Die GPK als ideales Wahlkampfinstrument
Im Fall des historischen Museums werden heikle interne Informationen geleaked, die auf Regierungsrätin Elisabeth Ackermann abzielen. Dreh- und Angelpunkt ist die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats. Was soll das? Eine Analyse.
Es ist Wahlkampf. Und es war von Anfang an klar, wie die Bürgerlichen versuchen würden, die rot-grüne Mehrheit in der Regierung anzugreifen: Indem sie auf das schwächste Glied losgehen. Jede*r in Basel weiss, wer das ist: Die Grüne Elisabeth Ackermann. Erstens hat sie mit dem Präsidialdepartement das umstrittenste Departement mit den kleinsten Einflussmöglichkeiten. Zweitens hat sie eine grosse Schwäche: Öffentlich reden kann sie nicht.
Letzteres wurde in den letzten Wochen wieder einmal deutlich. Allerdings war Ackermann gleich doppelt in der Defensive: Nicht nur hat sie sich rhetorisch schlecht gemetzget. Sie hatte auch nichts zu sagen: Weil sie nicht durfte, von Gesetzes wegen.
Mit der Affäre um das Historische Museum haben die Bürgerlichen Ackermanns Angriffsflächen auf dem Silbertablett serviert bekommen. Der GPK-Sonderbericht über die Rolle der Regierungsrätin im Konflikt mit dem gekündigten Direktor, Marc Fehlmann, hätte für die Angreifer*innen nicht günstiger kommen können: am 20. August. Just vor der heissen Phase des Wahlkampfs.
Der Bericht enthält happige Vorwürfe an Elisabeth Ackermann.
Sie habe die Öffentlichkeit irregeführt und verschwiegen, dass der Vertrag mit dem umstrittenen Direktor Marc Fehlmann befristet sei.
Sie habe das Museumsgesetz gebrochen, weil sie zu sehr in die Selbstständigkeit des Museums eingegriffen habe.
Was sagte Ackermann dazu?
Sie habe «formaljuristisch» geantwortet, schrieb die «bz» und zitierte: «Zu Einzelheiten der betreffenden personalrechtlichen Angelegenheit» könne sie keine Auskunft geben. Gegenüber Bajour sagt sie: «Es gibt ein Amtsgeheimnis und es gibt Abmachungen unter den Parteien, wann und wie kommuniziert werden soll. Wenn man sich daran hält, ist das keine Irreführung.» Die Regierungsrätin und der Museumsdirektor hatten sich geeignet, den Konflikt im Museum bei einer Mediation zu lösen und im Fall einer Einigung eine weitere Zusammenarbeit in Erwägung zu ziehen, so Ackermann. Darüber habe sie nicht reden können.
Es ist möglich, dass sie die Wahrheit sagt. Denn: Regierungsrät*innen dürfen die Öffentlichkeit nicht «einfach» über Konflikte mit Mitarbeiter*innen informieren. Das bestätigt Beat Rudin, Datenschutzbeauftragter des Kantons Basel-Stadt. Er sagt: «Regierungsrät*innen müssen gemäss Personalgesetz die Persönlichkeit der Mitarbeitenden schützen.» Ausnahme: Wenn der Betroffene einwilligt, über Personalrechtliches Auskunft zu geben. Das hat Marc Fehlmann in Bezug auf die GPK getan, er hat eingewilligt, dass das Präsidialdepartement der Kommission seine Personalakte übergibt.
Aber: Laut Medienberichten gibt es nicht nur einen Konflikt zwischen Elisabeth Ackermann und Marc Fehlmann, es sind wohl weitere Mitarbeitende des Historischen Museums und des Präsidialdepartements involviert. Dann ist es für Ackermann wiederum problematisch, den Medien Auskunft zu geben – denn diese haben ebenfalls ein Anrecht auf Persönlichkeitsschutz. Oder wie der Datenschutzbeauftragte Beat Rudin sagt: «Sobald Dritte involviert sind, gilt wiederum die Schweigepflicht – ausser diese Dritten haben auch alle eingewilligt.»
In diesen Konflikt kommt die Grüne immer wieder. Der Grund: Immer wieder gelangen brisante, interne Informationen an die Öffentlichkeit. Informationen, die nur wenige Leute im Museum und des Präsidialdepartements kennen. Und die Mitglieder der GPK. Diese stehen zwar unter Schweigepflicht. Aber jetzt steht der Verdacht im Raum, dass einzelne Kommissionsmitglieder Infos geleaked haben könnten, wie das «SRF» aufdeckte. Die Basler Staatsanwaltschaft bestätigte dem «SRF»-Journalist, dass sie am 12. August erste Untersuchungen eingeleitet habe. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Hat jemand aus der GPK Infos verraten?
