MCH Group setzt auf den Konjunktiv

Beim Entscheid, mit der Art Basel nach Katar zu expandieren, stellt die MCH Group die ökonomischen Interessen über die moralischen. Wie steht es überhaupt um die finanzielle Lage der Messe und wie vielversprechend ist der neue Standort?

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Die erste Ausgabe der Art Basel Qatar wird im M7 Creative Hub und im Doha Design District im Stadtzentrum von Msheireb stattfinden. (Bild: Art Basel)

Die Art Basel ist das Flaggschiff der MCH Group und diese hat seit 2017 Verluste gemacht. Die letzte Ausgabe der Baselworld fand 2019 statt, die Corona-Pandemie setzte dem Unternehmen zu. Die Medien schrieben von einem Sanierungsfall.

Noch 2023 betrug der Jahresverlust 15,6 Millionen Franken. Mittlerweile hat sich das Unternehmen aber wieder aufgerappelt und ist in den schwarzen Zahlen angekommen. Dazu beigetragen haben verschiedene Faktoren: Die beiden Hauptaktionäre – Basel-Stadt und James Murdoch mit Lupa Investment – sind zwei Mal finanziell in die Bresche gesprungen und ein Sparprogramm inklusive Stellenabbau wurde umgesetzt. 2024 sorgte ausserdem eine Versicherungsleistung für ein Plus in der Bilanz.

Glück im Unglück

Im Juli 2020 sind nämlich fünf Lagerhallen der MCH Group in Laufen dem Feuer zum Opfer gefallen. 2024 bezahlte die Versicherung dafür Ausgleichszahlungen in der Höhe von rund 3 Millionen Franken.

Im März dieses Jahres hat die MCH dann überraschend die – einvernehmliche – Entlassung des CEO Florian Faber (seit Juli 2022 im Amt) bekannt gegeben. Als interimistischer CEO fungiert seither Verwaltungsratspräsident Andrea Zappia.

Auch der Erfolg der Art Basel 2024 trug zu einer Umsatzsteigerung von 218,4 auf 236,6 Millionen Franken bei. Trotzdem bleibt das Stammgeschäft der MCH Group – die Messen – ein schwieriges. Bei der Art Basel setzt die MCH Group daher auf «mehr ist mehr» und expandiert in die Metropolen mit einem finanzstarken Kunstmarkt. Hongkong im März, Basel im Juni, Paris im Oktober, Miami im Dezember.

Obwohl keine spezifischen Gewinnzahlen für jede der Messen veröffentlicht wurden, deuten Besucher*innenzahlen und Berichte darauf hin, dass sich diese Expansionen finanziell lohnen.

Art Basel Qatar Katar Kommentar Ina
Kommentar

Die Art Basel expandiert nach Katar, weil dort reiche Kund*innen warten. Die MCH Group blendet die verheerenden Menschenrechtsverletzungen einfach aus. Kunst-Washing für ein autoritäres Regime kommt einer moralischen Bankrotterklärung gleich, kommentiert Chefredaktorin Ina Bullwinkel.

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Und nun wurde die Art Basel in Katar angekündigt. Im Wüstenstaat fliesst das Geld in Form von Gas und Öl aus dem Boden. So sicher, wie die Tatsache, dass Menschenrechten in Katar missachtet werden, scheint daher zu sein, dass diese Entscheidung ökonomisch sinnvoll ist.

Interessant ist dabei, dass der Mittlere Osten beim Umsatz im weltweiten Kunstmarkt aktuell nur 1 Prozent ausmacht. Der Erfolg steckt hier vor allem im Konjunktiv. «Der Nahost- und Nordafrika-Raum ist ein unglaublich wichtiger Teil der Welt, der im Hinblick auf den Kunstmarkt relativ unterversorgt ist», sagt Noah Horowitz, CEO von Art Basel in der Financial Times.

Ausgabe in Katar startet klein

Für Katar kommt die Art Basel strategisch gelegen. Der Staat am persischen Golf möchte sein Prestige langfristig sichern – immerhin sind das Gas und Öl unter der Erde endlich. Schon länger wird in Kultur investiert und ein Museum nach dem anderen gebaut.

Als treibende Kraft hinter dem kulturellen Ausbau wird Scheicha Al-Mayasa bint Hamad bin Chalifa Al Thani bezeichnet. Sie ist eine Schwester des Emirs von Katar und Vorsitzende des Qatar Museums. «Wir haben 20 Jahre lang in die Software investiert – damit meine ich die menschliche Entwicklung – und in die Hardware, also den Bau von Museen. Jetzt können wir unser Talent, unsere Kreativen aus der arabischen Welt, in die Branche bringen. Und die Art Basel ist die wichtigste Plattform der Welt», sagt sie der Financial Times.

Im Verhältnis zum (noch) relativ kleinen Kunstmarkt im Mittleren Osten wird auch die erste Ausgabe der Art Basel in Katar, zumindest von der Anzahl der Aussteller*innen, bescheiden ausfallen – gerade mal 50 sind eingeplant. Zum Vergleich die Anzahl der Aussteller*innen an den anderen Standorten reichen von 195 (Paris) bis 286 (Miami).

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Das ist Helena (sie/ihr): Helena hat Kultur studiert, um über Kultur zu schreiben, während dem Studium aber in so vielen lokalen Redaktionen gearbeitet, dass sie sich in den Lokaljournalismus verliebt und die Kultur links liegen gelassen hat. Nach Bachelor und Praktika startete sie den zweiten Anlauf zur Versöhnung mit der Kunst, ein Master in Kulturpublizistik sollte es richten. Dann kam das Leben (Kinder, Festanstellung bei der bz) dazwischen. Finally beim FRIDA Magazin gab’s dann kurz richtig viel Kultur und die Entdeckung, dass mehr eben doch besser ist. Deshalb macht sie bei Bajour jetzt beides.

Kommentare

Ohne Titel und ohne Autor:in
23. Mai 2025 um 15:29

Utilitaristische Kunstmaschinerie

Da ist im akademisch-kapitalistischen Kunstsystem mittlerweile einfach viel zu viel Geld drin. Kunst sollte nicht Mittel zur Repräsentation von Geld und Macht sein. Ein solches Kunstsystem kann nur kapitalistisch-utilitaristisch organisiert sein. Was sagen die Künstlerinnen und Künstler zu solchen Entwicklungen? Sie sind ja das notwendige oder wichtigste Element in dieser Maschinerie.