Gemeinsam einsam

Die Basler Grünen künden der BastA! die Partnerschaft auf. Kann das gut gehen? Ja, sagen Linke genauso wie der Politologe Michael Herrmann. Die BastA! hat allerdings keine Freude.

GAB
Zukunft gestern: Kampagnenbild aus den Grossratswahlen 2020. (Bild: Grüne Basel-Stadt)

Es war ein politischer Paukenschlag: Am Dienstagabend entschieden sich die Basler Grünen, bei den Grossratswahlen 2024 mit einer eigenen grünen Liste anzutreten. Sie kündigten damit das Grün-Alternativ-Bündnis faktisch auf, welches zwischen den Basler Grünen, dem jungen grünen Bündnis Nordwest (jgb) und der Linksaussenpartei BastA! bestanden hat - im interkantonalen Vergleich eine einzigartige Konstellation.

Das grüne Vorstandsmitglied Jürg Stöcklin sagt auf Anfrage: «Die Grünen können sich durch diesen Entscheid authentischer positionieren.» Dies sei auch «befreiend», fördere die politische Diversität und schaffe gute Voraussetzungen für die weitere Zusammenarbeit. Die BastA! sieht das anders: Sie hatte sich erst am Montagabend noch für den Fortbestand einer gemeinsamen Liste ausgesprochen. 

Katertag mit zerschlagenen Gläsern

Der Mittwoch präsentierte sich denn auch wie ein Katertag, mit zerschlagenen Gläsern und zahlreichen offenen Fragen. Allen vorweg: Was bedeutet das Zerwürfnis für das jgb? Dieses steht ohne ihre Mutterparteien nun etwas gar planlos in der Landschaft. Am Mittwochmorgen hat die Partei eine Medienmitteilung verschickt, in der sie schreibt, dass nun eine interne Umstrukturierung geplant sei. Wie diese aussehen soll, ist noch offen. Auf Twitter verarbeitet es die Scheidung mit Zynismus: «Kasch mache was du willsch! Mami und Papi hän sich trennt!»

Auf Anfrage sagt Jo Vergeat, jgb-Grossrätin: «Der Entscheid hat viel aufgewirbelt, das jgb steht nun vor grossen Herausforderungen.» Die Jungen hatten sich an der Mitgliederversammlung der Grünen klar gegen eine Aufkündigung des Bündnisses ausgesprochen und fühlen sich sichtlich vor den Kopf gestossen.

Das jgb ist für die Grünen durchaus von Bedeutung, gerade für die Vertreter*innen, die aus der Klimajugend kommen: So hat die Partei bei den letzten Wahlen sehr von der grünen Welle nach den Klimaprotesten profitiert. Und Jo Vergeat hat die Klimakommission präsidiert und ist nun Grossratspräsidentin.

Die Mutterpartei selbst hat inhaltlich in den letzten Jahren wenig erreicht. Co-Präsidentin Raffaela Hanauer nennt auf Twitter die Forderung von flächendeckend Tempo 30, die eben vom Grossen Rat angenommen wurde. Die Klimagerechtigkeitsinitiative Basel 2030, beispielsweise, ist aber ein Resultat eines breiten Bündnisses mit verschiedenen Bewegungen und Parteien inklusive BastA!. 

Und auch strategisch sind die Grünen nicht eben positiv aufgefallen. So verloren sie bekanntlich den Regierungssitz, nachdem die umstrittene Elisabeth Ackermann zurückgetreten und sich BastA!-Frau Heidi Mück zur Wahl gestellt hatte. Für eine grüne Nachfolgerin fehlte das Personal.

Der jetzige Entscheid der Grünen zeugt daher von einer ordentlichen Portion Selbstüberzeugtheit – und einem grossen Machtanspruch. Wie sich vor diesem Hintergrund die Zusammenarbeit innerhalb des Bündnisses (das trotz Aufkündigung der gemeinsamen Liste weiterhin in einer gemeinsamen Fraktion sitzt) künftig gestalten wird, steht noch in den Sternen.

Das jgb zeigt sich konstruktiv: «Wir werden nach Möglichkeit mit beiden Mutterparteien einen neuen gemeinsamen Weg in die Grossratswahlen suchen», heisst es in der Mitteilung. Und die Grüne Co-Präsidentin Hanauer gibt sich zuversichtlich: «Für eine gute Zusammenarbeit braucht es keine gemeinsame Liste.»

«#Sibelbleibt»

Und was passiert nun mit Sibel Arslan? Sie sitzt für die Grünen im Nationalrat, gehört aber der Partei BastA! an, die wiederum Mitglied der Grünen Schweiz ist: «Ich hätte es mir anders gewünscht und am Bewährten gerne festgehalten.» National wird die BastA! aber auch in Zukunft zu den Grünen gehören, ebenso dürfte es auf nationaler Ebene weiterhin eine gemeinsame Liste geben. Arslan sagt: «Ich spüre den Support.» 

Dem stimmt Hanauer zu: Die Wiederwahl von Arslan stehe für die Grünen bei den Nationalratswahlen im Fokus. Sie wollten den Sitz von Arslan verteidigen. «Hier hat sich unser Motto seit den letzten Nationalratswahlen nicht geändert: #Sibelbleibt.»

Auch bei den Regierungsratswahlen, für welche jeweils eigene Bündnisse geschmiedet werden, sei die Ausgangslage für die Grünen klar: «Wir wollen wieder in die Regierung und streben eine rotgrüne Mehrheit in der Exekutive an.» Diese Planungen sähen die Grünen vom Listenentscheid nicht tangiert. Sie glauben vielmehr, mit einer eigenen Liste ihren Beitrag zu eben dieser Mehrheit leisten zu können.

«Der Rechen wird breiter»

Diese Strategie könnte wahlarithmetisch aufgehen, fragt man den Politologen Michael Hermann: Die enge Zusammenarbeit der beiden Parteien sei ohnehin speziell. So gibt es in der Stadt Bern zwar auch mehrere grüne Parteien, diese treten bei Wahlen jedoch mit eigenen Listen an. Ebenso in Zürich, wo die Grünen, SP und Alternative Liste zwar oft gemeinsam stimmten, aber ihre eigenen Profile hätten und institutionell nicht fix verbunden seien. «Durch die Aufkündigung wird der Rechen breiter gemacht, der Wähler*in verschiedene Produkte präsentiert.»

Ausserdem handle es sich bei dem Entscheid nicht um eine knappe Mehrheit, sondern um 41 zu zehn Stimmen bei 5 Enthaltungen. Das Resultat zeige denn auch: «Es gibt keine linke Einheitsmeinung.» 

Hermann kann sich vorstellen, dass die Grünen künftig sogar mehr Wähler*innen anziehen werden, die durch die gemeinsame Liste mit der BastA! abgeschreckt waren. Und dadurch möglicherweise der GLP Konkurrenz machen. Das rot-grüne Bündnis wird seiner Meinung nach aber nicht geschwächt, da die Stimmen durch die Entscheidung, eine eigene grüne Liste zu machen, ja nicht nach rechts abwandern würden. Apropos rechts: Dass die BastA! sich in letzter Zeit immer mal wieder mit der SVP ins Boot gesetzt hat, beispielsweise wurde bei den Freizeitgärten eine solche unheilige Allianz geschmiedet, habe sachpolitisch mehr Konsequenzen als keine gemeinsame Liste, so Hermann.

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