«Die Romantisierung der Ehe ist vielleicht der Anfang ihres Endes»

Münsterpfarrerin Caroline Schröder Field hielt in ihrer Sonntags-Predigt ein Plädoyer für die «Ehe für alle». Bajour darf die Rede hier publizieren.

Rosen und Pfarrerin 2
Münsterpfarrerin Caroline Schröder Field. (Bild: Beatriz Pérez Moya via Unsplash/ Illu: Bajour)

Bisher hat sie sich mit ihrer Meinung zur Abstimmung über die «Ehe für Alle» zurück gehalten. Bis Bajour kam und die Basler Münsterpfarrerin Caroline Schröder Field um Rede und Antwort bat. Die Interviewanfrage von Bajour bewegte Schröder Field dazu, öffentlich Stellung zu beziehen. Auch vor ihrer Kirchengemeinde.

Am 5. September hielt sie darum eine Predigt, in der sie sich für die «Ehe für Alle» aussprach. Sie wolle ihre Gemeinde auf diesem Weg für das Thema sensibilisieren. 

«Wenn die Abstimmung so verläuft, dass die «Ehe für alle» zivilrechtlich verankert wird, dann ist der Ball bei den Kirchen. Und ich hoffe, dass sie sich dann von ihrer menschenfreundlichen Seite zeigen wird», sagt Schröder-Field. 

Bajour darf die Predigt hier publizieren. Dankeschön.

Predigt zu 1. Thessalonicher 5,14-24

14. Sonntag nach Trinitatis, 5. September 2021, von Pfarrerin Caroline Schröder Field, Basler Münster

«Brüder und Schwestern, wir bitten euch: Weist diejenigen zurecht, die kein geregeltes Leben führen. Ermutigt die Ängstlichen, kümmert euch um die Schwachen, und habt Geduld mit allen. Achtet darauf, dass niemand Böses mit Bösem vergilt. Bemüht euch vielmehr stets, einander und allen anderen nur Gutes zu tun. Freut euch immerzu! Betet unablässig! Dankt Gott für alles! Denn das ist Gottes Wille, und das hat er durch Christus Jesus für euch möglich gemacht. Unterdrückt nicht das Wirken des Heiligen Geistes. Missachtet die prophetische Rede nicht. Prüft aber alles und behaltet das Gute. Haltet euch vom Bösen fern – wie auch immer es aussieht. Gott, der Frieden schenkt, mache euch ganz und gar zu Heiligen. Er bewahre euch unversehrt an Geist, Seele und Körper. Denn es soll an euch nichts auszusetzen sein, wenn unser Herr Jesus Christus wiederkommt. Gott, der euch beruft, ist treu: Er wird das alles tun.»

Wir sind in diesen Tagen aufgefordert, uns mit der «Ehe für alle» auseinanderzusetzen. Am 26. September wird darüber abgestimmt, ob gleichgeschlechtliche Paare mit denselben Rechten ausgestattet werden sollen wie die klassische Ehe von Mann und Frau. Es ist eine zivilrechtliche Frage, aber eine, die die Kirche in besonderer Weise betrifft. Denn die Eheschliessung auf dem Standesamt ist die Voraussetzung für die kirchliche Trauung. Und die kirchliche Trauung ist ein Gottesdienst, der für viele Paare immer noch sehr wichtig ist.

Keine Frage, wenn die «Ehe für alle» Gesetz wird, dann können wir den Wunsch von gleichgeschlechtlichen Menschen, in der Kirche zu heiraten, nicht mehr ignorieren. Lassen wir es zu? Im Rahmen eines öffentlichen Gottesdienstes? Ganz selbstbewusst und in der Freiheit des Geistes? Oder schrecken wir davor zurück, weil wir uns eine eheliche Gemeinschaft von zwei Männern oder von zwei Frauen nicht als von Gott gesegnete Gemeinschaft vorstellen mögen?

Prüfet alles, und das Gute behaltet! Mit dieser Aufforderung ruft der Apostel Paulus die junge christliche Gemeinde in Thessaloniki auf, ihre Vernunft zu gebrauchen, die Dinge unvoreingenommen zu prüfen und das Gute zu behalten.

