Aadie, Genosse Pfister!
Rot-grüne Mehrheit weg, SP-Präsident weg: Nach vier Jahren tritt Pascal Pfister per 19. April zurück und seine zwei Vizepräsident*innen grad mit ihm. Warum?
Pascal Pfister, warum wollen Sie nicht mehr SP-Präsident sein?
Vier Jahre reichen und es ist auch gut, wenn die Partei neue Inputs von neuen Leuten kriegt.
Gehen Sie auch, weil Sie die rotgrüne Mehrheit in der Regierung verloren haben?
Nein, das ist zwar bitter. Aber es ist mit Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann eine grüne Kandidatin abgewählt worden. Bei der SP dagegen ist der Generationenwechsel geglückt: Wir mussten innerhalb eines Jahres zwei nationale Politikerinnen (Anita Fetz und Silvia Schenker) und drei Regierungsräte (Eva Herzog, Christoph Brutschin und Hans-Peter Wessels) austauschen. Das alles haben wir geschafft. Darauf bin ich stolz.
Wenn Sie alles richtig gemacht haben: Wäre es dann gegenüber Ihrer Partei nicht fairer, wenn Sie noch vier Jahre bleiben und die rot-grüne Mehrheit zurückerobern würden?
Das SP-Präsidium ist zwar ein Fulltime-Job, aber ein ehrenamtlicher. Ich kann das meiner Familie nicht nochmals vier Jahre zumuten. Ausserdem sind ja die Grünen gefordert, um die rot-grüne Mehrheit zurückzuerobern. Sie müssen in den kommenden vier Jahren gute Kandidatinnen aufbauen.
Sie weisen also jede Verantwortung zurück. Aber im Herbst haben Sie die Grünen und ihre Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann noch verteidigt. Ein Fehler?
Ich finde nach wie vor, dass Elisabeth Ackermann unter Wert verkauft wurde. Aber sie hat nicht alle Stimmen des rot-grünen Lagers gemacht. Das habe ich im Nachhinein gesehen unterschätzt.
Kurzbilanz
von Andrea Fopp
Unter dem Strich haben Pascal Pfister und sein Team einen guten Job gemacht. Unter ihrer Führung hat die Partei, in Zusammenarbeit mit den anderen linken Parteien, politische Akzente gesetzt, etwa bei der Wohnpolitik. Die SP hat aber auch Hand zu Kompromissen geboten, etwa beim Steuerdeal.
Vor allem aber hat Pascal Pfister der grössten Partei des Kantons nach den vorherigen Präsident*innen, Martin Lüchinger und Brigitte Hollinger, endlich eine professionelle Kommunikation verpasst. So konnte er auch Krisen und Machtkämpfe, beispielsweise die Aufregung um die nicht zurücktretende, ehemalige Nationalrätin Silvia Schenker, relativ schnell entschärfen.
Dass Rotgrün am Ende von Pfisters Präsidentschaft die Regierungsmehrheit verloren hat, ist bitter. Er gibt die Verantwortung dafür den Grünen und betont stets, der SP sei der Generationenwechsel geglückt. Das stimmt, die Personalpolitik der Grünen ist, im Vergleich zu derjenigen der SP, sehr schwach. Trotzdem hat die Führungsriege der Genoss*innen nun auch die Quittung für ein Machtspielchen bekommen, das bislang aufging: Die SP nahm sich die Kerndepartemente und schob das bedeutungslose Präsidialdepartement den Grünen zu. Mit Beat Jans hat nun aber ein Sozialdemokrat die Verantwortung für das schwierige, aber machtlose Departement übernommen.
Nach Pfister dürfte die SP wohl bemüht sein, eine Frau zur Präsidentin zu wählen.
Sie haben während der Museumsaffäre nicht nur Elisabeth Ackermann verteidigt, sondern auch die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats (GPK) kritisiert. Sie habe Ackermanns Rolle einseitig beleuchtet. Haben Sie die Augen vor Ackermanns Fehlern verschlossen?
Ich habe den Bericht als einseitig wahrgenommen. Dazu stehe ich.
Jetzt mal ehrlich: Haben Sie Ackermann nicht nur verteidigt, weil Sie ums Verrecken ihren Sitz retten und die rot-grüne Mehrheit verteidigen wollten?
Nein. Aber wir hätten die Probleme, für die es auch in unseren Kreisen Kritik gab, früher angehen müssen.
Wer wird Ihr*e Nachfolger*in?
Es wird eine Personalfindungskommission geben, die mit interessierten Personen spricht. Am Schluss entscheidet die Basis.
Aber Sie haben bestimmt schon einen Plan.
Wir haben viele mögliche Kandidatinnen und Kandidaten.
Sie gelten als ziemlich links. Bräuchte es jetzt eine etwas gemässigtere Person, um die verschiedenen SP-Flügel zu vereinen? Schliesslich sind die neuen SP-Regierungsrät*innen eher linker als die, die jetzt abtreten oder schon abgetreten sind.
Das ist eine Einschätzungsfrage. Aber wenn es darum geht, die verschiedenen Interessen und Persönlichkeiten in einer Partei zu vereinen, ist nicht die politische Position des Präsidiums ausschlaggebend, sondern die Persönlichkeit. Ich glaube, meinen Vizes Kerstin Wenk, Melanie Nussbaumer, Beda Baumgartner und mir ist das recht gut gelungen in den letzten vier Jahren. Bei mir hat sich jedenfalls niemand direkt beklagt.