Die Frau von

Srishti Gupta ist eine erfolgreiche Frau, die bald das Biotech-Unternehmen Idorsia leiten wird. In der Berichterstattung über ihren neuen Job wird sie zum Teil jedoch auf ein Anhängsel ihres Mannes reduziert. Das ist unprofessionell, unnötig und abwertend, kommentiert Chefredaktorin Ina Bullwinkel.

Woko Idorsia-Chefin Frau von
Die Berichterstattung zur neuen Idorsia-Chefin zeigt, dass Frauen und Männer nicht immer als ebenbürtig betrachtet werden. (Bild: Adobe Stock)

Stell dir vor, du bist Ärztin, hast zwei Masterabschlüsse und einen Doktortitel aus Harvard, 18 Jahre Erfahrung in der Unternehmensberatung und wirst die neue CEO eines bekannten Biotech-Unternehmens, aber bist immer noch «die Frau von». So erging es diese Woche Srishti Gupta, die im Juli Chefin bei Idorsia wird. Interessant war – in den Augen einiger Medien – diese Personalie vor allem deshalb, weil Gupta die Ehefrau des Novartis-Chefs Vas Narasimhan ist.

CH-Media titelte: «Kriselnde Baselbieter Pharmafirma: Jetzt soll es die Frau des Novartis-Chefs richten». Im Artikel erfahren die Leser*innen sogar, unter welchen Umständen die Geschäftsfrau ihren Mann kennenlernte und wo er ihr später den Heiratsantrag machte. Die NZZ schrieb im Titel vom «Power-Paar in Basel: Die Frau des Novartis-Chefs übernimmt die Geschäftsleitung der Biotechfirma Idorsia». Der erste Satz ist Vas Narasimhan gewidmet, im zehnten Absatz des Artikels erfahren die Leser*innen dann doch noch etwas über Guptas beruflichen Hintergrund.

Die Frau, mit eigenem Lebenslauf, eigener Qualifikation, eigener Daseinsberechtigung wird reduziert auf den Status des Mannes.

Wenn die Beziehung bereits in der Überschrift zum Thema gemacht wird, geraten die anderen, relevanten Aspekte dieser Personalie in den Hintergrund. Zum Beispiel, wie es um das Unternehmen bestellt ist (schlecht), die wievielte Position als Geschäftsleiterin es für Gupta ist (die erste), ob es einen Interessenkonflikt gibt, sollten Novartis und Idorsia Geschäfte machen (unter bestimmten Umständen). 

Was jedoch auch passiert, wenn noch vor dem eigenen Namen derjenige des Ehemanns fällt: Die Frau, mit eigenem Lebenslauf, eigener Qualifikation, eigener Daseinsberechtigung wird reduziert auf den Status des Mannes. Es suggeriert, dass sie sich ihren Namen erst noch verdienen muss: Momentan ist sie noch Anhängsel des erfolgreichen Gatten. Es schwingt mit, dass Gupta den Job vielleicht auch wegen des Ansehens ihres Mannes bekommen hat und nicht, weil sie die entsprechende Erfahrung mitbringt. Das ist sexistisch. Dass Gupta «aus dem Schatten ihres Mannes» tritt, wie es bei CH Media in der Bildlegende heisst, darf infrage gestellt werden. Wer einen Blick auf ihr LinkedIn-Profil wirft, hat keinen Zweifel an ihrem beruflichen Erfolg. Sie ist eine Frau, die Karriere gemacht hat. Mit oder ohne Mann.

Es ist Srishti Gupta, die das Unternehmen aus der Krise führen soll. Ob ihr das gelingt, ist das, was die Medien im Blick behalten sollten, nicht ihr Privatleben.

Stellen wir uns den Fall einmal umgekehrt vor: Der Mann einer fiktiven Roche-Chefin hätte einen ähnlichen Posten bekommen. Hätte im Artikel über ihn auch gestanden, wo er seine Frau kennengelernt und wie sie ihm den Antrag gemacht hat? Und dass er Gas geben muss, um auf ihr Gehalt zu kommen? Vermutlich nicht.

Wie es besser geht, zeigt die Zeitung Finanz und Wirtschaft, die wohltuend inhaltsbezogen titelt: «Was Srishti Gupta mit Idorsia vorhat». Im Artikel wird der Ehemann und dessen Position bei Novartis kurz erwähnt, ansonsten geht es um Idorsia und die neue Chefin. Schliesslich ist es Srishti Gupta, die das Unternehmen aus der Krise führen soll. Ob ihr das gelingt, ist das, was die Medien im Blick behalten sollten, nicht ihr Privatleben.

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Kommentare

Terry
13. Juni 2025 um 06:24

Srishti Gupta

You made my day! Vielen Dank für diesen Artikel. Es gibt noch viel zu tun. Terry Olivia