Pflästerli statt Lösungen

Pflanzentröge, Sonnenschirme, Springbrunnen, Sprühnebelverdunster, Sonnensegel und Pergolen. Das ist keine Shoppingliste einer Traumhaus-Makeover Fernsehserie, sondern die vorgeschlagenen Massnahmen der Basler Behörden zur Hitzereduktion im Sommer.

Titelbild Quartierbefragung
Basel sucht nach dem richtigen Rezept gegen die Hitze im Sommer (Bild: Adobe / Illustration Florian Scheller)

Bei diesem Herbstwetter geht es schon fast wieder vergessen, aber der Sommer 2022 war heiss – richtig heiss! 23 Hitzetage, anstatt der jährlichen 14 waren es in Basel. Es entging auch dem Bau- und Verkehrsdepartement des Kantons Basel-Stadt (BVD) nicht, dass in der Mittagspause der versiegelte und graue Messeplatz oder der schattenlose Barfüsserplatz menschenleer blieben. 

Jetzt will das BVD Abhilfe schaffen. Doch städtebauliche Massnahmen zur Hitzereduktion sind nicht husch husch geplant und umgesetzt. Beispiel gefällig? 

2017 nahm man die Planung für die Umgestaltung der Freien Strasse in Angriff. Mitte 2019 sprach der Regierungsrat die nötigen finanziellen Mittel, Baubeginn war im August 2020, den voraussichtlicher Projektabschluss datiert das BVD auf November 2023. Doch wie Bajour berichtete, plante man das 16 Millionen teure Umgestaltungsprojekt, abgesehen von einem Baum, ohne permanente Grünflächen. Probleme sind programmiert, das wurde im Hitzesommer 2022 deutlich.

Die Basler Verwaltung zog aus diesem Fehler ihre Lehren. Doch für permanente Massnahmen reicht die Zeit für Planung und Umsetzung, geschweige denn für den politischen Prozess, einfach nicht. Der nächste Sommer kommt viel zu schnell. 

Nach der breiten Kritik an den vielen versiegelten Flächen in Basel, sucht das BVD nun nach Übergangslösungen. Es will «mit temporären Begrünungen und Beschattungen dazu beitragen, dass lokal und kurzfristig kühlere Orte mit verbesserter Aufenthaltsqualität entstehen». Die vorgeschlagenen Massnahmen reichen von Sprühnebelanlagen, bis zu gespannten Sonnensegeln über Flaniermeilen und grossen Plätzen. Der Nutzen bleibt umstritten und örtlich beschränkt. 

Temporäre Massnahmen zur Hitzereduktion
Diese Massnahmen stehen zur Auswahl. (Bild: BVD Basel-Stadt)

Sprühnebel macht Spass 

Bei der Suche nach möglichen Standorten kommen die 16 neutralen Quartiervereine von Basel-Stadt ins Spiel. Alle, ausser die Quartiervereine Bruderholz, Hirzbrunnen und Riehen. «In diesen Basler Quartieren sind temporäre Massnahmen zur Hitzereduktion nicht nötig, wie unsere Analysen ergaben», sagt Susanne Fischer, Projektleiterin und Stv. Abteilungsleiterin der Städtebau-, Architektur- und Raumplanungs-Abteilung des BVD. 

Um diese Standorte in den Quartieren zu finden, habe das BVD eine nicht repräsentative Umfrage bei den Vorständen der Quartiervereinen durchgeführt. «Die Menschen vor Ort sollen mit ihren persönlichen Erfahrungen aus dem täglichen Leben zu Wort kommen, damit wir bei der Planung auch die Dynamik des Quartierlebens berücksichtigen», sagt Fischer.  

Die Umfrage ist noch nicht abgeschlossen, auch weil gewisse Vereine um zeitlichen Aufschub baten. Und ohne abschliessende Antworten verschieben sich die konkreten Umsetzungspläne nach hinten. «Nach der Datenauswertung präsentieren wir in den kommenden Monaten verschiedene Pläne. Orte und Massnahmen.»

Diesen Sommer wurden bereits mit Erfolg drei Sprühnebelanlagen von StadtKonzeptBasel eingesetzt. «Ob es nächsten Sommer wieder Sprühnebelanlagen in der Innenstadt gibt, weiss ich nicht. Sie sind aber bei der Bevölkerung sehr gut angekommen und machten den Leuten Spass», sagt Susanne Fischer anhand persönlicher Beobachtungen. «Es sind aber insgesamt Massnahmen solcher Art für den nächsten  Sommer im kleinen Umfang und für später in einem grösseren Umfang angedacht.» Erfahrungen mit Projekten zur Temperaturreduktion hat das BVD durch den direkten Austausch mit Zürich, Bern und Wien. «Die Bedingungen und Situation sind überall unterschiedlich, aber wir profitieren gegenseitig von bestehendem Know-How.»

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«Keine weiteren Flächen versiegeln» 

Bei den Basler Quartiervereinen treffen die vorgeschlagenen Massnahmen auf gemischte Reaktionen. Aus Sicht von Simon Martin, Vorstandsmitglied des neutralen Quartiervereins St.Johann, eignen sich die vom BVD vorgeschlagenen Massnahmen nicht zur Hitzereduktion. Er fordert vielmehr, dass die Basler Behörden bei der Planung ansetzen. «Wichtig ist, dass nicht noch weitere Flächen versiegelt werden, neue bodengebundene Begrünung geschaffen und die Asphaltflächen reduziert werden.» 

Auch Fausi Marti, Präsident des Neutralen Gundeldinger Quartiervereins, erhofft sich mehr vom BVD: «Es muss mehr als diese Symptombekämpfung passieren.» Er fordert «asphaltierte Flächen aufreissen» und «mehr Grünfläche in unseren Quartieren». Auch solle man nicht in blinden Aktionismus verfallen, nur weil dieser Sommer besonders heiss war.   

Daniel Reicke vom Neutralen Quartierverein Spalen-Gotthelf schlägt die Begrünung von Hausfassaden als Massnahme vor, um die Temperaturen im Sommer zu reduzieren. Als Übergangslösung kann er sich aber durchaus mit den Vorschlägen des BVD anfreunden. 

Christoph Wydler vom Neutralen Quartierverein Neubad teilte dem BVD hingegen schriftlich mit: «Wir sehen in unserem Quartier keine weiteren Orte, wo sich Personen gerne im Schatten aufhalten würden, darum haben wir keine Quartierbefragung durchgeführt.» Bäume in Töpfen auf dem Neuweilerplatz (der grössten versiegelten Fläche im Quartier) und Sonnensegel mit Sitzgelegenheiten auf dem Steinbühlmätteli, seien vom Quartierverein aber durchaus gewünscht.

Der Neutrale Quartierverein Oberes Kleinbasel hat im Juli eine Bewohner*innenumfrage durchgeführt. Thema: Massnahmen für mehr Nachhaltigkeit, mehr Grünflächen und für eine Temperaturreduktion. Die Befragung habe gezeigt, «dass die Mitglieder generell für Begrünung offen sind», jedoch wolle man keine «Diskriminierung von einzelnen Mobilitätsteilnehmern», betont Hans-Peter Ebneter, Vorstand des Quartiervereins.

Die Quartierenvereine sind also durchaus offen für die vorgeschlagenen Massnahmen. Jedoch sehen sie vieles nur als ein Tropfen auf den heissen Stein. Um das Stadtklima nachhaltig zu verbessern, werden vom BVD weitaus umfassendere Massnahmen gefordert. 

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