Jüngstes Beispiel für einen Leak: Am Donnerstag schrieb die «BaZ», «drei weitere Angestellte des Historischen Museums (HMB) haben ihre Klagen bei der Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats (GPK) deponiert und die Kommission mit Vorgängen konfrontiert, die unter anderem auch Vorwürfe wegen angeblicher sexueller Belästigung im Museum thematisieren».
Christian von Wartburg ist Präsident der Geschäftsprüfungskommission. Er wurde gegenüber «SRF» sehr deutlich: «Es wäre das Hinterletzte, wenn diese Indiskretionen tatsächlich aus den Reihen der GPK kommen sollten.» Die Kommission drohe, «instrumentalisiert» zu werden.
Denn: Ackermanns Gegner*innen kommen die internen Infos im Wahlkampf gerade recht. Sie zielen direkt auf die Regierungsrätin und unterstellen ihr, einen Belästiger zu schützen. So schreibt die «BaZ», Ackermann habe entschieden, Fehlmann zu feuern – ausgerechnet Fehlmann, der die Vorwürfe von «sexueller Belästigung» (...) zur Sprache gebracht und die Entlassung des mutmasslichen Belästigers gefordert hatte.
«Der GPK-Bericht ist einseitig. Man hätte die Rolle des Museumsdirektors und seines Teams ebenso beleuchten müssen».Danielle Kaufmann, SP-Grossrätin
Leck oder nicht: Die Regierungsrätin hat wenig Möglichkeiten, sich zu wehren. Denn Ackermann darf sich als Vorgesetzte gegenüber der Öffentlichkeit ohne die Einwilligung aller Betroffenen höchstens anonym äussern, sagt Beat Rudin. Das ist allerdings schwierig bei so einem kleinen Team – die Gefahr ist gross, dass Leute aus dem Umfeld des Historischen Museums erraten, bei wem es sich bei mutmasslichem Täter und Opfer handelt. Personendaten in nicht-anonymisierter Form dürfen nur bekanntgegeben werden, wenn eine überwiegendes öffentliches Interesse an diesen Daten besteht.
Gerade weil Ackermann aber ohne Einwilligung der Betroffenen zu den Vorwürfen nichts sagen kann, entsteht der Eindruck, es handle sich bei der Kritik an Ackermann um in Stein gemeisselte Wahrheiten. Bürgerliche fordern, dass Ackermann das Museums-Dossier entzogen wird. SVP-Politiker Pascal Messerli setzt denn auch auf Twitter das Ergebnis des GPK-Berichts mit «Fakten» gleich.
Ist ein GPK-Bericht mit einem Gerichtsurteil gleichzusetzen?
«Nein», findet SP-Grossrätin Danielle Kaufmann. Es werde jetzt so dargestellt, als ob die GPK allein die Wahrheit gepachtet habe. «Mich hat schon erstaunt, dass die Kommission nur einseitig auf die Rolle von Ackermann schaute.»
Die eine Sicht ist kein Versehen, sondern Auftrag. Tatsächlich schreibt die Kommission am Anfang des Berichts: «Die GPK konzentriert sich als Oberaufsichtskommission auf die Rolle des Präsidialdepartementes und der Abteilung Kultur, nicht hingegen auf interne Vorgänge und Strukturen im Historischen Museum.»
Laut Kaufmann ist das zu einseitig. Man hätte die Rolle des Museumsdirektors und seines Teams ebenso beleuchten müssen: «Es gibt so viele Fragen, die niemand stellt. Nicht einmal die GPK». Zum Beispiel: «Welche Rolle spielte der Museumsdirektor in der ganzen Affäre? Welche Fehler hat er gemacht?» Denn: «Es braucht immer zwei zum Streiten.» Im Moment werde es dargestellt, als habe nur eine Fehler gemacht: Ackermann. «Das war bestimmt nicht so.» Und auch Ackermann selbst sagt: «Der Bericht hält fest, die Konfliktklärung (zwischen ihr und Fehlmann, die Redaktion) sei eine Alibi-Übung. Damit werden mir die ernsthaften Absichten zu diesem von mir iniitierten Prozess abgesprochen. Das empfinde ich als ausgesprochen unausgewogen.»
Kaufmann will das Narrativ ändern
Dass Danielle Kaufmann sich kritisch gegenüber der GPK äussert, ist kein Zufall. Die SP und die Grünen spannen bei den Wahlen zusammen, Kaufmann will die rotgrüne Mehrheit verteidigen oder wie sie es formuliert: «Ich stehe hinter Elisabeth Ackermann.»
GPK-Präsident Christian von Wartburg wollte sich noch nicht zur Kritik am Bericht äussern. Die GPK werde bei der Behandlung im Grossen Rat Stellung nehmen.
*** Die Originalfassung wurde mit der Stellungnahme von Elisabeth Ackermann ergänzt.***