«Die Zeit drängt, das Geld wird knapp»
Eine Basler Wirtin kämpft für eine neue Härtefallregelung für Kleinbetriebe.
Jasmin Belnava ist Beizerin mit Leib und Seele. Seit acht Jahren betreibt sie im Gundeli das «Café Bohemia» (nicht zu verwechseln mit dem eben im neuen Hotel «Märthof eröffneten Restaurant gleiche Namens). Der beliebte Quartiertreffpunkt mit seinen täglich wechselnden Mittagmenus und einer treuen Stammkundschaft liegt an der Dornacherstrasse, nahe der Thiersteinerallee. Die Räumlichkeiten sind eng. Corona-bedingt fanden bis zur Zertifikatspflicht nur wenige Menschen Platz im Innern. Das kleine Gärtchen ist dementsprechend gut besetzt.
Als der erste Lockdown im März letzten Jahres das Restaurationsgewerbe auf null setzte, war Belnava eine der ersten, die ihr Konzept umstellten und auf Take-Away-Essen setzten. Auch die zweite erzwungene Schliessung von Dezember 2020 bis Mai 2021 überbrückte die ausgebildete Betriebswirtin und Quereinsteigerin mit Menüs zum Mitnehmen.
Das funktionierte und das Geschäft lief einigermassen gut, wären da nicht die Fixkosten. Vor allem die Miete belastet die Bilanz des «Café Bohemia». Genau für solche Fälle hat Basel-Stadt als erster Kanton die Dreidrittels-Lösung eingeführt. Die Idee: Der Vermieter verzichtet freiwillig auf einen Drittel der Miete, der Kanton zahlt einen Drittel und die Mieterin muss ihrerseits auch nur noch für einen Drittel aufkommen.
«Jene, die nicht auf die Solidarität der Vermieter zählen können, werden doppelt bestraft: Kein Entgegenkommen des Vermieters und keine Unterstützung durch den Staat.»Jasmin Belnava, Wirtin
Doch davon wollte Belnavas Vermieterin, eine grössere Immobilienunternehmung, nichts wissen. Das «Café Bohemia» musste weiterhin den vollen Mietzins entrichten. Für solche Fälle gibt’s, oder vielmehr gabs, auch eine Lösung: ein Mietzins-Härtefall-Hilfspaket, das aber während des ersten Lockdowns so wenig genutzt wurde, dass es beim zweiten Paket nicht wieder neu aufgelegt worden ist. Belnava bleibt also: nichts. Und genau deshalb hat sich Belnava in den Kampf gestürzt. Ganz alleine hat sie eine Petition ausgearbeitet und eingereicht.
Sie fordert die Beendigung der Ungleichbehandlung der von der Krise stark betroffenen Geschäfte. «Jene, die nicht auf die Solidarität der Vermieter zählen können, werden doppelt bestraft: Kein Entgegenkommen des Vermieters und keine Unterstützung durch den Staat.» Und die allgemeine Härtefallhilfe von Bund und Kanton, die Ende Jahr auslaufen soll, gabs je nach dem noch obendrauf. Der zweite Lockdown treffe gerade die Gastrobranche noch härter, weil er länger gedauert habe und eine komplette Erholung des Geschäftsgangs aufgrund der corona-bedingten Einschränkungen, wie die Zertifikatspflicht, nicht in Sicht sei.
«Die Zeit drängt, das Geld wird knapp.»Jasmin Belnava, Wirtin
Konkret möchte Belnava erreichen, dass der Kanton auch dann einen Drittel der Mietkosten übernimmt, wenn die Vermieter nicht mitziehen. Geld dazu sei vorhanden. Schon der Kredit für das erste Paket von 18 Millionen Franken wurde nicht ausgeschöpft. Und auch der zweite (21 Millionen Franken) werde bei weitem nicht aufgebraucht werden, meint die Wirtin. «Wenigstens dieses Geld sollte für Härtefälle bereitgestellt werden.»
Beim Finanzdepartement gibt man sich zugeknöpft. Dominik Schön, Leiter Stab Finanzverwaltung, verweist bloss auf die noch bis Ende Oktober laufende Anmeldefrist für das zweite Drittelslösungs-Paket (siehe Box). Und auch sonst scheint das FD nicht sonderlich erbaut zu sein von der Forderung. Das wurde gemäss Belnava am Hearing, zu dem die Petitionskommission für den 30. August geladen hatte, deutlich. Man hält so eine Härtefallregelung II schlicht für überflüssig, eben, weil die Kredite nicht ausgeschöpft würden.
Zwei Dreidrittels-Pakete hatte die Basler Regierung erlassen. Das erste für den Zeitraum von April bis Juni 2020. Über 1500 Betriebe konnten profitieren. Sie erhielten vom Staat im Durchschnitt 3572 Franken.
Das zweite Paket ist noch nicht zugeschnürt. Es umfasst die Zeit von November 2020 bis August 2021. Bis Ende Oktober können aber noch Gesuche eingereicht werden, so dass die Zahlen noch provisorisch sind.
Per 13. September sind 995 Gesuche eingegangen, wovon 910 genehmigt wurden. Im Durchschnitt wurden pro Gesuch 7036 Franken ausbezahlt.
Die Top-3-Branchen: Gastronomie, Einzelhandel (ohne Handel mit Motorfahrzeugen) und Dienstleistungsbetriebe im Bereich des Sports, der Unterhaltung und der Erholung.
Belnava muss also auf den Grossen Rat hoffen, der die Petition an einer seiner nächsten Sitzungen behandeln will. Und warum hat sie sich eigentlich keine Unterstützung, respektive Unterschriften geholt? «Weil das zu lange gedauert hätte», sagt die Wirtin, «die Zeit drängt, das Geld wird knapp.»
Moralische Unterstützung erhält sie zumindest vom Basler Wirteverband. Maurus Ebneter hegt «grosse Sympathien» für das Anliegen. Er wäre auch selber zur Anhörung gegangen, wenn er nicht ortsabwesend gewesen wäre. Er bedauert noch immer, dass es in Sachen Geschäftsmieten nicht zu einer nationalen Lösung gekommen sei. Die FDP und die SVP hatten eine solche mit Hilfe aus GLP und Mitte auf nationaler Ebene bekämpft. Ob Belnava durchdringen wird im Grossen Rat, sei schwierig vorherzusagen. Denn: «Politik ist die Kunst des Möglichen.»
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