«Politik ist keine One-Man-Show»

Jonas Lüthy wurde zum Präsidenten der Jungfreisinnigen Basel-Stadt und zum Vizepräsidenten der Jungfreisinnigen Schweiz gewählt. Für jemanden, der so im Rampenlicht steht, redet der 20-Jährige erstaunlich ungern über seine Erfolge.

Jonas Lüthy
Jonas Lüthy: Mit 20 Jahren hat der Jungpolitiker schon einiges erreicht.

Es ist ein frühlingshafter Nachmittag am Andreasplatz. Jonas Lüthy sitzt auf einer Bank mit seinem Tablet in der Hand. Er ist modisch gekleidet, selbstsicher im Auftritt, aber gleichzeitig zurückhaltend und interessiert. Lüthy wirkt zufrieden und aufgestellt. Wieso auch nicht? Ende Februar wurde der 20-Jährige Präsident der Jungfreisinnigen Basel-Stadt, und seit letzter Woche ist er auch Vizepräsident der Jungfreisinnigen Schweiz.

Hier im «Ängel oder Aff» geht Lüthy gerne mit Freund*innen einen Kaffee trinken, erzählt er. Heute wählt er eine Limonade. Es ist ein Ort, an dem man in der Innenstadt eine doch seltene Ruhe erleben kann. Das mag nach einer so intensiven Zeit wohl gut tun. «Der Schritt zum Präsidenten der Jungfreisinnigen Basel-Stadt ist ein kleinerer, als jener zum Vize der nationalen Partei», erklärt er. Mit dem abtretenden Präsidenten der kantonalen Sektion, Dominik Scherer, habe Lüthy schon lang eng zusammengearbeitet, «es war eher eine Frage, wessen Name unter den Medienmitteilungen steht».

Im nationalen Vorstand ist Lüthy seit drei Jahren, bis jetzt war er vor allem für die visuelle Kommunikation zuständig. Jetzt hat er eine repräsentative Funktion, deshalb müsse er sich präziser ausdrücken. Das gelingt dem Jungfreisinnigen, er nimmt sich Zeit, um nachzudenken, statt wie aus der Pistole geschossen zu antworten.

Jonas Lüthy mit Linda Fuchs
Jonas Lüthy am Kongress der Jungfreisinnigen mit Linda Fuchs, der anderen Kandidatin für das Vizepräsidium.

«Ich habe kandidiert, weil ich mehr Verantwortung übernehmen wollte», meint Jonas Lüthy. Und welche Themen möchte er einbringen? «Ich möchte Leuten eine Stimme geben, die sich von linker bevormundender Politik nicht abgeholt fühlen», sagt der junge Basler. Lüthy glaubt, in Basel gebe es durchaus liberale junge Menschen, die freisinnig denken. Diese will Lüthy ansprechen. Eine Person alleine könne den Kurs aber nicht bestimmen, das mache die gesamte Partei, betont Lüthy. «Politik ist keine One-Man-Show.»

Diesen Satz wiederholt Lüthy oft. Trotz der neuen Machtpositionen wirkt er verlegen, über seine eigenen Erfolge zu reden. Hinter ihm stünden verschiedene Leute, die ihm den Rücken stärkten, sagt Lüthy. Ein besonderes Lob spricht er David Mumenthaler, dem Vizepräsidenten der Jungfreisinnigen Basel-Stadt, aus: «Mit David kann ich immer reden, wenn ich Rat oder eine zweite Meinung brauche.» Im Wahlkampf für das Vizepräsidium sei es für Lüthy nicht einfach gewesen, sich selbst so in den Vordergrund zu stellen, «Ich rede lieber über Inhalte». Na dann. Reden wir über die Probleme des Freisinns: Frauen und Wähler*innen.

