«Wenn mich alle nur cool finden, ist es langweilig»
Baschi plant für sein 20-Jahr-Jubiläum ein Dorffest in Gelterkinden. Im Interview spricht der Musiker über seine Kindheit im Baselbiet, die Liebe zum FCB, Authentizität, seinen Erfolg und den Rücktritt.
2004 nahm der 17-jährige Sebastian Bürgin, alias Baschi, aus Gelterkinden an der Castingshow «MusicStar» im Schweizer Fernsehen teil und wurde Sechster. Trotz des frühzeitigen Ausscheidens folgte darauf eine grosse Karriere mit Hits wie «Wenn das Gott wüsst» oder «Bring en hei». Zum 20-jährigen Jubiläum lädt Baschi, heute 37 Jahre alt, am 7. September zur imposanten Jubiläumsshow mit 5’000 Leuten auf dem Gelterkinder Dorfplatz.
Baschi, was bedeutet dir Gelterkinden?
Ich bin hier aufgewachsen und habe meine Schulkarriere mehr oder weniger erfolgreich abgeschlossen. Ich habe natürlich Familie hier, viele Freunde vom Fussballclub, wo ich auch von klein auf tätig war und gespielt habe. Bis in die erste Mannschaft. Ich habe hier meine ersten Gehversuche in der Musik gemacht, im Schülerchor und mit der Schülerband. Ich habe eigentlich nur positive Erinnerungen und Emotionen. Daher ist es schön, wieder hier zu sein. Jetzt komme ich im September in spezieller Hinsicht hierher, um ein grosses Konzert im Zeichen von 20 Jahren Baschi zu spielen. Auf das freue ich mich jetzt schon.
Wenn ich an Baschi denke, sehe ich einen grossen Lusbueb vor mir. Wie war Sebastian Bürgin als kleiner Junge?
Wirklich Scheisse habe ich nicht gross gebaut. Vielleicht bin ich einmal bei der Badi über den Haag gestiegen oder so. Ich war ein sehr lockerer und aufgestellter Junge, hatte viele Freunde und war immer aktiv irgendwo in einem Verein. Ich würde sagen, ich bin nie negativ aufgefallen. Der Lusbueb ist erst später gekommen.
Es ist ein offenes Geheimnis: Eigentlich hättest du fast lieber beim FCB gespielt als Musiker zu werden. Wie nah warst du wirklich an der Profikarriere dran?
Ich habe damals für die Nordwestschweizer Auswahl gespielt. Ich glaube, die gibt es heute gar nicht mehr. Das waren die besten jungen Spieler aus der Nordwestschweiz. Das ist so etwa ein Schritt vor der U16 oder U17 beim FCB. Dann spielte ich in der Zweitliga beim FC Gelterkinden und das auch schon mit 16. Eigentlich war ich nicht schlecht. Am Ende des Tages hat aber sicher eine gewisse Disziplin, dieser letzte Biss, gefehlt. Ich ging dann gerne auch mal in die Badi oder an ein Dorffest und habe irgendwelche Girls gedatet. Ich war einfach ein sehr talentierter Fussballer, aber doch noch ein Stück weit entfernt von einer Profikarriere.
Du hast dich nicht nur als Fussballprofi, sondern auch als Eseltreiber versucht. Was hat es damit auf sich?
Meine Cousine und ich hatten Erstkommunion. Da bekommt man das erste Mal von der Familie einen Batzen. Mit diesem Batzen haben wir uns dann tatsächlich zwei Esel gekauft. Wir sind mit ihnen durch Gelti gezogen und haben Ausflüge gemacht. Die Esel sind auch ab und zu mal ausgebüchst. Dann kam wieder ein Anruf in die Schule oder zu meiner Mutter: Die Esel stünden auf dem Dorfplatz, ob sie jemand in den Stall bringen könne? Schlussendlich hatte ich diesen Esel etwa drei, vier Jahre.
