Nachdem der Basler Regierungspräsident Beat Jans in der Kritik stand, weil er öffentlich lange zum Krieg in Israel geschwiegen hat, hat er am Dienstagabend zum interreligiösen Dialog ins Rathaus eingeladen. Dort entschuldigte er sich für seine späte Reaktion auf den Terror der Hamas und verurteilte diesen klar. Am Anlass unter dem Motto «Zusammenstehen: Respekt, Achtung und Zutrauen» sollten christliche, jüdische und muslimische Glaubensvertreter*innen teilnehmen. Der Rabbiner der Israelitischen Gemeinde Basel, Moshe Baumel, hat aber kurz vor dem Dialoganlass abgesagt, da sich kein Imam angemeldet hatte. Aus seiner Sicht hätten an dem interreligiösen Anlass alle drei Religionsvertreter anwesend sein müssen. Im Basler Rathaus fehlten somit Imam und Rabbiner an der Seite von Münster-Pfarrer Lukas Kundert. Dennoch haben im Grossratssaal Vertreteter*innen aus den drei religiösen Gemeinden gemeinsam gebeten und an die Opfer des Krieges auf beiden Seiten gedacht.

2023-10-18 Frage des Tages-1

Friedensgebet im Rathaus: Bringt's das?

Nachdem der Basler Regierungspräsident Beat Jans in der Kritik stand, weil er öffentlich lange zum Krieg in Israel geschwiegen hat, hat er am Dienstagabend zum interreligiösen Dialog ins Rathaus eingeladen. Dort entschuldigte er sich für seine späte Reaktion auf den Terror der Hamas und verurteilte diesen klar. Am Anlass unter dem Motto «Zusammenstehen: Respekt, Achtung und Zutrauen» sollten christliche, jüdische und muslimische Glaubensvertreter*innen teilnehmen. Der Rabbiner der Israelitischen Gemeinde Basel, Moshe Baumel, hat aber kurz vor dem Dialoganlass abgesagt, da sich kein Imam angemeldet hatte. Aus seiner Sicht hätten an dem interreligiösen Anlass alle drei Religionsvertreter anwesend sein müssen. Im Basler Rathaus fehlten somit Imam und Rabbiner an der Seite von Münster-Pfarrer Lukas Kundert. Dennoch haben im Grossratssaal Vertreteter*innen aus den drei religiösen Gemeinden gemeinsam gebeten und an die Opfer des Krieges auf beiden Seiten gedacht.

1987 Stimmen
Franziska Zambach
Franziska Zambach
Moderation
Top antworten
Moshe Baumel
Rabbiner

Affront gegenüber der Regierung

In jedem Konflikt gibt es zwei Seiten, aber die Hamas repräsentiert nicht den Frieden, nicht die zwei-Staaten Lösung und auch nicht die Palästinenser. Es ist eine Seite, die für Tod und Vernichtung steht und dies der ganzen Welt gezeigt hat. Eine öffentliche und klare Verurteilung in den Medien - das ist es, was wir im Moment von Basel brauchen. Eine Verurteilung dieser Schandtaten in die breite Öffentlichkeit hinaus, ist das, was jetzt wichtig ist. Ich habe die Einladung akzeptiert, weil ich für ein friedliches Miteinander in Basel stehe. Nachdem ich aber erfahren habe, dass von muslimischer Seite kein Imam mit dabei ist, macht meine Teilnahme keinen Sinn mehr. Nicht zu einem «Gebet für Frieden» zu kommen, sehe ich als einen Affront gegenüber der Basler Regierung und die Regierung hätte den Anlasss absagen müssen. Interreligiös bedeutet für mich, dass alle drei monotheistischen Religionsvertreter anwesend sind. Eine muslimische Politologin ist kein Imam. Der Sinn und Zweck dieser Veranstaltung ist mir daher nicht mehr ersichtlich.

Jürgen Mohn, Ordinarius für Religionswissenschaft an der Universität Basel
Jürgen Mohn
Ordinarius für Religionswissenschaft Universität Basel

Wer wird hier angesprochen?

Verbindende Gesten bringen immer etwas. Und sei es eine Selbstversicherung. Und wer wäre nicht für Frieden – hier bei uns? Und die, die anderer Meinung sind, werden das Gebet für den Frieden ignorieren. Und da sich ein Gebet an jemenden richtet und ein Geste der Bitte enthält, ist die Frage, wer denn hier angesprochen wird? Da gehen die Meinungen dann sicherlich wieder auseinander – selbst im oder gerade im Gebet.

Anders sieht das in den Konfliktregionen selbst aus. Dort ist zur Zeit wohl kaum ein Interesse für ein gemeinsames Gebet oder gar einen «richtigen» Dialog vorhanden.

Also summa summarum: ein PR-Stunt von Politikern, die es bei uns allen recht machen wollen, weil sie gewählt werden müssen.

