Basel bringt sich in Stellung
Es ist soweit: Die Art Basel öffnet diese Woche ihre Tore. Und die Stadt Basel macht sich als Gastgeberin bereit für die Aussteller*innen und Besucher*innen der führenden Weltmesse des internationalen Kunstmarktes.
Basel ist in Bewegung: Nicht nur die Fahnen der Art Basel flattern auf der Mittleren Brücke im Wind, auch sonst geht es hektischer zu in der Stadt. Es wird voller, die Besucher*innen aus dem In- und Ausland sind auf den Strassen, in den Trams oder Cafés unterwegs. Die Stadt bringt sich in Stellung und will glänzen – sogar die Gräben der Baustellen vor der Bajour-Redaktion an der Clarastrasse wurden rechtzeitig zum Messebeginn wieder gestopft.
Im letzten Jahr strömten rund 82’000 Besucher*innen an die Art Basel, dieses Jahr wird mit mindestens so vielen gerechnet. Parat sind 287 Galerien aus 40 Ländern und Territorien, die sich an der Art präsentieren. 22 Galerien aus Europa, Asien, Nord- und Lateinamerika sind zum ersten Mal dabei. Basel Tourismus bemüht sich darum, auch die Bevölkerung mit ins Boot zu holen. Letizia Elia, Direktion von Basel Tourismus, sagt zu Bajour: «Es ist das Ziel, die ganze Stadt in das Geschehen um die Art Basel zu involvieren und die Art Basel in der ganzen Stadt sichtbar zu machen.»
«Tausende Menschen sind jetzt in Basel im Einsatz.»Letizia Elia, Direktion Basel Tourismus
Höhepunkt des Jahres ist die Art Basel aber nicht nur für Kunstinteressierte und Sammler*innen aus aller Welt, sondern auch für diverse Firmen in Basel und Umgebung. Von der Messe profitieren verschiedene Branchen, von der Hotellerie über die Gastronomie bis hin zu Taxiunternehmen oder Läden in der Stadt, die auf mehr Kundschaft hoffen können.
«Tausende Menschen sind jetzt in Basel im Einsatz», so Elia. Sie verweist vor allem auch auf die Firmen, die im Hintergrund tätig sind und für die Art-Besucher*innen gar nicht in Erscheinung treten: «Ich denke an die Wäschereien, die die Wäsche an Hotels liefern, an Dekorateur*innen, die an vielen Orten in der Stadt für ein besonderes Setting sorgen, oder an Maler*innen, Transporteur*innen oder Hostess*innen.»
Diese Aufzählung sind nur Beispiele dafür, dass die Art sozusagen ein Gesamtkunstwerk der Menschen in der Stadt ist, die daran mitarbeiten. Und für viele ist die Messe auch eine besondere Chance. Die Hotels in der Stadt seien in den ersten Tagen bis Mittwoch nahezu zu 100 Prozent ausgebucht.
«Um einen Engpass zu vermeiden, gibt es dieses Jahr erstmals Hotelschiffe auf dem Rhein, die am Sonntag hier eingetroffen sind», so Elia. Das Wetter und das Hochwasser hätten die Planung nochmal spannend gemacht. So musste das Rheinschwimmen für Galerist*innen am Sonntag aus Sicherheitsgründen abgesagt werden. Aber die Hotelschiffe sind da und die rund 160 Kajüten gut gebucht.
Eine Hochsaison stellt die Art auch für die Gastronomie dar, die von dem Zustrom der Gäst*innen profitiert. Zum zweiten Mal gibt es eine besondere Charta, die «Charta gegen Preisexzesse und für mehr Gastfreundschaft», die 194 Betriebe (53 Hotels und 141 Gastrobetriebe) unterzeichnet haben. Darin verpflichten sich Restaurants unter anderem, bis 22 Uhr warme Speisen anzubieten, während die Hotels verlängerte Frühstückszeiten garantieren.
Zudem werden die Preise der regulären Speisekarten nicht verändert. Es ist erlaubt, eine extra Speisekarte zur Art Basel anzubieten, aber «ein Teller Spaghetti soll im Restaurant nicht plötzlich mehr kosten, nur weil Kunstmesse ist», so Elia. Ihr ist wichtig zu betonen, dass auch Einheimische von den Angeboten, die während der Art gelten, profitieren können. So auch von den verlängerten Öffnungszeiten während der Art: Im gesamten Kantonsgebiet können Gastronomiebetriebe im Innenbereich durchgängig geöffnet sein und auch im Aussenbereiche dürfen sie länger Gäste empfangen.
«Die Art Basel ist praktisch die einzig verbliebene Hochsaison für Taxibetriebe.»Kurt Schaufelberger, Verwaltungsrat der Taxi-Zentrale AG Basel
Gut beschäftigt sind während der Messetage und -nächte auch die Taxichauffer*innen. Kurt Schaufelberger, Delegierter des Verwaltungsrates der Taxi-Zentrale AG Basel sagt, dass die Art Basel «praktisch die einzig verbliebene Hochsaison» für Taxibetriebe im Hinblick auf den Messestandort Basel sei. Daher sei sein Unternehmen «bemüht, während dieser Zeit mit maximalem Personalbestand sowohl auf der Zentrale wie auch auf der Strasse die erhöhte Nachfrage an Personentransporten abzudecken.»
