Teil 2 - Thomas: «Ich war schon immer zäh»

Armutsbetroffene erzählen, wie sie die Corona-Krise bewältigen. So auch Thomas, 47.

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Thomas lebt allein in einer Genossenschaftswohnung im Gellert. (Bild: Unsplash/Adeolu Eletu)

Thomas, 47, Sicherheitsangestellter:

«Mir fehlt seit der Krise ein Drittel meiner Einnahmen. Seither lebe ich von meinen Reserven, die aber langsam auch dahinschwinden. Ich bin seit vier Jahren bei einer Sicherheitsfirma angestellt und pendle normalerweise nach Zürich, wo ich vor allem für Grossanlässe arbeite. Letztes Wochenende hätte ich für die Arbeit an einem Event 400 Franken verdienen können, aber er fand nicht statt. Eishockeymatches, Openairs, Konzerte – von einem Tag auf den anderen war alles abgesagt.

Schon vorher hatte ich nicht viel Geld, aber es war genug, um meine bescheidenen Kosten zu decken. Seit Corona geht das kaum noch. Zurzeit reicht der Kurzarbeitslohn, den ich von meiner Firma bekomme, gerade mal, um meine Miete zu bezahlen. Für den Rest muss ich schauen. Ich bin froh, gibt’s den Caritas-Markt, wo man günstiger Lebensmittel kaufen kann.

«Meine Ansprüche sind nicht hoch. Ich nehme das Leben so bunt wie es ist.»
Thomas, 47

Ich war schon immer zäh und habe mich nicht so leicht aus der Bahn werfen lassen. Darum möchte ich mich nicht beim Sozialamt melden. Die Behörden würden mich bloss plagen, ich müsste wahrscheinlich aus meiner aktuellen Wohnung ausziehen, weil sie mehr kostet, als die Behörden an die Miete zahlen. Ausserdem würde ich von ihnen nicht mehr Geld erhalten, als ich jetzt schon habe. 

Ich lebe allein in einer Genossenschaftswohnung im Gellert. Es fühlt sich zwar seltsam an, so isoliert zu sein, aber mir geht’s trotzdem ganz gut und ich schaue zuversichtlich in die Zukunft. Ich widme mich in dieser ganzen freien Zeit meinen Hobbys, mache Musik, jongliere und kümmere mich um meine Hasen. Mit noch weniger Geld auszukommen ist schwierig. Aber ich bin trotzdem froh, habe ich mich nie für einen langweiligen Bürojob entschieden. Das wäre einfach nichts für mich, lieber gestalte ich mein Leben so, wie ich das möchte. Meine Ansprüche sind nicht hoch. Ich nehme das Leben so bunt wie es ist.»

*Name von der Redaktion geändert

In einer Serie widmet sich Bajour dem Thema Armut in Basel. Dafür sprechen wir mit verschiedenen Menschen. Im ersten Teil hat Michael erzählt, wie er mit seiner Pension über die Runden kommt und seine verstorbene Frau vermisst. In Teil 4, reden wir mit Melissa, 31, die Mutter von zwei Mädchen und in Ausbildung zur Dentalassistentin ist.

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Liebt an Basel: Die vielen Brücken, Kleinbasel

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