Überfüllte Notfälle – was tun?
Die Notfälle in Spitälern sind überlastet – bei den Hausärzt*innen sieht es wegen Fachkräftemangel allerdings auch nicht besser aus. Viele Menschen gehen daher statt in ärztliche Praxen direkt ins Spital. Der Nationalrat entscheidet am Dienstag über eine umstrittene Forderung: Wer nicht per Krankentransport ins Spital geliefert wurde oder wer keine Überweisung beispielsweise aus der Apotheke hat, soll künftig eine 50-Franken-Gebühr zahlen. Ursprünglich sollten damit Bagatellfälle bekämpft werden. Laut CH Media wird an der Vorlage vor allem die Umsetzung kritisiert: Der administrative Aufwand wäre hoch. Letzteres vermutet auch der Bundesrat, der die Bagatellgebühr deshalb ablehnt. In einem Antwortschreiben der Basler Regierung an eine Motion zu Bagatellfällen heisst es, dass diese beim Unispital Basel nur ein Viertel der Fälle ausmachen. Und diese Menge an Bagatellfällen brauche das Unispital sogar: Zur Ausbildung angehender Ärzt*innen und als «Manövriermasse» für eine flexible Steuerung des Notfalls – wenn alle Patient*innen schwere Notfälle seien, werde die Triage unberechenbarer.
Hausärzt*innen müssen gestärkt werden
Die sogenannten Bagatellfälle sind gemäss einer Helsana-Studie von 10% 2014 auf 7 % 2023 gesunken. Dies ist eine gute Entwicklung. Die vorbereitende Kommission schlägt dennoch ein Gesetz vor, das eine Notfallgebühr einführen würde. Ursprünglich war geplant, einen sogenannten Bagatellzuschlag einzuführen. Daraus geworden ist nun eine Vorlage, bei der alle KVG-Versicherten einen Zuschlag von maximal 50 CHF bezahlen sollen – unabhängig davon, ob sich der Fall als Bagatelle oder als ernsthaft erweist. Die Kantone entscheiden zudem, ob sie diesen Zuschlag einführen möchten oder nicht. Ausgenommen sind Kinder, Jugendliche und Schwangere – sowie Fälle, bei denen eine schriftliche Überweisung vorliegt oder die Einlieferung per Krankenwagen erfolgt ist.
Das ist nicht nur gesundheitspolitisch falsch – denn damit wird die Hürde, bei einem Notfall tatsächlich den Notfall aufzusuchen, erhöht. Das führt später zu mehr Folgeerkrankungen. Das zeigen Studien.
Hinzu kommt der enorme bürokratische Aufwand. Der ist nicht nur sehr teuer, sondern bindet auch unnötig Ressourcen von Fachkräften, die bei den Patient:innen gebraucht werden.
Zudem sind noch viele Fragen offen, etwa zu Haftung, Entschädigung, ausserkantonalen Behandlungen usw.
Kein Wunder also, dass 65 von 75 Vernehmlassungen die Vorlage ablehnen – von Krankenversicherungen über Spitäler bis zu Notfallmediziner:innen.
Was wir brauchen, ist eine Stärkung der Hausarztmedizin, niederschwellige Anlaufstellen und die Förderung der Gesundheitskompetenz – nicht eine Notfallgebühr.