«Beni, das wird ein super Fussballjahr!»
Das Fussballjahr 2020 sah vor zwölf Monaten noch so rosig aus: Im Sommer sollte EM sein und die Schweiz mitspielen. Doch dann kam Corona.
Ich klopfe meinem Bruder auf die Schulter und frohlocke: «Beni, das wird ein super Fussballjahr!» Wir haben soeben unsere Neujahrssitzung beendet und schauen gespannt auf das Jahr 2020. Im Sommer winkt mit der Europameisterschaft ein Fussballfest und die Schweiz spielt mit.
Drei Monate später sitzen wir am selben Tisch, schauen dumm aus der Wäsche und sehen unseren grossen Traum platzen: Didi zu. Keine Einnahmen. Keine Zukunft für die Beiz.
«Wir hofften, dass etwa gleiche viele Teams mitmachen wie vor Ort im Didi Offensiv. Also etwa 15 bis 18 Teams.»
Nach dieser lethargischen Bleie, die sich über einen legt, wenn man geschockt ist, kommt so etwas wie Enthusiasmus zurück. Wir entscheiden uns dazu, unsere Pub-Quiz als Stream auszustrahlen. Einfach, damit wir etwas machen können. Wir diskutieren: Das Streaming ist ein grosser Aufwand. Wir hoffen, dass etwa gleiche viele Teams mitmachen wie vor Ort im Didi Offensiv. Also etwa 15 bis 18 Teams mit maximal fünf Personen.
Und dann kommt das: In Spitzenzeiten machen 200 verschiedene Teams gleichzeitig mit. Wir sind überwältigt.
«Man kann gar nicht in Worte fassen, was es bedeutet, wenn man so viel Solidarität spürt.»
Neben den Informationen zum Quiz schalten wir eine digitale Getränkekarte auf, mit der man uns unterstützen kann. Dass wir unsere Existenz mitunter aufgrund der unglaublichen digitalen Trinklaune unserer Unterstützer*innen (bis jetzt) retten können, ist einfach unglaublich.
Man kann gar nicht in Worte fassen, was es bedeutet, wenn man so viel Solidarität spürt. Nicht nur aus der Schweiz, auch Teams aus Österreich, Deutschland und gar Mexiko spielten mit.
Der Sommer wird tatsächlich ein Fussballsommer: Wir können unseren Aussenbereich ausbauen und messen jeden Zentimeter aus. Der Herbst plätschert irgendwie dahin, die Emotionen im Fussball fehlen – vor allem in Basel – fast komplett und wir hoffen einfach auf bessere Zahlen (in vielerlei Hinsicht). Dass ein rentabler Betrieb nicht wirklich möglich ist, wird relativ schnell klar. Wegen der Schutzmassnahmen ist die Kapazität massiv beschränkt.
Gerade im Sommer, bei Spielen des FCB oder in der Champions League, mussten wir sehr viele Gäste abweisen. Das ist bitter. Im Unterbewusstsein stellten wir uns auch regelmässig die Fragen: «F%&! , was machen wir, wenn wir das Didi wegen eines Coronafalls schliessen müssen? Gelten wir dann als Virenschleuder?» und «Setzen wir das Schutzkonzept richtig um, und haben wir die vierte überarbeitete Auflage auch wirklich verstanden?»
«Dieses Jahr war so unglaublich bedrückend, beängstigend, frustrierend, mühsam und vor allem auch relativierend.»
Dann kommt der zweite Lockdown. Im Frühling hatten wir das süffige Pale Ale «Swedish Summer Dream» im digitalen Getränkeangebot, dieses nennen wir im Dezember in «Swiss Winter Dream» um. Es ist unsere Art, mit diesen bedrückenden Zeiten klarzukommen, denn im zwölften Monat dieses unfassbaren Jahres streamen wir wieder.
Als Beni und ich vor rund sieben Jahren eine Fussballkulturbar eröffnen wollten und mit diesen Plänen an unsere Freund*innen gelangten, gab es logischerweise kritische Stimmen: «Wollt ihr das wirklich machen? Die Gastronomie ist ein hartes Pflaster!» Wer hätte damals gedacht, dass ein Virus der Grund dafür sein wird, dass das Didi Offensiv vorübergehend schliessen muss.
Dieses Jahr war so unglaublich bedrückend, beängstigend, frustrierend, mühsam und vor allem auch relativierend. Es zeigt aber eindrücklich auf, was mitunter der Mehrwert der Gastronomie ist: Leute zusammenbringen.
Wir haben im Didi Offensiv sehr viele unterschiedliche Menschen zu Gast – auch viele, die nun wohl privat oder beruflich unter diesem Virus leiden. Ich hoffe sehr, dass wir bald wieder zusammen in Ruhe über Fussball reden können. Die wichtigste Nebensache der Welt.