Du musstest dir nicht lange Gedanken über die Berufswahl machen. Schon mit 17 begann deine musikalische Karriere im Rampenlicht. Hast du manchmal das Gefühl, einen Teil deiner Jugend verpasst zu haben?
Ich habe in meinen Zwanzigern sicher ein anderes Leben geführt als andere Jugendliche. Ich habe mich im Rampenlicht ausgetobt. Das will ich nicht missen. Ich konnte meinen Traum leben und lebe ihn immer noch. Es ging alles Schlag auf Schlag. Ich habe neun Alben gemacht in den letzten 20 Jahren, habe unzählige Tourneen gespielt und bei Fernsehformaten mitgemacht. Mittlerweile bin ich verheiratet und wohne in Zürich. Es ist schon sehr viel passiert. Trotzdem bin ich – und ich glaube, das würden auch viele Gelterkinder sagen – immer noch einer von hier. Ich habe mich schon verändert und weiterentwickelt, aber im Kern bin ich noch immer der gleiche Typ wie vor all den Jahren.
«Musik ist nicht alles im Leben. Das ist nur der FCB.»
Du hattest bereits bei deinem ersten Album Druck, kommerziell abzuliefern. Wie frei warst du da?
Ich hatte das Glück, dass ich bei der Castingshow «MusicStar» nicht gewonnen habe. Ich hatte keinen Termindruck. Ich wusste, es wäre cool, nicht allzu lange nach diesem ersten Fame, den ich durch das Fernsehen erhielt, ein Album rauszubringen. Aber ich hatte beispielsweise mehr Zeit als die Gewinnerin und konnte auch schon ein wenig meine Fähigkeiten einfliessen lassen. Ob beim Texten oder beim Songwriting, ich wurde immer begleitet von erfahrenen Leuten, die mir geholfen haben.
Wie gehst du mittlerweile mit Erwartungen an dich um?
Ich versuche heute noch, den Druck von mir abprallen zu lassen. Musik ist nicht alles im Leben. Das ist nur der FCB. (lacht) Ich bin nicht bekannt dafür, dass ich oberehrgeizig bin oder mich extrem ernst nehme. Ich gehe auch nach 20 Jahren mit einer gewissen Lockerheit in das ganze Game und das kommt gut an. Ich habe kein Drehbuch, das genau so laufen muss, sondern bin ein spontaner Typ, der auf Situationen reagieren kann. Ich lasse es gerne fliessen.
Wurde dir das auch schon zum Verhängnis?
Nein, eigentlich nicht. Ich war auch schon mit negativen Schlagzeilen in den Medien. Am Anfang meiner Karriere habe ich sehr polarisiert. Entweder fandest du mich einen coolen Typen oder du konntest gar nichts mit mir anfangen. Das ist etwas abgeflacht. Das passt mir eigentlich gar nicht, weil ich gerne polarisiere. Wenn mich alle nur cool finden, ist es auch langweilig. Aber es gibt nach wie vor Leute, die mich nicht ausstehen können und das Gefühl haben, dass das, was ich hier mache, unter aller Sau ist. Ich brauche diesen gewissen Widerstand. Ich brauche immer wieder Punkte, bei denen ich anecken kann und Hürden, die ich nehmen muss.
Eine Hürde musstest du auch beim Schreiben des letzten Albums nehmen. Du hattest eine kreative Krise und musstest das Album lieben lernen. Wie überwindet man so eine Blockade?
Viel Rotwein. (lacht) Nein. Ich habe damals wirklich Hilfe gebraucht. Unter anderem habe ich viele Songs mit Dabu von Dabu Fantastic geschrieben. Ich habe das Team etwas geöffnet und mit neuen Leuten zusammengearbeitet. Das hat mir schon sehr geholfen.
Fliesst die Tinte jetzt wieder flüssiger?
