité weilt schon seit ein paar Jahren in geistiger Quarantäne. Warum man an diesem Gremium festhält? Keine Ahnung. Aber in diesen Tagen sei die Frage erlaubt: Braucht es so ein Fasnachts-Comité? Ich denke die Zeit ist nun endlich reif, sich über eine neue Fasnachts-Organisation Gedanken zu machen.

Renato Salvi
Renato Salvi ist seit über 30 Jahren freier Schauspieler, Autor, Regisseur und Produzent. Der passionierte Fasnächtler lancierte 2019 die Vorfasnachtveranstaltung «Kòpfladäärnli». Nach dem ersten Jahr musste er diese aber wieder einstellen.

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