Braucht die Fasnacht ein Awareness-Team?
Die Fasnacht soll ein freudiges Erlebnis sein, doch es gibt immer wieder auch Menschen, die sich nicht wohlfühlen. Die Juso beider Basel kritisieren die Basler Fasnacht als unsicheren Raum für Frauen, queere Menschen und rassifizierte Menschen. Trotz des Leitfadens gegen Diskriminierung, den das Fasnachtscomité letztes Jahr kommunizierte, seien bisher keine «echten Schutzmassnahmen» vorhanden. Während der Fasnacht würden sich viele in der Straflosigkeit der Narrenfreiheit und der Anonymität wähnen, hinzu komme der hohe Alkoholkonsum. Die Juso fordert deshalb konkrete Massnahmen, wie ein Awareness-Team und eine Notfall-Hotline. Ein Konzept, das diese Forderungen erfüllt, wurde erst kürzlich für den anstehenden ESC in Basel angekündigt. Dort wird es eine 24/7-Hotline und Anlaufstellen vor Ort geben, an die sich alle Menschen wenden können, wenn sie Gewalt oder Diskriminierung erfahren.
Worte reichen nicht, jetzt müssen Taten folgen!
Auch an der Fasnacht muss man sich an gewisse Regeln halten. Keine Äußerungen jeglicher Art welche Diskriminierung, Rassismus, Ausländerfeindlichkeit oder Sexismus beinhalten. So steht es auch in den Verhaltensregeln des Comité. Wie die Vergangenheit und die diesjährige Fasnacht zeigt, sind diese Grundsätze leider nicht für alle so klar. Deshalb ist es folgerichtig, wenn es nicht nur Regeln gibt, sondern auch Massnahmen, damit diese eingehalten werden. Worte alleine reichen nicht mehr aus! Zudem braucht es eine niederschwellige und zugängliche Stelle wo sich Betroffene melden können
Awareness-Team? Ich denke: Nein
Bei allem Verständnis für das Bestreben, inakzeptable Auswüchse auch an der Fasnacht zu verhindern, halte ich den Einsatz von Awareness-Teams für verfehlt. 24/7-Hotline: oK - aber für die Tätigkeit von Awareness-Teams würde ich mich eher auf Selbstregulation verlassen (und natürlich Haltung und allfällige Eingriffe des Fasnachts-Comités): Ich finde beispielsweise den Namen der Gugge „Rhygass-Negros“ unsäglich und klar rassistisch - aber meines Erachtens disqualifiziert sich die Gugge selbst … Und was wäre in diesem Fall die Aufgabe und Kompetenz eines Awareness-Teams?
Das Goschdym ist kein Freipass
Um diskriminierende Sujets, Kostüme oder Zeedel zu melden, mag ein Awareness-Team hilfreich sein. Wenn es aber darum geht, dass junge Frauen gezielt von betrunkenen Personen die Larven tragen, verfolgt, mit Räppli gestopft und angefasst werden, weil diese sich hinter den Larven sicher und unerkannt fühlen, dann hilft es auch nichts, wenn irgendwo am anderen Ende der Stadt jemand vom Awareness-Team mit einer Warnweste unterwegs ist. Was es braucht, ist die Einsicht, dass trotz Fasnacht, trotz Narrenfreiheit, trotz Larve persönliche Grenzen, die sonst gelten, nicht ungefragt überschritten werden dürfen.
Mir ist bewusst, ich wiederhole mich.
Awareness Teams und weiss ich was, braucht es immer mehr, weil viele in der Gesellschaft keine Vorbilder mehr sind. Wie sollen sich Menschen zu einer sich gegenseitig respektierenden und akzeptierenden Gesellschaft entwickeln, wenn nur noch wenige da sind, welche es vorleben. Dies fängt bei den Eltern an, geht weiter über Kitas, Schulen und am Schluss ins Berufsleben. Heute verbringt man mehr Zeit, dem Nachwuchs andauernd zu sagen, wie benachteiligt dieser ist und wie dieser gegen Alles und Jedes Kämpfen muss. Die Zeit in Vermittlung von Werten, auch in das Aufzeigen der Vielfältigkeit von Mitmenschen zu investieren, würde all die Awareness Teams und Ähnliches überflüssig machen. Man könnte sich wieder mit Anstand und Respekt begegnen. Aber ja, Awareness Teams sind zur Zeit nötig, weil wir als Gesellschaft falsch abgebogen sind. Alles ist nur noch Kampf !!! Dabei wäre Empathie (falls vorhanden) soviel gewinnbringender ;-)