Kritisches, selbständiges Urteilen ist gefragt. Bewahren nicht einfach nur, um zu bewahren. Sondern bewahren, weil sich in dem, was da geprüft werden soll, Gutes findet, das es wert ist, bewahrt zu werden. Bewahren, weil sich etwas bewährt hat.

«Es ist ein grosses Versprechen, das sich zwei Menschen geben, das schon bald auf dem Prüfstand des Alltags stehen wird. Darum sollen die Beiden nicht einfach ‹Ja› sagen, sondern ‹Ja, mit Gottes Hilfe›.»

Wenn wir uns die Trauung ansehen, so, wie wir sie in der Kirche praktizieren – was ist so gut an ihr, dass wir sie bewahren wollen? Dass wir daran festhalten, Menschen einen besonderen, persönlichen Segen zuzusprechen? Dass wir ihnen die Gelegenheit geben, vor Gott und den Menschen Ja zueinander zu sagen? Was ist so gut daran, wenn realistisch gesehen bald zwei von fünf Ehen wieder geschieden werden, nach drei, nach fünf, nach fünfzehn Jahren?

Es ist ein grosses Versprechen, das sich zwei Menschen geben, eines, das dem gegenwärtigen Zustand ihres Verliebtseins entsprechen mag, das aber schon bald auf dem Prüfstand des Alltags stehen wird und schlimmstenfalls in der Ehemüdigkeit landet. Darum sollen die Beiden nicht einfach «Ja» sagen, sondern «Ja, mit Gottes Hilfe». Die Ehe ist anfällig für Störungen, es liegt keine Garantie auf ihr, dass sie ein Leben lang hält. Der gute Wille der Liebenden allein schafft es nicht. Das Eheversprechen im Rahmen eines Gottesdienstes darf sich aber auf Gottes Hilfe berufen, so, wie Eltern, die ihre Kinder zur Taufe bringen, ebenfalls auf Gottes Hilfe zählen, wenn sie versprechen, ihr Kind christlich zu erziehen.

Wenn wir Menschen etwas versprechen, dann kann es sein, dass wir es zwar hier und jetzt so meinen, aber im Laufe der Zeit nachlässig werden, vergesslich. Dann ist es gut, sich in Gottes Treue zu bergen. Denn wie schreibt der Apostel Paulus im 1. Thessalonicherbrief nach einer Reihe von Imperativen: «Gott, der euch beruft, ist treu. Er wird das alles tun.»

In der kirchlichen Trauung geben wir der Absichtserklärung zweier Liebender den Rückenwind von Gottes Verheissung und den Rückhalt einer gemeinschaftlichen Segensfeier. Die Trauung ist Wegzehrung für eine Ehe, deren Verbindlichkeit gute und schlechte Tage überdauern soll. Und diese Verbindlichkeit erstreckt sich auf die kommende Generation: Sie ist offen für die Kinder, die der Liebe geschenkt werden.

«Auch das zähle ich zu dem Guten, das ich behalten möchte: Dass die Liebenden sich in der Verantwortung sehen füreinander, nicht nur dann, wenn alles rund läuft, sondern auch dann noch, wenn die grossen Herausforderungen kommen.»

Prüfet alles, und das Gute behaltet? Das ist auf jeden Fall etwas, was ich behalten möchte: Die Trauung als eine Absichtserklärung, die in persönlicher Freiheit entstanden und ernst gemeint ist. Eine Absichtserklärung, die sich ihrer nicht schämen muss und darum vor Gott und den Menschen ausgesprochen werden kann. Eine Absichtserklärung, die «mit Gottes Hilfe» ausgesprochen wird und die Zukunft in ihrer ganzen Unberechenbarkeit Gott anheimstellt.

Auch das zähle ich zu dem Guten, das ich behalten möchte: Dass die Liebenden am Tag der Trauung keine Scheuklappen tragen, wenn es um die Höhen und Tiefen ihres bevorstehenden Weges geht. Dass sie sich in der Verantwortung sehen füreinander, nicht nur dann, wenn alles rund läuft, sondern auch dann noch, wenn die grossen Herausforderungen kommen.

