Art Parcours: Ein Spaziergang durch die Kunst
Auch dieses Jahr musst du kein Ticket für die Art Basel kaufen, um Werke der Kunstmesse zu sehen. 21 Kunstwerke sind entlang der Clarastrasse und auf dem Münsterplatz für jede*n zugänglich und bilden den Art Parcours 2025. Hier zeigen wir die Highlights und Lowlights.
Eine Frau steht mit ihrem Kind vor dem Haus am Oberen Rheinweg 29. Es ist die 18. Station des Art Parcours. Ihr Mann kommt aus der temporären Ausstellung und sie fragt ihn: «Hat es sich gelohnt?» Der Mann erwidert darauf: «Ist halt Kunst.» Beim Ablaufen des Parcours kann man viele solche Szenen erleben. Kunst ist ja bekanntlich subjektiv und nicht jeder weiss etwas mit den ausgestellten Werken anzufangen.
Dennoch gehört der Art-Spaziergang, der dieses Jahr unter dem Motto «Second Nature» steht, jedes Jahr zu den Highlights an der Kunstmesse. Du kannst ganz gemütlich durchs Kleinbasel schlendern und dich an die empfohlene Route halten oder einfach nur die Kunstwerke anschauen, die dir gerade ins Auge fallen. Wenn du dich genauer mit den einzelnen Kreationen auseinandersetzen willst, gibt es bei jeder Station eine lila Informationstafel und Mitarbeiter*innen der Art Basel, die dir präzise Auskunft über Künstler*in und Kunstwerk geben können.
Doch auch für Kunstbanaus*innen ist der Parcour sehr unterhaltsam – sei es, um über die Kunst zu schmunzeln oder um sie zu bewundern. Deswegen listen wir dir die neun interessantesten Parcours-Stationen auf und sagen dir, was die einzelnen Kunstwerke aussagen sollen und wie sie im Auge eines Kunstbanausen (aka des Autors dieses Artikels) wirklich erscheinen.
Die Mercedes-Motorhauben
Die aufrecht stehenden Autoklappen erinnern an skulpturartige Grabdenkmäler und beziehen sich auf mittelosteuropäische sowie balkanische Bräuche, bei denen Verstorbene durch Gegenstände geehrt werden, die sie zu Lebzeiten geschätzt haben. Die bemalten Mercedes-Motorhauben wirken in diesem Zusammenhang sowohl als Statussymbol wie auch als Gedenkzeichen.
Ort: Kirche St. Clara, Claraplatz 6 Künstler*in: Selma Selman Galerie: ChertLüdde (col. acb) Fazit eines Kunstbanausen: Das Kunstwerk sieht gut aus und steht an einem kühlen Ort. Perfekt für eine kunstreiche Abkühlung. 4/5 Punkte
Die Regenmäntel
Transparente Regenmäntel mit aufgedruckten Teetassen verleihen dem Schaufenster der Manor einen bunten Anstrich – ganz ohne Farbe. Das Kunstwerk verwischt bewusst die Grenzen zwischen Kunstobjekt und kommerziellem Produkt. Denn anstatt die Mäntel nur zu bewundern, kannst du sie in einem Pop-Up-Store im Kaufhaus günstige 900 CHF erwerben.
Ort: Manor, Greifengasse 22 Künstler*in: Thomas Bayrle Galerie: neugerriemschneider Fazit eines Kunstbanausen: Die Regenmäntel sehen ganz okay aus. Doch der Preis von 900 CHF finde ich ganz schön mutig. Da werde ich lieber nass. 1.5/5 Punkte
Die Imbiss-Stände
In zwei Skulpturen von Imbissständen laufen Videos von einsamen Frauen, die singen und Fast Food zubereiten, um dann wieder hinter den Jalousien zu verschwinden. Das Kunstwerk rückt die unsichtbare Rolle von Verkäufer*innen in den Vordergrund. Ihre Isolation zeigt ein Paradox, da sie unsichtbar, aber unentbehrlich sind.
Ort: Merian (Garage), Greifengasse 2 Künstler*in: Marianna Simnett Galerie: Société Fazit eines Kunstbanausen: Mir gefiel das Design. Doch danach war ich hungrig und es gab keinen echten Imbiss. Das gibt leider einen Punktabzug. 3/5 Punkte
Die Textilarbeit
Das 80 Meter lange Textilkunstwerk «namak halal / namak haram» (2025) bezieht sich auf die Inland Customs Line, eine mehr als 2500 Meilen lange Pflanzenhecke, die von der britischen Kolonialmacht in Indien errichtet wurde, um Schmuggel zu unterbinden und die Salzsteuer durchzusetzen. Das Projekt wurde eigens für den Parcours der Art Basel konzipiert.