Es ist immer noch ein Kampf. Trotzdem bin ich happy, weil ich gerade im Studio war. Dieser Song, an dem ich arbeite, ist mehr oder weniger aus meinem eigenen Stift geflossen. Beim Musikmachen bist du viel am Zweifeln an deinen eigenen Songs und daran, ob sie cool sind: Wen interessiert schon, was ich singe? Da muss man sich wirklich selber pushen und motivieren. Sonst muss man nicht Musik machen, weil das macht einen kaputt.
Inwiefern?
Ich muss mir bei einem Song sicher sein: Doch, der hat seine Berechtigung und hinter diesem Song kann ich jetzt hundertprozentig stehen und den lasse ich jetzt raus. Das sind dann kleine Erfolge, an denen ich mich immer wieder festhalten und zum nächsten rüberschwingen kann. Jetzt war ich gerade im Studio und habe eingesungen und ich bin überzeugt, dass das ein cooler Song wird. Von dem her bin ich emotions- und gefühlsmässig gerade am Fliegen.
«So etwas hat Gelterkinden, und ich würde mal sagen die Umgebung, in diesem Sinne noch nie gehabt.»
Am 7. September feierst du 20 Jahre Baschi im grossen Stil. Was ist genau geplant?
Es wird ein Fest auf dem Dorfplatz von Gelterkinden geben. Wir stellen eine Bühne hin, logisch, es gibt eine Foodmeile und hoffentlich ganz viele Besucher. Es ist natürlich eigentlich Wahnsinn, dass wir für ein Konzert so einen grossen Aufwand betreiben. Ohne mein Management, Gadget, und weitere Partner würde das gar nicht gehen. Es ist sicher das Grösste, was ich in meiner Karriere bis jetzt gemacht habe. Nicht vom Publikum her – da habe ich schon vor mehr Leuten gespielt – aber in Bezug auf den emotionalen Aspekt, etwas von Grund auf aufzubauen. So etwas hat Gelterkinden, und ich würde mal sagen die Umgebung, in diesem Sinne noch nie gehabt. Es ist eine Art Heimkommen. Es ist ein Dankeschön an den Support von meinen Leuten. Da will ich natürlich schon etwas bieten.
Wirst du der Einzige sein, der auf dieser Bühne ein Konzert gibt?
Das kann ich so noch nicht sagen. Über meine 20-jährige Karriere sind ja aber einige Freunde und Freundinnen dazugekommen und wer weiss, allenfalls spielen wir gemeinsam einige Songs auf der Bühne. Ob es eine Vorband gibt, wissen wir aber noch nicht.
Der Eintritt zu Baschis Jubliäumsshow auf dem Gelterkinder Dorfplatz ist gratis. Dennoch sollte man sich ein Ticket ergattern, damit man sicher reinkommt. Bei der Ticketbestellung wird zudem gleich ein Getränke-Voucher im Wert von CHF 10.- verrechnet. Man bestellt sich so quasi bereits die ersten zwei Bier von Zuhause aus.
Eine Jubiläumsshow in diesem Stil hat in der Schweiz noch niemand gemacht. Musste es der Volksentertainer Baschi sein, der mit so einer Idee kommt?
Von mir aus gesehen kann es nur einen geben, der so etwas machen kann. (lacht) Ich schwanke ja so zwischen Bodenhaftung und Schwerelosigkeit. Ich sehe mich schon immer noch als einen der grössten Entertainer, der die Leute mitreissen kann. Früher haben sie gesagt, ich sei der Robbie Williams der Schweiz. So falsch waren die Schlagzeilen nicht. (lacht) Das ist auch mein Ziel. Ich will die Leute unterhalten. Deswegen sage ich immer, ich habe zwar nicht studiert, bin aber Musiker und vor allem Entertainer mit dem Hang dazu, die Leute happy zu machen und zu unterhalten. Das ist meine Aufgabe und mein Job. Ich werde auch am 7. September versuchen, alles zu geben.
