Anonyme Kommentare verbieten?
Hasskommentare sind vielen Politiker*innen nicht fremd – auch einige Basler Politiker*innen haben offengelegt, mit welchen Hasskommentaren sie sich auseinandersetzen müssen. Auf Bundesebene werden derzeit Anstrengungen unternommen, um sich gegen Hasskommentare zu wehren. Der Ständerat votierte für eine Motion, die zumindest anonyme Kommentare verbieten will – indem die Vergabe öffentlicher Gelder an Medien an diese Klarnamenpflicht gebunden sein soll. Der Nationalrat wird noch darüber entscheiden. Derzeit ist anonymes Kommentieren bei den grossen Medienhäusern lediglich bei 20 Minuten möglich, schreibt Tamedia. Eine systematische Überprüfung der persönlichen Personendaten findet jedoch bei den Online-Kommentaren von Blick, CH Media und Tamedia auch nicht statt. Gegenüber Tamedia sagt Martin Steiger von der Digitalen Gesellschaft Schweiz, dass ein solches Vorgehen «unverhältnismässig» wäre. Sophie Achermann von der Public Discourse Foundation, die den öffentlichen Diskurs im Internet untersucht, hält derweil das konsequente Moderieren von Kommentaren für effektiver, um vor Hass zu schützen.
Idiot aus Überzeugung
Gehässige Kommentare, unanständige Mails, persönliche Beleidigungen: eine frustrierte Gesellschaft lässt sich gerne anonym an Politiker:innen aus. Unangenehm wird es, wenn man vor dem Rathaus abgepasst wird, wenn die Wände des Wohnhauses verschmiert werden oder der Briefkasten geleert. Ob da Klarnamen helfen, wage ich zu bezweifeln. Manch ein Idiot steht mit ganzem Namen dafür ein, dass er einer ist.
Ehrlich
Wer ehrlich und offen diskutieren will sollte sich schon mit Namen melden .
Immer mit Name
Was ich zu sagen glaube muss, veröffentliche ich mit meinem Namen, Steffi Luethi-Brüderlin. Manchmal auch nur mit «Steffi», manchmal mit dem offiziellen Stephan Luethi. Anonyme Zuschriften beachte ich nicht.
Der Schuss geht nach hinten los
Ich bin überrascht, wie viele für eine Klarnamenspflicht sind. Dabei sehen wir doch gerade bei bajour, wie es bei einer guten Moderation auch ohne Klarnamenspflicht keine Hasskommentare gibt. Ich denke sogar, dass es ohne konsequente Moderation mit Klarnamen nur noch schlimmer wird, weil dann diejenigen die mit fremdländischen Namen kommentieren Hasskommentare erhalten, während diejenigen, welche Hasskommentare schreiben, keine Konsequenzen zu fürchten haben bzw. sogar dafür gefeiert werden.
Anonymität schwächt die Meinungsfreiheit
Meinungsfreiheit heisst im Wesentlichen, dass man den Staat offen kritisieren darf, ohne im Gegenzug Repressionen befürchten zu müssen. In einem Staat und einer Gesellschaft, wo dies gilt, gibt es keine Veranlassung und keine Legitimation, nicht zu seinen Aussagen zu stehen. Die Meinungsfreiheit verteidigen wir am effektivsten, indem wir sie würdevoll nutzen. Mit feiger Anonymität begünstigen wir hingegen ein Klima, in dem die Meinungsfreiheit erodiert und stattdessen Hass und Denunziantentum florieren. Plattform-Moderation verschiebt die Verantwortung vom kommentierenden Individuum zum Plattformbetreiber. Dass das auf Dauer nicht funktioniert und rasch zu aufwändig wird, hat sich inzwischen klar gezeigt. Zudem behindert und schwächt die Anonymität, die in unserem Land zum Glück noch immer rechtsstaatliche Justiz massiv.