Familienzuwachs kann eine solche Herausforderung sein. Kinder stehen auch immer zwischen den Eltern, schaffen manchmal einen Abstand. Aber auch die Routine, die Gewöhnung, das Alter sind Herausforderungen, an denen man scheitern kann. Und dass man eben doch nie ganz miteinander verschmilzt, sondern in manchem auch alleine bleibt oder sich aneinander stösst oder, was vielleicht noch schlimmer ist, wenn man anfängt, sich miteinander zu langweilen.

«Die Romantisierung der Ehe ist die Wurzel ihrer Überforderung und damit vielleicht sogar der Anfang von ihrem Ende. Auch dagegen kann die kirchliche Trauung einen Akzent setzen.»

Die Liebe ist ein wichtiger Aspekt im christlichen Eheverständnis. Nicht zufällig wird als Trautext gerne 1. Korinther 13, der Lobgesang auf die Liebe, zitiert. «Die Liebe ist langmütig und freundlich …» usw. Aber um sie nicht zu überanstrengen, gibt es noch andere Aspekte, die vielleicht gerade dann erstarken, wenn die Liebe schwächelt: eben die Verantwortung füreinander, das Leben als eine gemeinsame Aufgabe, die wirtschaftliche Versorgung der Familie. Die Romantisierung der Ehe ist die Wurzel ihrer Überforderung und damit vielleicht sogar der Anfang von ihrem Ende. Auch dagegen kann die kirchliche Trauung einen Akzent setzen. Denn die kirchliche Trauung glorifiziert die Ehe nicht. Kann sie meiner Ansicht nach auch überhaupt nicht. Nicht, wenn sie die Bibel ins Spiel bringt.

Die wenigsten biblischen Texte, die bei einer Trauung vorgelesen werden, sprechen ursprünglich zur ehelichen Gemeinschaft. Am ehesten vielleicht noch die Lesung aus der Paradiesgeschichte (1. Mose 2,4b-3,24), wo Gott feststellt: «Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei», und dann macht er aus der Rippe des Mannes die Frau und der Mann freut sich und erkennt sich in ihr wieder, erkennt sie an als seinesgleichen. Doch dieser partnerschaftliche Blick auf die Frau, dieses Glück auf Augenhöhe hält nicht lange an. Das erste Menschenpaar muss das Paradies verlassen, und ihr weiteres gemeinsames Leben steht unter klaren Ansagen: Die Frau wird vom Mann beherrscht, bringt unter Schmerzen Kinder zur Welt, und der Mann übernimmt in ständiger Überforderung und unter dem Eindruck der Sinnlosigkeit die Rolle des Ernährers.

Die Paradiesgeschichte versetzt uns gerade nicht zurück ins Paradies, jedenfalls nicht, wenn man sie bis zu ihrem Ende liest. Die Paradiesgeschichte gipfelt nicht in der trauten Zweisamkeit von Adam und Eva. Sie beraubt uns vielmehr der Illusionen, die man sich – romantisch verblendet – von der Gemeinschaft zwischen Mann und Frau machen könnte. Es wird weh tun. Sagt sie. Es wird wehtun, sich nach dem Partner zu sehnen und von ihm nicht gleichwertig behandelt zu werden. Es wird wehtun, Kinder zu gebären und sie an Gewalt, Krankheit und Tod zu verlieren. Es wird wehtun, der Erde durch Arbeit den Lebensunterhalt abzuringen.

Gewiss, es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei, aber das Leben zu zweit führt die Menschen auch nicht ins Paradies zurück. Sagt die Bibel! Wir leben, biblisch gedacht, alle nach dem Sündenfall. Und darum ist die Ehe zwischen Mann und Frau nicht einfach «Schöpfungsordnung», wie es in der kirchlichen Tradition immer wieder behauptet wurde. Sie ist vielmehr Spiegel patriarchaler Verhältnisse und war sehr lange Zeit deren wichtigste Stütze.