Macht es nicht müde, 20 Jahre lang auf der Bühne zu stehen und eine Show nach der anderen abzuliefern?
Schau mich mal an, wie abgefuckt ich aussehe! (lacht) Nein, müde nicht. Das ist Entertainment. Sobald ich eine Bühne sehe, ein Mikrofon, das Publikum, dann geht es los. Es ist zu geil, wie eine Droge. Es ist nicht einfach, davon loszukommen. Ich habe immer gesagt, wenn es nicht mehr so läuft, dann höre ich auf. Mal schauen, wie einfach das wird.
«Ich sehe mich schon immer noch als einen der grössten Entertainer, der die Leute mitreissen kann.»
Du hast in deiner Karriere fast alles geschafft, was man als Mundartmusiker erreichen kann.
Und noch viel mehr. (lacht)
Wonach sehnst du dich noch?
Es gibt noch vieles, was ich erreichen möchte. Meine Karriere ist auf gesunde Weise immer einen Schritt vorwärts gegangen. Es gab nie krasse Unterbrüche. Es ging auch nie komplett in die Höhe und dann wieder komplett runter. Ich bin immer noch da. Ich hatte erst gerade meine erste ausverkaufte Tour und gerne würde ich das weiterhin erleben – es war ein wundervolles Gefühl.
2011 hast du es mit einem Album auf Hochdeutsch versucht, «Auf grosser Fahrt» hiess es und war ein mässiger Erfolg. War das der einzige Moment in 20 Jahren, in dem Baschi nicht authentisch war?
Böse Zungen – also Seven – behaupteten, ich sei völlig unauthentisch. Wie kann man es nur wagen, für einen neuen Markt seine Sprache zu ändern? Alles egal. Der Traum passt zu mir. Der Step, den ich nach Deutschland versucht habe, hätte genauso gut funktionieren können. Es gibt zum Beispiel meinen Song «Unsterblich», eine Ballade, die in einem Kinofilm von Til Schweiger im Abspann lief. Das kann schon funktionieren. Ich habe schon das Gefühl, dass ich noch für etwas Grösseres bestimmt bin. Das ist ein Ansporn, eine innere Motivation.
Du bist dieses Jahr wieder einmal für einen Swiss Music Award als «Best Male Act» neben EAZ und Gölä nominiert. Klappt es diesmal?
Ganz ehrlich, es würde einfach super passen. Ich war schon ein paar Mal nominiert, aber habe nie einen gewonnen. In der Sendung habe ich mir schon einen Award selbst gegossen. Immer mit Augenzwinkern. Dieses Jahr wäre es wirklich unglaublich geil und würde meine 20 Jahre Karriere gut untermalen! Ich überlege mir schon, was ich sagen soll. Aber lass uns nicht mehr darüber sprechen, sonst bin ich nur enttäuscht, wenn es dann nicht so ist und Gölä neben mir aufsteht und sagt: «Sorry, Bäschu!» Aber ganz ehrlich: Wir haben viele männliche Artists in der Schweiz und nur schon zu den drei Nominierten zu gehören, ist für mich eine Bestätigung für das letzte und für dieses Jahr. Aber logisch, wenn du so nah dran bist, dann willst du auch endlich gewinnen.
Du machst kein Geheimnis daraus, dass du dir vorstellen kannst, deine Karriere früher zu beenden als etwa Mick Jagger. Wann hat Baschi genug?
Jetzt werde ich direkt sentimental. Ich glaube, das Wichtigste ist, dass es natürlich rüberkommt. Ich muss nicht mit 60 den Pausenclown machen. Dann mache ich lieber vorher noch ein Restaurant auf oder wandere aus. Ich möchte weiterhin Konzerte spielen, Alben veröffentlichen und als Musiker und Entertainer die Leute unterhalten. Wenn es aber nur noch eine Handvoll Leute interessiert, ist es dann vielleicht Zeit, zurückzutreten.