Adieu Mitte
Nach den Vorwürfen wegen sexuellen Übergriffen ziehen erste Mieter*innen Konsequenzen.
Mobbing, Beleidigungen, sexuelle Übergriffe – die Vorwürfe, die am Donnerstag in einem Bericht der Wochenzeitung gegenüber dem Unternehmen Mitte geäussert werden, sind happig.
Der Demokratie-Aktivist Daniel Graf, den wir kürzlich porträtiert haben, erfuhr am Montag von ihnen. Am Dienstag ist er aus der Mitte ausgezogen.
«Für uns ist klar, dass der Ort, wo wir arbeiten und Veranstaltungen durchführen, ein safe space sein muss, in dem Sexismus und Diskriminierungen keinen Platz haben», sagt uns Graf am Telefon.
Graf war mit seinem Verein Public Beta und der Stiftung für direkte Demokratie seit dem Jahr 2019 in der Mitte eingemietet, in einem Co-working-space. Sie war seine Basis für verschiedene Projekte und Veranstaltungen wie das Demokratie-Festival. Bereits 2016 war er dort im Kampagnen-Team für ein bedingungsloses Grundeinkommen dabei.
Das Thema ist unangenehm, die übrigen Mieter*innen möchten rausgehalten werden. Bajour hat am Donnerstag Nachmittag mit anderen Mieter*innen im Gebäude telefoniert. Alle sagen, sie hätten nichts von den Vorwürfen gehört. Eine Person betont die glückliche Zeit dort. Eine andere dagegen zeigt sich nicht überrascht. Die Kommunikation im Haus sei schlecht.
«Die Vorwürfe machen uns betroffen.»Stiftung Edith Maryon
Die Eigentümerin des Gebäudes ist die Stiftung Edith Maryon, die im zweiten Stock selber ihre Büros hat. Als Bajour dort am frühen Donnerstag Nachmittag anruft, teil man uns mit, dass sich die Person, die für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, in einer Sitzung mit der Geschäftsleitung der Mitte befindet.
Zwei Stunden später landet dieses Statement von der Stiftung Edith Maryon in unserem Postfach:
«Es handelt sich um eine Angelegenheit innerhalb der Unternehmen Mitte GmbH. Die Vorwürfe machen uns betroffen, ihnen muss nachgegangen werden. Sexuelle Übergriffe und anderes Fehlverhalten am Arbeitsplatz sind selbstverständlich inakzeptabel.»
Gründungsmitglied Daniel Häni, der im WoZ-Bericht beschuldigt wird, nicht genügend eingegriffen zu haben, reagierte nicht auf unsere Anfragen. Es gilt die Unschuldsvermutung.
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Update (19.3.2021, 10.17 Uhr)
Theresa Prüssen, Mitglied der Geschäftsleitung in der «Mitte» und Verantwortliche im Personalbereich, meldete sich per Mail bei Bajour. Sie schreibt: «Dem vor bald einem Jahr bekannt gewordenen Vorwurf wurde unmittelbar nachgegangen und eine externe Untersuchung mit den Betroffenen eingeleitet.» Die intern erarbeiteten Prozesse und Mechanismen würden nach den nun veröffentlichten Vorwürfen aber nochmals angeschaut.