«Die Ehe ist nicht das letzte Stück heiler Welt, aber das Glück, von dem sie einen Vorgeschmack verspricht und zwar viel mehr, als das eine ‹eingetragene Partnerschaft› tun kann, dieses Glück ist keines, von dem wir Menschen ausschliessen dürfen.»

Wenn Menschen dennoch heute noch heiraten, dann, weil sie im Zerrbild real existierender Ehen immer noch ein Stück Paradies wiedererkennen, nämlich das Glück, nicht mehr allein zu sein. Das Glück, einer durch den anderen vollständiger zu werden.

Von diesem Glück träumen Menschen, sobald sie ihr Jugendalter erreicht haben und ganz gleich, wie ihre sexuelle Identität oder Orientierung aussehen mögen. Und nun frage ich Sie: Sollten nicht alle ein Anrecht darauf haben, das Glück maximaler Gemeinschaft zu ersehnen und, wenn möglich, es in ihr Leben zu lassen?

Wir leben alle nicht mehr im Paradies, und für uns alle ist das Eheversprechen ein viel zu grosses Wort, als dass es ohne Gottes Hilfe und Segen ausgesprochen werden könnte. Wir alle können unter den Bedingungen einer beschädigten Schöpfung unser Alleinsein nur partiell überwinden, mit wem auch immer. Zerbrechlich ist das Glück der Ehe, es gibt keinen Grund, sie zu glorifizieren. Es gibt aber auch keinen Grund, sie den Menschen vorzuenthalten, die sie begehren und unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht leben können.

Die Ehe ist nicht das letzte Stück heiler Welt, aber das Glück, von dem sie einen Vorgeschmack verspricht und zwar viel mehr, als das eine «eingetragene Partnerschaft» tun kann, dieses Glück ist keines, von dem wir Menschen ausschliessen dürfen. «Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei», gilt für alle, für alle, die dem Alleinsein nicht gewachsen sind. Und wer ist dem Alleinsein schon gewachsen?

«Zwei gleichgeschlechtliche Eltern sind für ihre Kinder keine grössere Gefahr als das klassische Elternpaar. Den Ausschlag dafür, dass sich ein Kind gut entwickeln wird, gibt wohl viel mehr die Qualität der Beziehung.»

Noch etwas: Biblisch gesehen spricht einiges dafür, die Ehe als eine Institution der Schadensbegrenzung zu sehen, eben weil wir sie ja erst «nach Eden» kennen. Mit ihren klaren Rollenzuweisungen folgt sie dem Rauswurf aus dem Paradies.

Das Verhältnis zwischen den Geschlechtern ist bereits gestört. Der Schaden ist bereits entstanden. Es hat sich bereits geschieden und gegeneinander erhoben, was Gott als Einheit gedacht und geschaffen hatte.

Die Ehe unter den Bedingungen menschlicher Geschichte, d.h.: wir alle sind darauf angewiesen, dass der Schaden begrenzt wird, den wir uns selbst, einander und unseren Kindern antun, einfach dadurch, dass wir so sind, wie wir sind: eingebunden in die Kette der Generationen, mitgehangen in der Schuld von gestern.

Keiner von uns ist direkt aus dem Paradies ins Leben katapultiert worden. Wir alle tragen in uns die Spuren vergangener Verletzungen. Und so gibt es vielleicht Menschen, die aufgrund ihrer Geschichte besser oder schlechter geeignet sind für Ehe und Familie. Die Kombination der Geschlechter jedoch ist dafür nicht entscheidend.

Zwei gleichgeschlechtliche Eltern sind für ihre Kinder keine grössere Gefahr als das klassische Elternpaar. Den Ausschlag dafür, dass sich ein Kind gut entwickeln wird, gibt wohl viel mehr die Qualität der Beziehung. Und zudem sollte kein Paar mit der Erziehung allein gelassen werden. «Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen», heisst es in einem afrikanischen Sprichwort.