«Ja klar, es gibt Handlungsbedarf.»

von Jonas Lüthy

Haben die beiden an der Spitze der kantonalen Jungpartei vor, etwas an der internen Frauenquote zu ändern? Im Vorstand der Basler Jungfreisinnigen sitzt keine Frau und seit dem Rücktritt von Karin Sartorius gibt es auch keine weibliche Vertretung der FDP im Grossen Rat. «Wir haben sehr viele gute Frauen in der Partei», sagt Lüthy, «wir selektionieren aber nicht nach Geschlecht». Grundsätzlich wolle die Partei junge Leute erreichen und sie würden sich über «jeden Menschen freuen». Nach genauerem Überlegen gesteht er ein: «Ja klar, es gibt Handlungsbedarf.»

Etwas, für das sich Jonas Lüthy schon lange einsetzt, ist die Renteninitiative. Diese würde das Rentenalter erhöhen und an die Lebenserwartung koppeln. «Die AHV wird an eine Wand gefahren», findet Lüthy, deshalb brauche es den Einsatz der Jungen, denn diese würden das Thema längerfristig betreffen. «Ich selbst würde gerne länger arbeiten», sagt der Jungfreisinnige.

Die Renteninitiative ist auch ein Grund, wieso Lüthy bei den Freisinnigen und nicht bei der LDP gelandet ist. Dass ihn das in Basel derzeit Wahlchancen kostet, scheint ihn nicht zu stören. Wieder legt Lüthy den Fokus auf die Themen: «Man macht Politik nicht, um gewählt zu werden, man wird dank den Inhalten gewählt.» Wenn er Opportunist wäre, scherzt er, wäre er zur Juso gegangen. 

«Wir Bürgerlichen sehen die Politik nicht als Hauptbeschäftigung.»

von Jonas Lüthy

Grundsätzlich mache ihm die Politik auch einfach Spass. Ein gewähltes Amt könne er sich zwar vorstellen, aber «wir Bürgerlichen sehen die Politik nicht als Hauptbeschäftigung». Dazu habe er in einer anderen bürgerlichen Partei mehr Chancen, aber «das Milizsystem wird in keiner Partei so gelebt, wie in der FDP. Deshalb kam eine andere Partei nie infrage».

Apropos andere bürgerliche Parteien, trotz geringerer Wahlchancen will auch Lüthy nicht mit der SVP eine Listenverbindung eingehen: Seiner Meinung nach sei die Listenverbindung mit der LDP, der Mitte, der EVP und der GLP die «einzig richtige Entscheidung für den Basler Freisinn». Ihm gehe es dabei nicht nur um die inhaltlichen Differenzen zur SVP, «sondern auch um die Art, wie wir Politik machen möchten».

Jonas Lüthy auf der Bühne
Der neue Vizepräsident vor den Mitgliedern der Jungfreisinnigen.

Welche Aspekte kann Jonas Lüthy von Basel in die Schweiz tragen? «Als Vizepräsident vertrete ich natürlich alle Kantone», wirft er voraus. «In Basel habe ich gelernt, meine Positionen ständig zu hinterfragen, da ich hier jeden Tag mit anderen Meinungen konfrontiert werde», sagt Lüthy, «aber auch die Perspektive als Grenzkanton kann ich einbringen.»

Neben der Politik ist Jonas Lüthy bei Novartis im Bereich Public Affairs angestellt, im Herbst beginnt sein Jurastudium. Bei Young Enterprise Switzerland gewann Lüthy 2021 den Wettbewerb «Jugend debattiert», jetzt sitzt er an manchen Events in der Jury und bewertet den Nachwuchs. Und zum Abschalten? «Ich mache Sport, gehe rennen, Fahrradfahren und mache Parkour.» Nein, nicht Vitaparcours, sondern die Sportart, wo man auf Dächer und Mauern springt, um möglichst schnell von A nach B zu kommen. Über Parkour schrieb Lüthy 2022 seine Maturaarbeit. Er drehte einen Dokumentarfilm, in dem die Arbeit hinter den beeindruckenden Parkour-Läufen erzählt wird.

Mit 20 Jahren hat der Jungpolitiker schon einiges erreicht. Bei der Frage nach seinen grössten Erfolg, weicht er mit einem Augenzwinkern aus: «Dass mich Bajour für ein Porträt angefragt hat.»

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