Die Industrie verbraucht viel mehr Strom als dein Weihnachtsbaum

Zwischen den Jahren wird der Stromverbrauch in Basel wohl so niedrig sein wie seit zehn Jahren nicht mehr. Denn obwohl der private Verbrauch steigt, stehen die Maschinen in der Industrie still.

Weihnachtsbeleuchtung
Der Vorgarten wird zum Leuchtgewitter. Und ausgerechnet jetzt ist der Stromverbrauch so niedrig wie nie?

Es blinkt und leuchtet an allen Häuserecken: Ausgerechnet Weihnachten soll eine Verschnaufpause im kantonalen Stromverbrauch sein? Hätten wir nicht die Fakten vor uns liegen, würden wir’s wohl nicht glauben: Die Woche zwischen Weihnachten und Neujahr ist seit Beginn der Messungen 2012 immer jene Woche mit dem mit Abstand niedrigsten Stromverbrauch im ganzen Jahr (ausgenommen die Lockdown-Phase 2020):

Das geht aus den Daten zum Kantonalen Stromverbrauch hervor, die von der hiesigen Stromversorgerin IWB regelmässig veröffentlicht wird. Da der Stromverbrauch in diesem Jahr wegen hoher Kosten – zum Jahreswechsel erhöhen die IWB die Jahrestarife um bis zu 15 Prozent – generell niedrig liegt, könnte der Stromverbrauch der Bevölkerung vom 24. bis 31. Dezember 2022 der niedrigste seit Messbeginn sein. 

Für das Tal zwischen den Jahren in der Grafik gibt es einen simplen Grund, wie IWB-Pressesprecher Erik Rummer erklärt: «Das liegt daran, dass viele Industriezweige grossflächig Betriebsferien machen.» Der Betrieb von Industriemaschinen – weitaus stromintensiver als jedes Lametta-Leuchtgewitter am Eigenheim – fällt weg. 

Betriebe sind dunkel, Drämmli reduziert 

Der niedrige Stromverbrauch in dieser Zeit zieht sich durch die ganze Gesellschaft: Es fahren weniger auf Strom angewiesene Drämmli. Geplante OPs in den Spitälern werden kaum auf die Zeit zwischen den Jahren gelegt. Das betrifft eben nicht nur die Weihnachtsfeiertage selbst, sondern die komplette letzte Woche des Jahres.

«Der grösste Anteil des Stromverbrauchs machen in Basel nunmal Unternehmen und Firmen aus», so Rummer. Besonders gut ersichtlich wird das, wenn man den Stromverbrauch genauer analysiert, nämlich aufgeteilt zwischen privaten Haushalten und der Industrie: Während Haushalte im Sommer bedeutend weniger Strom verbrauchen, bleibt die industrielle Nutzung das ganze Jahr über stabil: Bis eben auf Weihnachten/Neujahr.

Gas teurer als Öl

Zuhause sieht es ganz anders aus: Dort wird zwischen den Jahren eben besonders viel Strom verbraucht. Wer sparen will, bekommt vom Bund grundsätzliche Tipps (Heizung runterdrehen, Lichter löschen, duschen statt baden). Speziell für die Feiertage gibt es Tipps im österreichischen Technik-Magazin futurezone. Dort wird empfohlen:

  1. den Backofen nicht vorzuheizen,

  2. die Streaming-Qualität runterzudrehen, wenn sie nicht benötigt wird,

  3. die Zeit mit der Spielekonsole zu begrenzen,

  4. das TV-Gerät auszuschalten und auf Radio zu wechseln, wenn man nur «nebenbei» etwas laufen lässt und

  5. eine Zeitschaltuhr für LED-Beleuchtung zu verwenden.

Auch Gas ist teuer geworden: Die IWB erhöhten die Preise im Oktober um 44 Prozent. Mediensprecher Erik Rummer rechnet vor, dass das für Kund*innen, die mit Gas kochen, 50 Franken mehr im Jahr entspreche. Der Grossteil der Gaskund*innen nutzt dieses aber zum Heizen: Hier macht die Steigerung für Einfamilienhäuser (mit Jahresverbrauch 20’000 KWh) satte 1000 Franken im Jahr aus

Entsprechend stellten die IWB im Oktober und November einen stark verminderten Gasverbrauch fest: Im Vergleich zu den Vorjahresmonaten wurden knapp 50 Prozent weniger Gas verbraucht. Im Oktober dürfte das warme Wetter ausschlaggebend gewesen sein, erklärt Erik Rummer. Im November seien viele «zweistofffähige Anlagen», die also sowohl mit Gas als auch mit Öl heizen können, auf Heizöl umgestiegen. Diese Anlagen kommen in der Industrie im Einsatz – sie folgt damit der Empfehlung des Bundesrats

Fertig fossil bis 2037 

Da die Gasverbrauchsdaten in Basel nicht im selben Masse verfügbar sind wie beim Strom, liegen noch keine Daten für Dezember vor – vor allem aber das Heizverhalten während der Minustemperaturen Mitte des Monats dürfte hier aussagekräftig sein.

Dem Gas wie auch dem Öl geht es grundsätzlich an den Kragen: Bis 2037 sollen die Hähne zugedreht und das Fernwärmenetz fertig ausgebaut sein, schreibt die bz. Und bereits seit 2017 dürfen in der Regel keine neuen Gasheizungen mehr in Wohnungen eingebaut werden. Spätestens, wenn Basel klimaneutral sein soll, muss man sich also keine Gedanken mehr darüber machen, ob man an Weihnachten wegen der hohen Energiekosten frieren soll.

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