Ich möchte das gerne so deuten: «Es braucht eine ganze Gemeinde, um ein Kind zu erziehen.» Darum sind wir als Gemeinde ja auch da, wenn Eltern ihre Kinder zur Taufe bringen. Denn auch wenn wir ganz klassisch Väter und Mütter sind, so leben wir täglich von der Vergebung und über die Jahre von Gottes Treue, die uns durch gute und durch schwere Zeiten trägt. Und wo sollten wir uns der Vergebung vergewissern, wo sollten wir von Gottes Treue hören, wenn nicht unter anderen Menschen, die mit uns Gemeinde bilden? Die unseren Kindern als Patinnen und Paten zur Seite stehen? Eben: Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen.

«Homosexualität kann nicht weggebetet werden, und der Mensch, der sich so outet, ist Gottes Geschöpf genauso wie die, die nie ein Outing nötig hatten.»

Der Theologe, mit dem ich verheiratet bin und zwei Söhne gross gezogen habe, schrieb einmal in einer Reflexion seiner frühen Erwachsenenjahre folgendes:

«Wenn das Evangelium wahr ist, wird es eine gute Nachricht für Schwule und Lesben sein. Wenn es keine gute Nachricht für sie ist, kann es nicht wahr sein.»

Hinter diesem steilen Satz steht eine sehr persönliche Geschichte der Solidarität. Ich erzähle Ihnen die Details nicht. Nur so viel: Sie handelt von der Unabwendbarkeit der Liebe. Von einer Liebe, die tief in die Konventionen einer homophoben Gesellschaft ihren eigenen Weg hineingräbt und zugleich am Fundament des eigenen Glaubens rüttelt. «Gott, wo bist du? Bist du noch da?»

Homosexualität kann nicht weggebetet werden, und der Mensch, der sich so outet, ist Gottes Geschöpf genauso wie die, die nie ein Outing nötig hatten.

Im erotischsten Buch der Bibel kommt die Unabwendbarkeit der Liebe so zum Ausdruck:

«Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totenreich. Ihre Glut ist feurig und eine Flamme des HERRN, so dass auch viele Wasser die Liebe nicht auslöschen und Ströme sie nicht ertränken.»

Diese Worte stehen weit abseits vom biblischen Eherecht und haben viel eher etwas mit «wilder Ehe» zu tun als mit einer bereits formalisierten Verbindung. Eine Flamme des HERRN ist die Liebe, und auch hier höre ich nichts von Glorifizierung. Sie scheint mir vielmehr bedrohlich, diese Flamme des HERRN, die weder durch Wasser gelöscht noch durch Ströme ertränkt werden kann. Bedrohlich, weil unabwendbar, so wie sexuelle Orientierung auch als bedrohlich und unabwendbar erfahren wird, bevor man sich zu ihr bekennt. Bedrohlich und unabwendbar, aber eben nicht eine Flamme der Hölle, sondern eine Flamme des HERRN!

Die Flamme des HERRN und die Ehe, sie stehen nicht nur in der Bibel, sondern auch in unserer Gesellschaft und manchmal im eigenen Leben unverbunden nebeneinander. Und so ist die Ehe viel mehr noch als Liebe. Und so gibt es Liebe auch ausserhalb der Ehe. Das Eherecht dagegen erweist sich mitunter als hartherzig. Jesus selbst hat dies den Pharisäern einmal unter die Nase gerieben. Die Erlaubnis, sich von seiner Frau scheiden zu lassen, sei eine Konzession an männliche Hartherzigkeit, sagt er (Markus 10,5). Während nun kein Wasser die Flamme des HERRN auslöschen kann, so kann doch Hartherzigkeit die Liebe ersticken, und der furchtsame Geist der Knechtschaft kann den kindlichen Geist der Freiheit dämpfen.

«Die klassische Ehe ist nicht gefährdet, wenn sich die Ehe für alle öffnet. Warum sollte sie auch?»

Prüfet alles, und das Gute behaltet!

Prüft also.

Behaltet das Gute!

Die klassische Ehe ist nicht gefährdet, wenn sich die Ehe für alle öffnet. Warum sollte sie auch? Im letzten Jahr wurde in der Schweiz 35'160 mal geheiratet, aber nur 651 mal wurde eine eingetragene Partnerschaft eingegangen. Was also muss hier geschützt werden?

