«Der Rheintunnel ist nicht alternativlos»
Der Rheintunnel bewahre die Bevölkerung in der Breite oder im Wettstein vor dem Autobahnlärm, argumentiert die Regierung. Martin Baumgartner vom Verein «Ausbau Osttangente – so nicht» könnte sich aber auch eine Verkleinerung des Megaprojekts vorstellen.
Geht es um Verkehr, wird viel über die Bedürfnisse der Bevölkerung gesprochen. Zum Beispiel bei der Frage, ob die Basler Bevölkerung einen Autobahntunnel von Birsfelden bis ins Kleinbasel für 2,4 Milliarden Franken will. Und ob ein solch gigantisches Strassenprojekt nicht der Klimaneutralität bis 2037 im Weg stehe.
Die BastA!, die Grünen und der VCS zumindest finden, die Bevölkerung habe sich mit dem Bekenntnis für klimaneutralen Vekehr gegen Mehrverkehr ausgesprochen. Sie fordern, dass der Kanton Einsprache beim Bund erhebt. Auch national gibt es Widerstand.
Anders sieht das die Kantonsregierung. Den Rheintunnel zu verhindern wäre «nicht fair jenen Menschen gegenüber, die schon lange auf die Verbesserung ihrer Situation hoffen», sagte Bauvorsteherin Esther Keller (glp) im November gegenüber der bz. Und auch ihr Kollege Kaspar Sutter (SP) verwies beim Thema gegenüber Telebasel auf die Bevölkerung.
Gemeint ist eine politisch breit abgestützten Petition mit 10.000 Unterschriften gegen einen Ausbau der bestehenden Autobahn auf vier Spuren. Damit wollten sich vor allem die Anwohner*innen im Wettstein und in der Breite wehren, die entlang der Strecke wohnen.
Doch was sagt denn die entsprechende Bevölkerung nun zum Rheintunnel? Nachgefragt bei Martin Baumgartner, Anwohner an der Schwarzwaldallee und Vorsitzender des Vereins «Ausbau Osttangente – so nicht!»; dieser hat 2010 die Petition gegen den Autobahn-Ausbau gestartet. Baumgartner sieht die Argumente der Regierung selbst kritisch: «Damit werden die Interessen verschiedener Quartiere gegeneinander ausgespielt.»
Er verweist auf die Pläne auf der Dreirosenanlage im Klybeck, die während der zehnjährigen Bauzeit des Tunnels gesperrt und danach nur noch verkleinert zugänglich sein würde – «extrem schwierig» nennt er das. «Klar wäre es für unseren Verein bequem, zu sagen: Wenn wir durch den Rheintunnel entlastet werden, geht uns alles andere nichts an. So denken auch einige, da sie finden, dass Einsprachen unsere eigenen Wünsche bezüglich Lärmschutz weiter verzögern.»
Der aktuelle Planungsstand des Autobahnprojekts «Rheintunnel» umfasst nicht nur die namensprägende Untertunnelung des Rheins in Basel zwischen den Quartieren Breite und Wettstein, sondern eine Neuführung der Stadtautobahnen in Basel. Die Nordtangente der Autobahn A3 wird heute über die untere Ebene der doppelstöckigen Dreirosenbrücke geführt. Wird das Projekt wie geplant realisiert, wird sich der unterirdische Verlauf der A3 durch Basel ändern. Das bedeutet, dass die Tunnelabzweigung direkt auf dem Gebiet der Dreirosenanlage beginnen wird. Teile der Freizeitanlage werden während der Bauzeit von voraussichtlich 2029 bis 2040 nicht nutzbar sein. Die Anlage soll aber nicht verschwinden, die gesamte Rheinpromenade soll umgestaltet und zum Klybeck-Quartier hin geöffnet werden. Aus Sicht der Planer*innen ist die Umgestaltung sogar ein Flächengewinn. Auch während der Bauzeit soll mit provisorischen Lösungen der eingeschränkte Naherholungs- und Freizeitaspekt der Dreirosenanlage kompensiert werden. Die detaillierten Pläne wurden im November 2022 der Bevölkerung vorgestellt, die Präsentation ist hier abrufbar.
Der Konsens im Verein sei daher im Moment, dass in erster Linie wirksame Lärmschutzmassnahmen kommen müssen. «Da die Lärmschutzvorgaben des Bundes ungenügend sind, erschöpfen sich die Massnahmen aber schnell», so Baumgartner. Deshalb stehe man grundsätzlich hinter der wohl wirksamsten Lösung für den Lärmschutz, nämlich der, die Osttangente unter die Erde zu verlegen – wenn damit ein Rückbau der bestehenden Autobahn einhergehe.
Dass der Rückbau kommt, ist aber nicht sicher. Zwar beteuerte auch Kaspar Sutter im Telebasel, dass die Regierung diesen anstrebt. Doch die Kompetenz liegt beim Bund. Und: Die Baselbieter Regierung ist gegen diesen Rückbau. Die Basta will deshalb, dass der Kanton sich für eine Einsprache gegen den Rheintunnel stark macht oder zumindest den Rückbau forciert.
Waurm geht's nicht kleiner?
Das Verhindern des Rheintunnels um jeden Preis sieht Martin Baumgartner von «Ausbau Osttangente – so nicht!» jedoch als nicht zielführend an: «Einfach dagegen zu sein, ist ein bisschen wenig. Der Status Quo ist eine Bausünde aus den 60er Jahren, die Autos sind nunmal da. Deshalb braucht es Alternativen.»
Diese Alternative müsse allerdings aus seiner Sicht nicht zwingend der Rheintunnel im jetzigen Stand der Planung sein. Baumgartner kann sich auch eine Verkleinerung des Projekts vorstellen. «Unser Anliegen ist 15 Jahre alt. Seitdem hat sich in der Verkehrspolitik viel getan», sagt er. Es sei also durchaus angebracht, zu prüfen, wie umfassend der Rheintunnel sein sollte.
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