Die Dorfbäckerin vom Gundeli

Das Ende einer Ära: Simone Weber war seit mehr als dreissig Jahren Verkäuferin in der Ein-Frau-Quartierbäckerei an der Margarethenstrasse. Die Menschen im Quartier werden die gute Seele vermissen.

Simone Weber
(Bild: David Rutschmann)

Baslerin des Tages soll sie sein, fand ein Leser und schrieb uns eine Liebeserklärung auf die Verkäuferin in der Quartierbäckerei im Gundeli, die am Freitag nach 31 Jahren pensioniert wird. «Sie ist die Beste, die Netteste, sie kennt jedes Kind im Quartier und alle lieben sie.»

Und tatsächlich, Simone Weber verbindet eine besondere Liebe zu dem Quartier, in dem sie nichtmal wohnt. Sie erzählt vom Gundeli, als wäre es ein Dorf: Familiär, generationenverbindend, vertraut. Im Sommer trifft man sich zu Kaffee und Gipfeli an den Tischchen. Die Eltern schicken ihre Kinder mit Bestellzetteln allein zu Simone, ihr kann man vertrauen. Die 64-Jährige bediente ganze Familienstammbäume, kannte kleine Mädchen, die heute selbst als Mütter mit ihren Kindern Sunnereedli kaufen.

Die Quartierbäckerei war früher eine Filiale der grossen Kleinbasler Bäckerei Schneider, Erfinderin der Sunnereedli. Mittlerweile heissen sie hier «Gaugler Reedli», Simone. Das Schneiderbeck-Ehepaar Burkhardt hatte Simone Weber vor 31 Jahren eingestellt, als sie nach der Geburt ihres Sohnes wieder Teilzeit arbeiten wollte. Ein Job in Basel bot sich für die Elsässerin an, auch wenn sie dafür täglich 35 Kilometer aus Altkirch pendeln muss. 

Freundlich bleiben als Geheimrezept

«Meinen Sie, Sie können so früh aufstehen?», habe der Chef sie bei der Bewerbung gefragt. Sie kann, und zwar problemlos. «Ich habe das Privileg, am Wochenende kein Problem mit dem Ausschlafen zu haben», sagt sie und schmunzelt. Also tauchte die gelernte Kleider-Verkäuferin in die Welt der Backwaren, der Silserli und Gipfeli, ein. Und eben ins Gundeli.

«Das Quartier ist schön, die Leute sind nett – da kann man sich nicht beklagen, sonst wäre ich nicht so lange geblieben», sagt sie und lacht. Zwar wurden die schönen Bäume, die die Margarethenstrasse zur Allee gemacht hatten, entfernt, aber dafür sei es jetzt heller. Und sowieso: Es kommt auf die Leute drauf an.

70 Prozent Stammkund*innen besuchen laut Simone Weber die Eckbäckerei. Die Stimmung sei stets entspannt: Es ist eine eher ruhige Quartierbäckerei, eben kein hektischer Rush-Hour-Laden. «Die Leute drängeln nicht. Ich denke, sie haben auch Verständnis, weil sie sehen, dass ich ganz alleine in der Bäckerei bin», erklärt sie.

Da fällt es ihr auch nicht schwer, freundlich zu bleiben. «Das eine Prozent, das schlecht drauf ist bei der Bestellung, hat mich nie gestört. Alles ist gut, wenn man freundlich bleibt.» Zugegeben, es ist schwer, unfreundlich zu einem so gutmütigen Lächeln zu sein. 

Easy Rider in den Sonnenuntergang

Am Freitag, 23. Dezember, hat Simone ihren letzten Arbeitstag. Sie freut sich auf die Pension, auf die viele Zeit, um mit Mann und Töff Frankreich, Spanien, Portugal zu entdecken. 

Und die Bäckerei? Bleibt in Quartierhand. Ihre Nachfolgerin wohnt direkt ums Eck, hat schon früher mal den Tresen geschmissen, wenn es für Simone zu viel zu tun gab. Die grössere Umstellung für die Bäckerei-Kund*innen wird wohl eher der fehlende schwarze Citroën mit dem französischen Kennzeichen sein, der signalisierte: Simone ist da, die Bäckerei hat offen.

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David Rutschmann

Das ist David (er/ihm):

Von Waldshut (Deutschland) den Rhein runter nach Basel treiben lassen. Used to be Journalismus-Student (ZHAW Winterthur) und Dauer-Praktikant (Lokalzeitungen am Hochrhein, taz in Berlin, Wissenschaftsmagazin higgs). Besonderes Augenmerk auf Klimapolitik, Wohnpolitik, Demopolitik und Politikpolitik. Way too many Anglizismen.

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