Isabelle Bellakovics-Aebin
17. Oktober 2023 um 22:01

Aufeinander zugehen ist der wichtigste Schritt

Diese Geste ist die einzig richtige Reaktion auf Terror und Hass und ich bin sehr dankbar, dass dies hier in Basel geschehen ist. Uns Menschen verbindet immer viel mehr als uns trennen kann. Egal ob Christ, Muslim, Jud, Atheist oder sonst was: wir alle brauchen gegenseitigen Respekt, Geborgenheit, ein Dach über dem Kopf und genug zu trinken/essen um leben zu können. Es ist schändlich, dass im Namen der Religion genau diese Grundbedürfnisse immer wieder willkürlich gefärdet werden.

Peter Jossi
Präsident Migwan, Liberale Jüdische Gemeinde Basel

Ernsthaftes Engagement

Ob es solche Anlässe «bringen», hängt sehr von der Ernsthaftigkeit aller Beteiligten ab: An einem echten Austausch, gegenseitiger Empathie und dem klaren Bekenntnis für die gemeinsamen Werte auf demokratisch-rechtstaatlicher Grundlage. Beim gestrigen Anlass war dieses ernsthafte Engagement aller Beteiligten klar ersichtlich.

Lilo Roost-Vischer
Lilo Roost Vischer
Ethnologin und Religionswissenschaftlerin

Verbindliche Abmachungen treffen

Ein interreligiöses Gebet kann ein starkes und tröstliches Zeichen sein für die von Konflikt und Krieg direkt Betroffenen und für den Zusammenhalt der hiesigen Bevölkerung. Es sollte die bereits interreligiös engagierten Personen und Institutionen vor Ort einbeziehen. Wichtig ist mir, dass verbindliche Abmachungen getroffen werden gegen die Verbreitung von Hassreden.

Stephan Luethi
Stephan Luethi
Früher: Lehrer

Sicherlich Frieden!

Als Nichtreligiöser fühle ich mich durch Gebete nicht angesprochen. Aber für den Dialog bin ich gewiss, ohne Austausch geht nichts. Waffen sind ein untaugliches Mittel. Dies muss in einer Zeit von Aufrüstung allüberall deutlich zum Ausdruck gebracht werden.

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Barbara Heer
Grossrätin SP, Ethnologin

Beitrag der kantonalen Politik gegen die Spaltung

Was kann und soll die kantonale Politik leisten, im Anblick des Terrors der Hamas, dem unermesslichen Leid und den grossen Sorgen um die humanitäre Situation vor Ort? Sie kann dazu beitragen, dass die Menschen sich in ihrem Leiden anerkannt fühlen; sie kann den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken in Zeiten der Spaltung; sie kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass sich hier alle weiterhin sicher und zuhause fühlen. Die Geste, dass mit dem Grossratssaal ein neutraler Raum für ein interreligiöses Gebet zur Verfügung gestellt wurde, empfinde ich deshalb als sehr wichtig.

Regierungspräsident Beat Jans.
Beat Jans
(SP) Regierungspräsident Basel-Stadt

Ein Zeichen gegen Hass

Der Anlass soll ein Zeichen gegen den Hass setzen, zur Versöhnung und zum achtsamen Dialog aufrufen. Das gemeinsame Beten ist ein Zeichen dafür, dass wir uns durch den Terror der Hamas nicht spalten lassen und gemeinsam für Menschlichkeit einstehen.

Jessica Brandenburger, Co-Präsidentin SP Basel-Stadt
Jessica Brandenburger
Grossrätin SP Basel-Stadt

Ich habe am Anlass teilgenommen und war, auch als nichtreligiöse Person, tief berührt von den Voten und Gebeten. Die Vertreter:innen aus Christentum, Judentum und Islam haben gemeinsam zu Zusammenhalt und Frieden aufgerufen. Ich bin sehr froh, dass Beat Jans diesen Anlass ermöglicht hat. Wenn Krieg und Gewalt dominieren, ist jede noch so kleine Geste für den Frieden und den Zusammenhalt wichtig.

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Martin Hafen
Soziologe, Grossvater

Dialog tut Not

Aus meiner Sicht sind alle Bemühungen sinnvoll, Gruppierungen mit unterschiedlichen Ansichten zusammen zu bringen. Vielleicht gelingt es ja, die Teilnehmenden nicht nur Statements abgeben zu lassen, sondern sie auch zu motivieren, sich gegenseitig zuzuhören.

Mustafa Atici
Mustafa Atici
Nationalrat SP BS

Ein Signal in die Welt senden

Ich habe den Anlass als sehr wichtig empfunden und würde mir wünschen, dass solche Dialoganlässe weltweit stattfinden. Im Basler Rathaus wurde ein starkes Zeichen dafür gesetzt, dass wir den Terror und Hass aufs Schärfste verurteilen. Wir haben das Signal in die Welt gesendet, dass uns wichtig ist, was im Nahen Osten passiert.

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Patrick Vögelin
Behindertenrechtaktivist

Beten

Ich finde, beten bringt es aus meiner Sicht nur für den Zusammenhalt, aber das Problem ist, man muss endlich fordern dass man den Oslo 2 Abkommen in Kraft setzen und auf der Basis könnte man weiterverhandeln

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Jörg Gluth
Chauffeur CE/Schlosser/Re-Up-cycler

Zeichen Setzen

Ich stimme da Mustafa Atici zu.