Ort: Münsterplatz Künstler*in: Hylozoic/Desires (Himali Singh Soin & David Soin Tappeser) Galerie: Somerset House Trust Fazit eines Kunstbanausen: Es kommt nicht immer auf die Grösse an. Auch wenn dies das grösste Kunstwerk des Parcours ist, sieht es meiner Meinung nach einfach wie eine volle Wäscheleine aus. 2/5 Punkte
Die Bronze-Schaukeln
Drei aufgestellte Schaukeln zieren diese Woche den Claragraben. In den aus Bronze gefertigten Sitzen sind jeweils zwei unterschiedliche Pole zwischen Vergangenheit und Zukunft eingraviert. Wenn man die Schaukeln benutzt, bewegt man sich wie die lineare Zeit zwischen den beiden Polen.
Ort: Zentrum für Brückenangebote, Claragraben 59 (Eingang durch Rebgasse) Künstler*in: Francesco Arena Galerie: Raffaella Cortese, Prats Nogueras Blanchard, Sprovieri (col. Trisorio) Fazit eines Kunstbanausen: Das coolste Kunstwerk des Parcours: Ein Schaukel-Erlebnis, das auch den künstlerischen Horizont erweitert . Ich könnte mir aber vorstellen, dass der Bronze-Sitz bei Sonnenschein sehr heiss wird. 4.5/5 Punkte
Das Glory Hole
Das Kunstwerk besteht aus einer Wand mit einem Loch. Wenn man durch das Loch blickt, erkennt man vage einen weiteren leeren Raum dahinter. Das Werk verweist einerseits auf ein «Glory Hole» aus sexueller Anonymität, zeigt jedoch auch das Potential von Leere und Öffnungen. Gleichzeitig wird die visuelle Leere mit tiefen Tönen, die fast unhörbar, dafür spürbar sind, ergänzt. Dies soll die Kunst widerspiegeln: Auch wenn man nichts sieht oder hört, spürt man sie trotzdem.
Ort: Oberer Rheinweg 37 (von der Mittleren Brücke kommend vorbei am Hotel Krafft und dann noch ein Stück weiter) Künstler*in: Constantina Zavitsanos Galerie: Max Mayer Fazit eines Kunstbanausen: Ich musste schmunzeln, als ich das Kunstwerk sah. Auf den ersten Blick sieht es aus wie eine weisse Wand mit einem Loch. Auf den zweiten Blick auch. 2.5/5 Punkte
Die Pflanzen-Oase
Die Installation bietet mit Pflanzen, Kunstwerken und einem Sonnenschutz eine Oase der Erholung. Das Material ist simpel gehalten und steht im Zeichen von behelfsmässiger Architektur. Bunte Tongefässe schmücken den Rückzugsort, der mit Pflanzen aus lokalen Gärtnereien idyllisch gestaltet ist.
Ort: Mittlere Brücke Künstler*in: Athene Galiciadis Galerie: von Bartha Fazit eines Kunstbanausen: Klein aber fein. Es könnte auch der Stand eines*r Pflanzenhändler*in sein. Und man hat Schatten und einen schönen Ausblick auf Grossbasel und den Rhein. 3.5/5 Punkte
Der Ton-Sarkophag
Die aus Ton gefertigten Skulpturen dieser Station ähneln archäologischen Artefakten, die man in zerfallenen Ruinen finden könnte. Das Highlight ist ein sarkophag-ähnliches Gefäss, das aus abgegossenen Körperteilen und Gegenständen geformt ist. Der Sarkophag verbindet zeitgenössische Objekte mit der körperlichen Nähe und will so die Grenzen zwischen Altertum und Moderne vermischen.
Ort: Oberer Rheinweg 29 (von der Mittleren Brücke kommend vorbei am Hotel Krafft und dann noch ein Stück weiter) Künstler*in: Clementine Keith-Roach Galerie: P.P.O.W (col. Ben Hunter) Fazit eines Kunstbanausen: Mit Abstand das Kunstwerk, das mich am meisten fasziniert hat. Der Sarkophag ist sehr detailreich und je länger du schaust, desto mehr entdeckst du. 5/5 Punkte
Die Sitzgelegenheiten
Eine Bank steht neben der ersten Station des Parcours. (Bild: Mattia Reimann)
Eine Andere steht an der Mittleren Brücke. (Bild: Mattia Reimann)
Wenn du dich während dem Erkunden des Parcours mal hinsetzen musst, findest du vier blaue Sitzbänke über die Clarastrasse verteilt. Die Kunstwerke sind nicht nur perfekt für kleine Pausen, sondern sind auch mit unterschiedlichen lustigen Sprüchen ausgestattet, die dich zum Sitzen anregen.
Ort: Clarastrasse 30; Claraplatz; Mittlere Brücke; Oberer Rheinweg 37 Künstler*in: Finnegan Shannon Galerie: Deborah Schamoni Fazit eines Kunstbanausen: Würde ich persönlich nicht als Kunst erkennen, wenn es nicht angeschrieben wäre. Aber ich kann mich hinsetzen und es gibt vier davon. Deswegen 20/5. Punkte