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Energieversorgung

Walliser Alpensonne für Basler Steckdosen?

Die IWB haben Ruedi Rechsteiner nach Wallis auf die Piste geschickt. Der SP-Energiepolitiker wirbt in Grengiols für die Beteiligung der Basler Energieversorgerin an einem umstrittenen Megaprojekt: dem grössten Solarpark Europas.

09/02/22, 01:57 PM

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Ruedi Rechsteiner (SP) will Solarstrom aus Grengiols in den Walliser Alpen nach Basel bringen.

Ruedi Rechsteiner (SP) will Solarstrom aus Grengiols in den Walliser Alpen nach Basel bringen. (Foto: Keystone / Lukas Lehmann / wikicommons / Gestumblindi)

Die Sonne scheint für das Wallis: Die Energiekommission des Ständerats will die Bewilligung von grossen Fotovoltaikanlagen stark vereinfachen; Watson schreibt von einer «Solarrevolution». Damit ist das Licht schon ein bisschen grüner für den grössten Solarpark Europas, der in Grengiols in den Walliser Alpen entstehen könnte. 700 Fussballfelder soll er gross werden und auf einer heutigen Kuhwiese mit senkrechten Solarpanels zum Stehen kommen.

Die Sonne könnte auch für Basel scheinen. Denn die Energieversorgerin IWB hat Interesse an diesem Mega-Projekt. Das bestätigt IWB-Mediensprecher Erik Rummer auf Anfrage von Bajour. Aufgrund der derzeit laufenden Gespräche könne nichts zur Höhe der möglichen Investition gesagt werden. Doch die IWB wollen eine «massgebliche Rolle» bei diesem Projekt einnehmen.

«Viele der Konzessionen der grossen Wasserkraftanlagen laufen in den kommenden Jahrzehnten aus. Basel braucht Alternativen.»

Ruedi Rechsteiner (SP), alt Nationalrat und IWB-Verwaltungsrat

Wie kommt es zu diesem Interesse der IWB an Walliser Sonnenenergie?

Heute stammt der IWB-Strom zu rund 90 Prozent aus Wasserkraft und nur zu zwei Prozent aus Solarenergie. Aber: «Viele der Konzessionen der grossen Wasserkraftanlagen der Schweiz laufen in den kommenden Jahrzehnten aus und einige der Standortkantone wollen den Strom ganz für sich haben. Basel braucht bis dahin also Alternativen», erklärt der Basler Energiepolitiker und alt Nationalrat Ruedi Rechsteiner (SP), der bei den IWB im Verwaltungsrat sitzt.

Hinzu kommt: Die Schweiz ist seit jeher im Winter Stromimporteurin; hauptsächlich aus der EU. Eine dort drohende Versorgungsknappheit sowie das Ende der Rahmenverhandlungen sorgen allerdings für eine Ausgangslage, die für die Schweiz vor allem eins bedeutet: Strom importieren wird sehr teuer. Stromproduktion im Inland sorgt also in erster Linie für Preisstabilität. Und statt auf die Schwankungen des Markts in Krisenzeiten angewiesen zu sein, profitieren die IWB als Investorin von günstigen Fixpreisen: Rechsteiner rechnet mit weniger als zehn Rappen pro Kilowattstunde Strom.

IWB ist bereit, «Solarzins» für die Beteiligung zu zahlen

Der 63-Jährige war es schliesslich auch, der den Deal für die IWB einfädeln konnte. Denn es war sein Partei- und Nationalratskollege Peter Bodenmann, der den Solarpark in Grengiols entworfen hat. Der Draht zum ehemaligen SP-Präsidenten ist kurz, also haben die IWB Rechsteiner «auf die Piste» ins Wallis geschickt, um dort für die Zusammenarbeit zu werben. Während zehn Tagen im Juli besuchte Rechsteiner Grengiols, liess sich über das Gelände in 2500 Metern Höhe führen.

So kam ein Letter of intent zustande, der nun die Gespräche ermöglichte. Der Entwurf sieht laut Rechsteiner einen Pachtzins für die Anlage vor, er nennt ihn «Solarzins». Sogenannte «Wasserzinsen» sind für Wasserkraftwerke bereits gang und gäbe – damit wird die Nutzung von öffentlichem Gut, also Wasser, durch einen Abschlag an das Gemeinwesen vergütet. 

«Weil Solarenergie heute deutlich billiger geworden ist als neue Wasserkraft, ist eine Abgeltung mehr als sinnvoll – und darüber hinaus auch gerechtfertigt, weil nur wenige Regionen in der Schweiz über so viel Wintersonne verfügen», sagt Rechsteiner. Solaranlagen in alpinen Höhen sind vor allem im Winter bedeutend, da dort der Nebel keine Rolle spielt und der Schnee zusätzliches Sonnenlicht reflektiert.

Auf 2500 Metern Höhe ist Schneegarantie. Das ist auch gut für Solaranlagen, denn der Schnee reflektiert die Sonne.

Auf 2500 Metern Höhe ist Schneegarantie. Das ist auch gut für Solaranlagen, denn der Schnee reflektiert die Sonne. (Foto: wikicommons / Superbass)

Rechsteiner erzählt, dass die Zahlungsbereitschaft der IWB das Wallis daraufhin «elektrisiert» habe. So habe der Walliser Ständerat Beat Rieder (Mitte) Kontakt zu Rechsteiner aufgenommen, um im Ständerat Unterstützung für das Projekt zu gewinnen. «Das hat sich positiv auf die Beratungen im Parlament ausgewirkt und der einstimmige Entscheid des Ständerats ist eine 180-Grad-Wende.»

«Der einstimmige Entscheid des Ständerats ist eine 180-Grad-Wende.»

Ruedi Rechsteiner (SP), alt Nationalrat und IWB-Verwaltungsrat


Denn riesige Solarpark-Projekte wie in Grengiols sind kontrovers. Ganz ohne Widerstand von Landschaftschützer*innen wird der Solarpark nicht zum Stehen kommen. Rechsteiner fügt an, dass Solarparks weniger bedenklich als andere Kraftwerke seien: Sie lassen sich einfach rückbauen und recyceln. Zudem weisen Studien darauf hin, dass die Biodiversität sogar profitieren könnte von Solaranlagen – denn Tiere und Pflanzen können unter den Panels gedeihen und sogar Schutz suchen.

Der Ständeratsentscheid signalisiert dennoch, dass der Widerstand bröckelt – Energiekrise sei «dank». Wenn das Projekt erfolgreich ist, könnte das die IWB zu einer nationalen Big Playerin machen – schliesslich wird Grengiols ein Prestigeprojekt; laut Rechsteiner wird die Anlage mehr als eine Milliarde Franken kosten. Wann sich die Investition auszahlt und wann der Strom aus der Anlage fliesst – das steht noch in den Sternen. Und bevor klar ist, wie sich der Walliser Sonnenstrom auf Basler Energiepreise auswirkt, wird hier erstmal die Rechnung höher: Die IWB erhöht die Stromtarife zum Jahreswechsel.

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