Ist sich die Regierung zu fein für Cats?

Entlang der Musicalbad-Diskussion spannt sich eine alte Konflitklinie auf: Die zwischen Unterhaltungs- und Hochkultur. Das ist Gift für die Kulturpolitik. Ein Kommentar.

Cats
Jellicle songs for Jellicle Cats

Der Basler Musicalbad-Streit wird aktuell inszeniert, als wäre es ein Entweder-Oder zwischen Musical Theater und Hallenbad. Diejenigen, welche den Veranstaltungsort retten wollen, wiederholen ständig, sie seien für beides: Lion King UND Schwimmturniere.

Wer will schon Populärkultur gegen Sport ausspielen?

Dabei entfaltet sich eine ganz andere Konfliktlinie: die zwischen der so genannten ernsten und der Unterhaltungskultur. So sagte etwa Thomas Gander (SP) dem SRF, das Musical Theater habe keine «Ausstrahlung wie etwa das Theater Basel.»

Damit stärkt er der Regierung vordergründig den Rücken. Deren Vertreter Conradin Cramer (LDP) sagte der bz Basel, er bezweifle, dass mit dem Abriss des Musical Theaters eine «grössere kulturelle Lücke» entsteht. Die Zeit der klassischen Musicals, die wochenlang in Basel haltmachten, sei vorbei. «Das funktioniert in grösseren Städten wie London. Aber nicht mehr in Basel», meint Cramer. 

Gift für die Kulturpolitik

Wer den Wert des Musical Theaters so abtut, läuft Gefahr, eine elitäre Kulturdebatte anzuheizen und kommt ausserdem in Erklärungsnöte. Das schadet den etablierten Institutionen wie dem Theater oder dem Sinfonieorchester.

Denn letztere sind staatlich unterstützt, während sich das Musical Theater privatwirtschaftlich finanziert. Tamara Alù vom Freisinn, die das Musical Theater retten will, sagt denn auch auf Telebasel: «Das Musical Theater funktioniert, warum sollte man es abreissen?».

Die genaue Finanzlage des Musical Theaters ist nicht klar. Die Freddy Burger Management war laut BaZ-Bericht überrascht von der Kündigung, die Regierung redet von «Sanierungsbedarf», das Gebäude ist im Eigentum des Kantons. Die konkreten Regierungs-Antworten zu politischen Vorstössen von GLP und EVP stehen noch aus.

Herz Liebe
Ciao miau.

Sicher ist: Gerade jetzt ist der Zeitpunkt für ein Streit zwischen E und U denkbar ungünstig: Die Basler Kulturinstitutionen handeln aktuell mit der Verwaltung die Umsetzung der Trinkgeldinitiative aus. Sie fordert, dass fünf Prozent des Kulturbudgets in Jugend- und Alternativkultur fliesst. Der Erfolg des Begehrens in der Stimmbevölkerung hatte Regierung und Grossen Rat einigermassen kalt erwischt, so dass sie mir nichts dir nichts das Kulturbudget erhöhten, um die Forderung zu erfüllen.

Aber die Debatte ist damit nicht zu Ende, bereits sind die nächsten Begehren in der Pipeline. Die IG Musik fordert mittels Initiative, dass in Zukunft ein Drittel der Musikförderung an freie Künstler*innen statt in Institutionen fliesst. Das ist eine Kampfansage. Etwa an das Sinfonieonieorchester und Konsorten, beziehungsweise von U-Musikern an die etablierten E-Kulturhäuser. Und es ist ein Konflikt, den Regierung und Parlament nicht einfach über eine Budgeterhöhung beruhigen können (oder sollten).

Herr Cramer und Herr Gander sollten sich also gut überlegen, ob sie das Musical Theater gegen Theater Basel und co. ausspielen wollen. Damit bedienen sie einen alten Trigger: Den, dass sich die Hochkultur für die Populärkultur zu fein ist. Das Basler Stimmvolk sieht das offenbar anders.

Basel Briefing

Das wichtigste für den Tag
Jetzt Abonnieren
Jetzt Member Werden

Das könnte dich auch interessieren

Agility of Fear

Noëmi Laux am 26. April 2024

Eine Begegnung mit der Angst

Unseren Ängsten gehen wir in der Regel lieber aus dem Weg. Die Schauspielerin Natascha Moschini stellt sich im Stück «Agility of fear» diesem Gefühl auf ungewöhnliche Weise – unspektakulär und ohne viel Theatralik.

Weiterlesen
Titelbild Zwölftausend Dinge Museum der Kulturen

Ernst Field am 26. April 2024

Unterhose und Schädel

Das Museum der Kulturen eröffnet heute ihre Austellung «Zwölftausend Dinge – Anfänge der Sammlung Europa». Die Kuratorin zeigt uns daraus drei spezielle Objekte.

Weiterlesen
Baschi Gelterkinden

Jan Soder am 24. April 2024

«Wenn mich alle nur cool finden, ist es langweilig»

Baschi plant für sein 20-Jahr-Jubiläum ein Dorffest in Gelterkinden. Im Interview spricht der Musiker über seine Kindheit im Baselbiet, die Liebe zum FCB, Authentizität, seinen Erfolg und den Rücktritt.

Weiterlesen
Moonpools BajourBeat

Jan Soder am 22. April 2024

Moonpools – «Hide and Seek»

Die Basler Band Moonpools verdeutlicht auf der dritten EP ihre Entwicklung der letzten Jahre. Mit lautem Sound, melodramatischen Arrangements und ehrlichen Texten zeigen sie sich gereifter und kommen weg vom Indie.

Weiterlesen

Kommentare