Der letzte grosse Frauenstreik 2019 hat viel bewegt: Über eine halbe Million Teilnehmende gingen für mehr Gleichstellung auf die Strasse, wenige Monate später wurden bei den nationalen Wahlen so viele Frauen gewählt, wie nie zuvor. Im Nationalrat erhöhte sich der Frauenanteil von 32 auf 42 Prozent und auch im Ständerat stieg der Frauenanteil um 11 Prozent. Politisch gab es seither gewichtige Veränderungen, zum Beispiel die Reform des Sexualstrafrechts oder bei der Individualbesteuerung. Auch heute soll der Feministische Streik wieder auf die Strassen mobilisieren. Ob das klappt, wird sich zeigen. Während sich 2019 auch viele bürgerliche Frauen am Streik beteiligten, stehen die Zeichen heute etwas anders. Es gibt Kritik, die Anliegen seien «zu links» oder die Gleichstellung sei heute grösstenteils erreicht.
Feministischer Streik: Brauchts den noch?
Ja, sicher braucht es den Frauenstreik, denn es gibt noch viel zu tun.
Diese Legislatur zeichnet sich durch wichtige Erfolge in der Gleichstellungspolitik aus, auch dank einer überparteilichen Frauenallianz. Doch ist weder die Lohngleichheit erreicht, noch haben wir genügend und bezahlbare Kitas und leider hat auch die Gewalt gegen Frauen (im häuslichen Umfeld) nicht abgenommen.
Kleinere rechtliche Anpassungen?
Wenn die Individualbesteuerung nur eine „kleine rechtliche Anpassung“ ist, warum haben wir sie noch nicht?? Es wird schon lange darüber „geredet“. Auch ist die kleine (für welche Lohnempfänger klein?) Lohndifferenz nicht das einzige Problem bei den Gleichstellungsfragen! Care Arbeit wird je länger je wichtiger. Wer wird diese Gratisarbeit erledigen? Und wenn die CareArbeit dann kostet, wer bezahlt? Sich auf die Politik zu verlassen und die Frauen-Stimmen verstummen zu lassen ist in keiner Weise hilfreich.
Es gibt noch viel zu tun
Klar, es gibt noch viel zu tun! Der Arbeit von Frauen* wird immer noch weniger Wert zugesprochen. Frauen*, inter-, trans-, und nonbinäre Personen müssen für Anerkennung oder Respekt oft doppelt so viel Leistung erbringen. Der feministische Streik ist u.a. daher sehr wichtig.
noch lange nicht am ziel
solange die mehrheit der frauen unter dem existenzminimum leben und sie vermutlich im alter auch nicht genug geld haben, solange müssen wir kämpfen….
Die Bilder vom heutigen Feministischen Streik beweisen, es braucht ihn nach wie vor. Es hat sich in den letzten vier Jahren viel zu wenig getan. Klar, wir haben den Vaterschaftsurlaub und wir haben jetzt die Ehe für alle, aber gerad in punkto sozialer Sicherheit hat sich für Frauen und genderqueere Menschen nichts getan. Im Gegenteil, es gab mit der Rentenreform fundamentale Rückschritte. Jetzt sind wir wieder da, wir sind laut und wir sind wütend, weil es vorwärts gehen muss.
Vorleben des Gleichheitsprinzips
Das Thema Gleichstellung hat in den letzten Jahren einen prominenten Platz eingenommen und dadurch sicherlich auch Bewusstsein geschaffen. Es hat diesbezüglich ein Wandel in der Gesellschaft stattgefunden und durch verschiedene Massnahmen auch zu entsprechenden Verbesserungen geführt. Am Ziel sind wir noch nicht, es gibt noch zu tun. Da das Bewusstsein vorhanden ist, sehe ich allerdings die notwendigen Hebel insbesondere beim Vorleben des Gleichheitsprinzips im Alltag und in der Arbeitswelt und/oder über das Mitwirken in der Politik. Wie z.B. die Initiative zur Individualbesteuerung der FDP Frauen Schweiz oder Vorstösse zur Prävention und Bekämpfung sexualisierter Gewalt, welche die FDP Frauen Basel-Stadt letztes Jahr eingereicht haben.
