Was Städte gegen übergrosse Autos tun sollten
Immer mehr Autos auf Schweizer Strassen sind SUVs. Das bringt auch Gefahren mit sich: je grösser ein Fahrzeug, desto gefährlicher ist es für andere Verkehrsteilnehmende. Doch welche Massnahmen könnten Städte wie Zürich oder Basel dagegen ergreifen? Tsüri-Kolumnist Thomas Hug hätte da ein paar Ideen.
Vor ziemlich genau 15 Jahren wurde in Bern die nationale Stopp-Offroader-Initiative eingereicht. Sie hatte ein nahezu visionäres Ziel: den damals noch jungen SUV-Boom im Keim zu ersticken. Über die Initiative abgestimmt wurde aber nie. Sie wurde vorzeitig zurückgezogen, zugunsten eines laschen CO2-Gesetzes. Die hehren Ziele zum Schutz von Fussgänger:innen und Velofahrenden blieben Wunschdenken.
Thomas Hug ist Verkehrsplaner und Stadtentwickler bei urbanista.ch und engagiert sich für zukunftsfähige Lebensräume – stets auf der Suche nach dem richtigen Gleichgewicht von Arbeit, Aktivismus und Politik. Als Experte für Verkehrswende und nachhaltige, inklusive Mobilität versucht Thomas eine menschenzentrierte Sicht auf die Mobilität zu fördern. Er ist eher Generalist mit dem Blick auf das Ganze wie Spezialist mit dem Auge fürs Detail.
Heute ernten wir die Früchte davon. Sport Utility Vehicles, kurz SUVs, dominieren die Strassen – und auch im Verkauf sind sie die beliebtesten Karosserietypen. SUVs sind Fahrzeuge mit etwas höherem Einstieg und charakteristischer Form. Umgangssprachlich werden oft etwas grössere Autos, die fast wie Geländewagen aussehen, als SUV bezeichnet.
Fast jedes zweite neue Auto ist heute ein SUV. Aber als wäre dies nicht alles: Und langsam schwappt auch die Pickup-Welle von den USA nach Europa über – mit noch grösseren Autos, als wir es von den SUVs kennen. Und dies ist gleich mehrfach problematisch.
Die charakteristische Front der SUVs und Pickups ist tödlicher als ein normales Auto. Je höher die Nase eines Autos, desto eher sterben die Menschen zu Fuss, die davon getroffen werden. Bis zu 45 Prozent höher kann so die Sterblichkeit bei einem Unfall sein.
Aber nicht nur das. Oft ist auch die Sicht eingeschränkt, obwohl viele Leute SUVs kaufen, weil sie scheinbar besser auf die Strasse heruntersehen. Tatsächlich sehen sie aber nicht mehr, was vor ihrem Auto passiert. Eine Untersuchung in den USA hat nachgewiesen, dass gewisse Pickups gar schlechtere Sichtwinkel haben wie ein Abrams-Panzer – und deshalb jährlich 400 Menschen in den USA sterben.
Dazu kommen weitere automobile Auswüchse, die sich am Beispiel des SUVs gut ablesen lassen: Immer schwerer, breiter und stärker motorisiert werden die Fahrzeuge. Das Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar. Eine Entwicklung, die einer klimaneutralen Mobilität absolut nicht zuträglich ist.
Paris will deshalb gegen übergrosse Autos vorgehen. In einer Volksabstimmung kann sich die Pariser Bevölkerung im Februar dazu äussern, ob SUV künftig mehr fürs Parkieren bezahlen müssen. Auch Zürich sollte diese Entwicklung nicht weiter hinnehmen. Denn immer breitere Parkfelder lassen sich in unseren Strassen nicht realisieren. Aber was können Schweizer Städte tun? Drei Vorschläge am Beispiel von Zürich:
1. Keine Jahresparkkarten für überbreite Fahrzeuge
Jedes Jahr stellt die Stadt Zürich Tausende Anwohnerparkkarten für die Blaue-Zone-Parkplätze aus. Damit darf für einen kleinen Betrag (aktuell 300 Franken pro Jahr) unbegrenzt in der blauen Zone parkiert werden. Die dortigen Parkfelder sind normalerweise rund zwei Meter breit. Viele Autofahrende sind sich oft nicht einmal bewusst, wie breit ihr Auto effektiv ist. Für Fahrzeuge, die zu breit sind für ordentliche Parkfelder, sollte die Stadt keine Parkbewilligungen mehr ausstellen.
2. Endlich digitalisierte Kontrollen
Fahrzeuge, die trotz aller Sorgfalt beim Parkieren nicht komplett in ein Parkfeld passen, gehören entsprechend gebüsst. Durch immer grössere Fahrzeuge und weniger Parkplätze sind zunehmende Verstösse absehbar. Doch in Zürich werden die meisten Parkbussen von Patrouillen zu Fuss ausgestellt – ganz schön ineffizient. In vielen Städten gibt es deshalb bereits Parking Enforcement Vehicles, die diese Aufgabe vom Auto, Fahrrad oder Segway aus kamerabasiert durchführen.
3. Mini-Parkfelder für kleinere Fahrzeuge
Grundsätzlich steht es der Stadt frei, auch kleinere Parkfelder zu markieren. Wo dann nicht die grossen SUVs hineinpassen, sondern nur kleine Fahrzeuge wie ein Smart oder Microlino. Vielleicht denkt dann der eine oder die andere plötzlich um, wenn es mit kleinen Autos einfacher ist, in der Stadt einen Parkplatz zu finden.
Wir sind den automobilen Kaufgewohnheiten nicht hilflos ausgeliefert. Und weiter nur zuzuschauen, wird daran sowieso nichts ändern. Zürich muss handeln, um die SUV-Dominanz auf den Strassen zu bremsen. Keine Jahresparkkarten mehr für überbreite Fahrzeuge, digitalisierte Kontrollen und Mini-Parkfelder für kleinere Autos sind nur kleine Schritte in diese Richtung. Paris macht es vor. Es ist an der Zeit, dass auch Zürich die überdimensionierten Autos als Problem anerkennt. Wir sind nicht machtlos gegen die SUV-Flut – und 15 Jahre nach der Stopp-Offroader-Initiative sollten endlich Taten folgen.
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