Aus der Mitte entspringt der Zweifel
Baselbieter Jungparteien unterstützen den Klimastreik beim Widerstand gegen das geplante Flüssiggas-Terminal in Muttenz. Auch die Junge Mitte macht mit – entgegen der Ansicht ihrer Mutterpartei.
Die Pläne eines Flüssiggas-Terminals auf dem Areal des Industriegebiets Schweizerhalle in Muttenz bewegen die Gemüter. Nachdem der Klimastreik am vergangenen Samstag vor dem Hauptsitz des Gasverbunds Mittelland (GVM), der das Projekt derzeit prüft, in Arlesheim demonstriert hat (Bajour berichtete), äussern sich nun auch diverse Baselbieter Jungparteien dazu.
In einer gemeinsamen Medienmitteilung sprechen sich die Juso, das Junge Grüne Bündnis, die junge EVP, die Jungen Grünliberalen und die Junge Mitte gegen das Projekt aus. In der Mitteilung heisst es: «Der rückwärtsgewandte Ausbau von fossilen Energien inmitten der Klimakrise bremst den dringend notwendigen Ausbau erneuerbarer Energien gefährlich aus.»
Bei Flüssiggas handelt es sich im medialen Diskurs meistens um LNG, Liquified Natural Gas. Das ist Erdgas, welches unter grossem Energieaufwand in einen flüssigen Zustand heruntergekühlt wird und so einfach in Containern (und eben nicht mühsam durch eine Pipeline) transportiert werden kann. An einem Flüssiggas-Terminal wird das flüssige Gas wieder gasförmig und kann so ins Gasnetz eingespeist werden.
Im Dezember wurde durch ein Interview des GVM-Chefs in der Sonntagszeitung publik, dass das Unternehmen noch dieses Jahr das erste Flüssiggas-Terminal der Schweiz bauen wolle. Später wurde kommuniziert, dass die Anlage auch eine Investition in eine grüne Gasinfrastruktur sein soll – denn sie soll so konzipiert werden, dass man damit auch grünes Biogas und synthetisches Methan ins Gasnetz einspeisen könne (Bajour berichtete).
Dass die Junge Mitte sich dieser Aussage anschliesst, überrascht. Denn der Vorstand ihrer Mutterpartei befürwortet die Pläne eines Flüssiggasterminals, wie Parteipräsident Silvio Fareri auf Anfrage bestätigt. «Grundsätzlich begrüsse ich es, dass sich die Jungpartei eine eigene Meinung bildet und sich mit dieser zu Wort meldet. Als Vorstand vertreten wir eine andere Ansicht.»
Gerade im Sinne der Gas-Versorgungssicherheit seien «kurzfristige Massnahmen» wie dieses Flüssiggasterminal aus Sicht der Mitte eben notwendig und entsprechende Investitionen erfreulich. «Wir stehen derweil voll und ganz hinter den Zielen des Kantons, bis 2050 klimaneutral zu werden», so Fareri.
Warum weicht die Jungpartei hier von dieser Meinung ab? Rahel Amacker, Vorstandsmitglied der kantonalen Jungpartei und Generalsekretärin der nationalen, erklärt, dass «sehr viel diskutiert» wurde, ob man sich der Medienmitteilung anschliessen wolle oder nicht. Das Argument der Versorgungssicherheit habe man dabei durchaus auch als wichtig erachtet.
«Umgestimmt hat uns dann aber das Argument, dass diese Investition den Druck zum Ausbau erneuerbarer Energien senken würde», sagt Amacker. «Wir haben die Energiewende bisher verschlafen – aber es ist keine Frage der Technologie mehr, die ist nämlich da, sondern eine des politischen Willens, die Infrastruktur auszubauen.»
«Jetzt noch Geld und Energie in fossile Infrastruktur zu stecken, würde keinen Sinn machen.»Rahel Amacker, Vorstandsmitglied Junge Mitte
Der GVM bezeichnet sein Vorhaben bislang als notwendige Infrastruktur für eine Transformation hin zu grünen Gasen, da die Anlage dereinst auch auf Biogas ausgelegt sein soll. Damit konfrontiert, verweist Rahel Amacker auf den bislang geringen Anteil von Biogas im Schweizer Gasnetz: «Dafür allein wäre der Bau eines Terminals unternehmerisch wohl nicht sinnvoll.»
Sie sieht den Flüssiggas-Vorschlag daher als Kompromisslösung zwischen verschiedenen Stakeholdern an. «Kompromisse sind wichtig in der Politik. Aber im Bereich Klimaschutz müssen wir ambitionierter und konsequenter werden. Sie erwähnt die «klare Sprache», die der jüngste Bericht des Weltklimarates IPCC spreche: demnach ist die Klimakrise eineexistenzielle Bedrohung, wenn wir nicht handeln.
Während aus der sonst so sehr auf Kompromisse gepolten Mitte-Partei also klare Worte kommen, denkt man woanders bereits über genau jene Kompromisse nach. Thomas Tribelhorn ist GLP-Präsident und CEO bei der Energiegenossenschaft ADEV. Er kann die Positionierung der jungen GLP nachvollziehen, wird beim Thema Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit von russischem Gas dennoch nachdenklich.
«Eine Lösung könnte sein, mit dem Bau des Flüssiggas-Terminals Verpflichtungen zu verknüpfen», sagt er. Da ist die Idee, «zur kurzfristigen Stabilisierung der Gasversorgung» den LNG-Umschlag am Terminal zeitlich zu begrenzen. Oder dann eben Auflagen zur CO2-Kompensation.
Ob sich der Klimastreik mit solchen Lösungen zufriedengeben würde, ist fraglich. Mit einem Ultimatum bis zum 20. Mai haben sie vom GVM gefordert, die Pläne zum LNG-Terminal zu sistieren.
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