Auch Limousinen sind zur Art-Zeiten viel mehr im Einsatz als sonst. Das bestätigt Miro Bogdanovic, Geschäftsführer der EdelSwiss International Limousinen GmbH. Für ihn und seine Mitarbeiter*innen ist die Art Basel aber nicht nur ein gutes Geschäft, sondern vor allem auch eine sehr willkommene Abwechslung im Jahr. «Die Kundschaft aus der Kunst- und Kulturszene bringt ein anderes Flair in die Stadt, das gefällt mir sehr», sagt er.
Wie viele Limousinen dieses Jahr gebucht werden, kann er noch nicht sagen, da dies oft sehr kurzfristig geschieht. Aber er erwartet mehr als eine doppelt so hohe Auslastung als sonst. «Gerade nach Corona ist die Zeit der Art Basel nun wichtig für unser Gewerbe», sagt er.
«Frauen im Sexgewerbe berichten, dass sie während der Art Basel in der Regel gut verdienen können.»Hanna Lindenfelser, Geschäftsleiterin Fachstelle Aliena
Zahlreiche Aussteller*innen sind bereits seit einigen Tagen in Basel. Das sagt Natalie Durrer vom familiengeführten Vier-Sterne-Hotel Gaia nahe des Bahnhof SBB: «Wir sind seit einigen Tagen schon sehr gut besucht», sagt sie. In den Tagen von Montag bis Mittwoch ist das Hotel dann zu 100 Prozent ausgebucht, anschliessend gebe es noch einige freie Betten.
Denn wenn die Art Basel ihre Tore für die Öffentlichkeit öffnet, reisten die Gäst*innen aus dem Ausland zum Grossteil wieder ab. Der Betrieb laufe aber trotz des vollen Hauses normal, zusätzliches Personal habe das Hotel Gaia während der Art nicht angestellt. Durrer sagt: «Es ist klar, die Art Basel ist einer der wichtigsten Anlässe im Jahr für uns».
Auch Sexarbeiterinnen kommen während der Art Basel in die Stadt. Das sagt Hanna Lindenfelser von der Fachstelle Aliena für Frauen im Sexgewerbe in der Webergasse: «Frauen, die zu uns in die Beratungsstelle kommen, berichten, dass sie während der Art Basel in der Regel gut verdienen können.» Es werde zwar keine Statistik geführt, anhand derer man belegen könnte, dass die Art Basel – wie oft behauptet – mehr Sexarbeiterinnen anziehe. «Wir merken aber, dass viele Frauen da sind.»
Das Angebot des Treffpunktes am Mittag wurde schon letzte Woche von 40 Frauen besucht, sonst sind es normalerweise zwischen 25 und 30 Besucherinnen. «Letztes Jahr war eine Aliena-Mitarbeiterin während der Art Basel auch aufsuchend an den Arbeitsorten unterwegs und hat sowohl viele Frauen wie auch Kunden angetroffen», so Lindenfelser.
«Es lohnt sich für lokale Galerien oder Firmen gar nicht mehr, grössere, eigene Anlässe auf die Beine zu stellen.»Christian Vultier, Geschäftsführer baselevent gmbh
Einbusse im Vergleich zu früheren Jahren sind offenbar in der Eventbranche spürbar. Die baselevent gmbh profitiert nicht mehr so von der Art Basel, wie es vor Corona oder in früheren Jahren der Fall gewesen ist. Geschäftsführer Christian Vultier sagt: «Die Messe organisiert seit längerem viele Events selbst, dass es sich für lokale Galerien oder Firmen gar nicht mehr lohnt, grössere, eigene Anlässe auf die Beine zu stellen.» Die Messe habe sich in eine Richtung entwickelt, die für Eventorganisationen nicht mehr so viele Aufträge abwirft. «Auch Hostessen werden viel weniger gebucht, weil die Galerien sie reduziert haben oder Mitarbeitende selbst nach Basel mitbringen.»
Das Treiben in Basel dürfte diese Woche auch über die Stadtgrenzen hinaus spürbar sein. Der «Basel Social Club» lädt Besucher*innen gratis zum Kunst-Happening aufs Bruderholz und nach Bottmingen ein. Viele Museen und Galerien bieten Sonderausstellungen oder ein besonderes Programm an.
Die Gäst*innen in Basel sollen sich in der Stadt wohlfühlen, so die Devise. Und die Basler*innen sollen das Gefühl haben, dazu beizutragen, auch wenn sie nicht direkt an den Geschehnissen rund um die Art beteiligt sind. Für zahlreiche Einheimische ist der Eintrittspreis der Art Basel von 69 Franken kaum erschwinglich.
Um den Menschen dennoch das Gefühl zu geben, dazuzugehören, gibt es seit letztem Jahr die Kampagne «I’m part of it.». Es werden Buttons in verschiedenen Farben in der ganzen Stadt verteilt, die sich die Basler*innen anstecken können. Profitieren können sie von den Buttons ansonsten aber nicht. Durch sie soll ein «Wir-Gefühl» entstehen – gerade dann, wenn die Stadt von Touristen eingenommen wird. «Die Basler*innen können so das Image der Stadt als Kunst- und Kulturstadt unterstützen», sagt Letizia Elia.