Wie Asterix im Bundeshaus – bloss ohne Zaubertrank
Christoph Eymann tritt Ende Woche als Nationalrat zurück. Das Mandat bleibt aber in der Familie: Auf ihn folgt Patricia von Falkenstein, die Mutter seiner Kinder. Eine kleine Bilanz seiner Amtszeit.
Ein Basler LDPler im Bundeshaus, das ist wie Asterix bei den Römer*innen – ohne Zaubertrank nicht ganz einfach. «Es muss einfach klar sein, dass die Basler LDP als eine Art gallisches Dorf ein Unikat ist. Die Freisinnigen der Bundeshaus-Fraktion, der ich als Liberaler angehöre, waren an sich ‹liebe Römer›, sind aber anders als wir von der LDP. Wir in Basel müssen unsere Eigenständigkeit als LDP bewahren», sagt Christoph Eymann im Interview mit «Onlinereports».
Er muss es wissen. Der frühere Basler Regierungsrat (2001 bis 2017), sitzt seit 2015 schon zum zweiten Mal im nationalen Parlament. Und da es die LDP nur in Basel-Stadt gibt, war er Teil der FDP-Fraktion (ähnlich wie Sibel Arslan, die als Basta-Politikerin in Bern in der Grünen Fraktion sitzt). Die FDP hat den Basler zwar «nett und freundlich» behandelt, aber Eymann blieb ein Exot. Liberal, aber mit anderen politischen Schwerpunkten als die Mehrheit seiner Kolleg*innen. Oder wie Eymann zu Bajour sagt: «Den Unterschied zwischen dem Schweizer Freisinn und dem Basler Liberalismus spürt man schon.»
Wunder sind Eymann deshalb keine gelungen. Wenn er als ehemaliger Basler Bildungsdirektor mehr Geld für die Universitäten wollte, dann brachte er das in der Bundeshaus-Fraktion nicht durch. Auch wenn er, als Direktor der Skos, in liberaler Tradition mit sozialen Fragen kam, blieb er oft mehr oder weniger allein. Die Fraktionsmehrheit argumentierte stets mit den Staatsausgaben, die nicht wachsen dürften.
Trotzdem: Gelitten habe er nicht, sagt Eymann. Ihm sei ja einiges gelungen:
- Die frühe Sprachförderung von fremdsprachigen Kindern. Basel war unter Eymann der erste Kanton, der bereits Kinder vor dem Kindergarten förderte. Als Nationalrat verankerte Eymann die Frühförderung national.
- Die Förderung der Fotovoltaik und von Energieeffizienz-Massnahmen.
- Die Aufstockung der Mittel für die berufsorientierte Weiterbildung um 20 Millionen Franken.
- Die gezielte Förderung der medizinischen Ausbildung ebenfalls in der Botschaft Bildung, Forschung, Innovation 2021 bis 2024.
- Ein nationales Forschungsprogramm gegen die Alzheimer-Krankheit.
- Vorerst einmal die Zustimmung des Nationalrats zu seiner Forderung, anonymisierte Patient*innendaten der Humanforschung zur Verfügung zu stellen. Dies, um zum Beispiel die Erkenntnisse aus der Corona-Bekämpfung nutzen zu können.
Die ganz grossen Würfe sind das nicht, dazu fehlt Eymann der Stallgeruch. Das war in seiner ersten Zeit als Nationalrat (von 1991 bis 2001) noch anders. Damals war die Liberale Partei noch nicht in der FDP aufgegangen und konnte im Bundeshaus eine eigene Fraktion bilden.
Aber Eymann hat mit seinem diplomatischen Wesen auch hinter den Kulissen einiges bewirken können. Sein sehr gutes Verhältnis zu Johann Schneider-Ammann, von 2010 bis 2018 als Bundesrat Vorsteher des Eidgenössischen Departementes für Wirtschaft, Bildung und Forschung, liess ihn in Bildungsfragen zu einem wichtigen Player werden.
Als Mitglied der WBK, der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur, habe er eine wichtige Funktion inne, meint Fraktionskollege Christian Wasserfallen aus Bern: die des Doyens. Als ehemaliger Regierungsrat habe er die Mechanismen im Zusammenspiel von Bund, Kantonen und Gemeinden den jüngeren Mitgliedern erklären können, wie niemand sonst.
Überhaupt sei Eymann in der FDP-Fraktion auch wegen seiner umgänglichen Art Fraktion sehr geschätzt worden. Seine oft abweichende Haltung sei nie ein Problem gewesen, erklärt der Berner Nationalrat, der als Atomlobbyist in der Energiepolitik meilenweit weg von Eymann steht.
Skos-Präsident, Co-Präsident der Solar Agentur Schweiz, Vorstand von educationsuisse – Eymann engagiert sich für sozial Schwache, für erneuerbare Energien und für die Bildung auf allen Ebenen. Wäre er da in der grünliberalen Fraktion nicht besser aufgehoben?
Katja Christ, Basler Mitglied der bei den letzten Wahlen stark gewachsenen GLP-Deputation, fragt leicht ungläubig: «Haben Sie ihn das wirklich gefragt? Da wird er sicher eher ungehalten reagiert haben.» Ungehalten nicht, aber deutlich: «Ich habe diese Politikfelder schon bearbeitet, da gab es die GLP noch nicht einmal als Idee.» Sowas käme für ihn ja gar nie in Frage, erklärt Eymann. Das ist vielleicht auch familiäre Ehrensache. Als Eymann wird man quasi in die Liberale Partei hineingeboren.
SP-Nationalrätin Sarah Wyss bedauert, dass Eymann den Hut nimmt. Eymanns Einfluss für die Region in Bern sei nicht zu unterschätzen. Wyss freut sie sich aber auch auf Nachfolgerin Patricia von Falkenstein, die sie sehr mag. Die Mutter von Eymanns Kindern, von denen eines, Annina von Falkenstein, bereits für die LDP im Grossen Rat sitzt, wird im November im Nationalratssaal jenen Platz einnehmen, auf den sie lange gewartet hat, und ganz im Sinne der Familientradition, das Fähnchen der Basler Liberalen hochhalten.
Das gallische Dörflein im Bundeshaus lebt weiter.