Aufklärungsarbeit und Sensibilisierung
Der 14. Juni ist ein wichtiger Tag, der seine Berechtigung hat, gerade wenn man in die Vergangenheit schaut: Das Zusammenkommen von vielen Frauen in der ganzen Schweiz mit wichtigen Anliegen zur Gleichstellung und Gleichberechtigung hat sehr viel Fortschritte gebracht. Es gibt aber auch immer noch offene Themen: Wir im Justiz- und Sicherheitsdepartement setzen uns beispielsweise im Bereich der Häuslichen Gewalt ein. Dort gibt es immer noch zu viele Fälle, bei denen es nicht zur Strafverfolgung kommt. Es ist wichtig, dass wir tragfähige Lösungen finden und die Themen mehr in die Öffentlichkeit bringen. In Fällen von Häuslicher Gewalt sind oft auch Scham und Schuldgefühle ein Faktor, deshalb betreiben wir mit der Kampagne "Halt Gewalt" Aufklärungsarbeit und Sensibilisierung in den Quartieren zur Stärkung der meist weiblichen Opfer. Das sind einzelne Schritte, aber es geht vorwärts.
Ideologischer, linker Propagandatag
Alleine schon die Bezeichnung "feministischer Streik" deutet darauf hin, dass es sich um einen ideologischen, linken Propagandatag handelt, der kaum noch etwas mit tatsächlichen Anliegen von Frauen zu tun hat. Diesen Tag braucht es nicht, denn Gleichberechtigung bedeutet unter anderem gleiche Rechte, Möglichkeiten und Chancen für Frauen und Männer und das haben wir in der Schweiz bereits erreicht. Es ist also an der Zeit, aufzuhören, in Opferrollen zu verharren. Vielmehr sollten die individuellen Stärken der Frauen und die Selbstbestimmung im Vordergrund stehen. Natürlich gibt es immer Raum für Verbesserungen, wie beispielsweise die Einführung einer schweizweiten Individualbesteuerung oder Massnahmen, um die Sicherheit von Frauen zu erhöhen.
Klassenkampf statt Frauenstreik
Es geht mit dem heutigen Gang auf die Strasse längst nicht mehr um Frauen, sondern um Klassenkampf. Mit plakativer Lautstärke und populistischen linken Parolen wird unsere Gesellschaft gespalten. Damit erreichen wir kaum mehr Lohn- und Chancengleichheit.
Die Gleichstellung ist weitestgehend erreicht
Einen Feministischen Streik in der heutigen Form – es sei betont, dass es sich nicht um einen Streik im rechtlichen Sinne handelt – braucht es nicht mehr. Bei den Forderungen geht es gar nicht um legitime Frauenanliegen, sondern um ein sozialistisches Manifest. So werden beim diesjährigen Streik in Basel die Abschaffung des Drei-Säulen-Systems in der Altersvorsorge sowie des Krankenversicherungssystems, die sofortige Anerkennung des Klimanotstandes oder eine einjährige Elternzeit pro Person und Kind gefordert. Die Gleichstellung ist weitestgehend erreicht, dafür benötigt es kein linkes Parteiprogramm. Eine vor kurzem veröffentlichte Studie zu den Lohngleichheitsanalysen zeigt eindrücklich, dass es die vielbeschworene Lohnungleichheit nicht gibt. Es fehlen nur noch hie und da kleinere rechtliche Anpassungen, wie z.B. die Individualbesteuerung.
Vieles geht in die falsche Richtung
Ja, den Feministischen Streik braucht es noch. Es wurde für zwei Initiativen gesammelt, die unser Recht auf Abtreibung einschränken wollen, ausserdem wurde erst kürzlich das Rentenalter der Frauen erhöht. Das geht meiner Meinung nach in die falsche Richtung. Wir brauchen nach wie vor Feminismus. Das Recht auf körperliche Selbstbestimmung für Frauen und genderqueere Menschen muss ausgebaut und nicht weiter eingeschränkt werden. Wir brauchen eine Arbeitszeitverkürzung für mehr Freizeit und mehr Zeit für Kinderbetreuung etc. Von dem profitieren am Schluss alle.