Ich glaube, es wird Zeit, dem heutigen Recht ein Stück Hartherzigkeit zu nehmen und für alle Menschen, die es wünschen, den Segen bereit zu halten, den wir berufen sind weiterzugeben.

Zwei Kinder wurden getauft. Geboren in zwei klassischen Familien.

Damit ist auch in Zukunft noch zu rechnen. Gott sei Dank! Aber von Zeit zu Zeit könnten künftig auch Paare ihre Kinder zur Taufe bringen, die wir nicht mehr als die klassischen Eltern erkennen. Ich hoffe von Herzen, dass wir sie willkommen heissen. Dass wir für sie gute Nachricht sind.

Gegner*innen aus religiösen Kreisen

Die Delegierten der Evangelischen Kirche der Schweiz haben sich mehrheitlich für die «Ehe für Alle» ausgesprochen. Trotzdem gibt es aus religiösen Kreisen auch Widerstand. Die Münsterpfarrerin plädiert dafür, diese ihr entgegengesetzte Sichtweise ebenfalls zu respektieren: «Wenn eine Pfarrperson oder eine Gemeinde eine solche Trauung nicht mit ihrem Gewissen verantworten kann, soll sie nicht dazu gezwungen werden. Die Gewissensfreiheit ist auch für mich ein hohes Gut», sagt sie. 

Abstimmungs-Gegner*innen aus religiösen Kreisen argumentieren, dass die Bibel die Eheschliessung nur zwischen Mann und Frau festhält, nicht aber zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren. Besonders emotional aufgeladen ist die Debatte um das Kindswohl.

Die Gegner*innen halten am klassischen Elternmodell fest, dass aus einer Mutter und einem Vater bestehe. Einem Kind werde geschadet, wenn es bei gleichgeschlechtlichen Eltern aufwachse.

Schöpfer des Himmels und der Erde,

Vater Jesu Christi,

Hüterin unseres Lebens,

einen Geist der Freiheit hast du uns gegeben,

nicht der Knechtschaft,

nicht der Furcht.

So treten wir auch ohne Furcht vor dich, wenn wir beten.

Für die Schöpfung, dass sie sich erholen kann von den Strapazen, denen sie ausgesetzt ist durch die Lebensgier von uns Menschen.

Für die Völker dieser Erde, die den Frieden ersehnen und den Krieg machen.

Für die Regierungen, die Verantwortung geloben und nicht immer gut beraten sind.

Für die Generationen, die miteinander verbunden sind und oft gegeneinander streiten.

Für die Familien, die ein Hort der Geborgenheit und ein Ort der Gewalt sein können.

Für die Kirche, die sich auf dich beruft und immer wieder darum ringt, dich glaubhaft zu bezeugen.

Für die psychisch Belasteten, die den Mut haben, sich therapeutisch begleiten zu lassen.

Für die Kinder, die der Welt mit offenen Augen und Ohren begegnen und verletzlich und stark zugleich sind.

Für die Jugendlichen, die einen Lebensstil entwickeln möchten, der möglichst wenig Schaden anrichtet.

Für Kranke, die auf Heilung hoffen.

Für Einsame, die die Gemeinschaft zugleich scheuen und ersehnen.

Für die Sterbenden, die ihr Leben auf dich hin loslassen.

Für die Trauernden, die ihre Angehörigen im Herzen tragen.

Für die Liebenden, die ihre Gemeinschaft unter deinen Segen stellen möchten.

Gott, du hast uns einen Geist der Freiheit gegeben und nicht der Furcht. Dass dieser Geist uns durch das Leben trage, darum bitten wird dich durch Jesus Christus, deinen Sohn, der unser Herr und Bruder ist.

Amen

ehe_fuer_alle
Warum heiraten die alle bloss?

Hat die Institution Ehe nicht langsam ausgedient, in Zeiten von Polyamorie und Scheidungsquoten von circa 40 Prozent? Nein, finden sowohl die Genderforscherin wie auch die Pfarrerin.

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