Mütze Kopie 2
Mathis Reichel
Pensioniert, Musiker, Tänzer

Friedensgebet im Rathaus

Wer betet hier für wen? Israelis für Palestinenser? Araber für Juden? Basler für alle? Mit Kerzchen in der Hand? Hier droht ein Krieg, dessen Auswirkungen zur jetzigen Stunde noch völlig offen sind, ein Krieg zwischen der Ersten und der Dritten Welt. Israel gegen Gaza. Eine Grossmacht gegen ein winziges Drittweltgebiet, allerdings gesponsert und dirigiert aus dem Iran und Katar. Meine Einschätzung: ein Krieg gegen die Hamas ist nicht zu gewinnen. Die Hamas ist eine Idee. Gaza ist ein Gebiet. Gaza kann man niedermähen, die Idee Hamas hingegen nicht. Die Hamas vernichten, so das Ziel von Netanjahu und Biden, doch keiner weiss, wo die Hamas beginnt und wo sie endet, zu gross ist die Grauzone zwischen der Zivilbevölkerung und ihr. Wie die Isis, die Hizbollah ist auch die Hamas überall, Terrororganisationen können verschwinden und irgendwo wieder auftauchen, im Bataclan, bei Charlie Hebdo, in Nice, Berlin, Arras und Bruxelles, können Kleinkinder wie Geschichtslehrer köpfen und vieles mehr, doch deren Drahtzieher sitzen im Iran, im Katar, in der Türkei und in London. Mit Bomben ist das nicht zu bekämpfen. Dennoch könnte in den nächsten Tagen viel Blut fliessen, eigentlich für nichts, und das wissen sowohl Biden als auch Blinken. Die USA mussten aus Saigon flüchten, ebenso aus dem Irak, aus Afghanistan und werden auch aus dem Gazastreifen flüchten, oder zumindest eingestehen müssen, dass sie nichts erreichen konnten. Auf diesem Level des Extremismus´ muss man die Wurzeln des Islams in Erinnerung rufen: Islam ist Staat, Gesetz und Religion in einem, unzertrennbar. Die westliche Welt kennt hingegen die Trennung von Staat und Kirche und pflegt den Laizismus, beide sind unvereinbar. Der Kochtopf im Nahen Osten hat es sinnbildlich vorgezeigt: auf der einen Seite eine Raveparty mit wohlernährten, glücklichen, reichen, Jugendlichen, allesamt mit einer blendenden Zukunft vor sich, wenige Meter davon entfernt Gaza, wo es an allem fehlt, Nahrung, Wasser, Zukunft. Das kann ja nicht gut gehen und jetzt ist der Kochtopf explodiert. In Basel zündet man wahlwirksam im Rathaus Kerzen an…

dan
Dan Wiener
17. Oktober 2023 um 19:50

Gut, aber nicht genug

Das mit dem interreligiösen Gebet ist eine schöne Geste und kein PR-Gag. Es ist aber nicht genug. Auch den blutrünstigen Terrorakt der Hamas zu verurteilen und der Opfer zu gedenken ist nicht genug. Das sind Worte. Der Anlass im Rathaus war nur für wenige. Den Wortlaut von Beat Jans’ Rede habe ich bisher nirgends gefunden.

Die einzige offizielle Geste nach aussen war ein Hissen der Israelflagge, was offenbar wieder von Vielen kritisiert wurde.

Als Leute auf die Strasse wollten, um öffentlich ihre Solidarität mit den Opfern der Mordanschläge Kund zu tun, wurde das aus Sicherheitsgründen verboten. Der Arm der Hamas ist lang. Dafür dürfen Schwurbler, Antisemiten und Rechtsextreme am Samstag unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit demonstrieren und werden mehr Aufmerksamkeit bekommen als der Anlass im Rathaus.

Ueli Keller
17. Oktober 2023 um 19:01

Frieden ist nur gemeinsam möglich

Die Welt der autoritär-hierarchisch und industriell-militärisch-technokratisch begründeten „Zuvielisation“ steckt weltweit in einer Sack- und Todesgasse von nicht konstruktiv gelösten Konflikten sowie von Angst und Tod bringenden Kriegen. Sich auf die eine Seite oder auf die andere Seite zu schlagen, kann es nicht bringen: Frieden ist nur zu 100 Prozent gemeinsam möglich. - Mitte September war es für mich anlässlich unseres Friedenskonvents eine wunderbare Erfahrung, animiert vom «Stimmvolk» (Link: https://www.stimmvolk.ch/news) mit vielen andern gemeinsam im Jörinpark in Pratteln eine Stunde für den Frieden zu singen.

Bildschirmfoto 2023-10-17 um 20.26.59
Beatrice Isler-Schmid
17. Oktober 2023 um 18:43

Verbindende Gesten

Es braucht in der Tat verbindende Gesten. Für mich würde das heissen, dass man sowohl die israelische Flagge, als auch die palästinensische Flagge hätte hissen sollen - oder dann besser gar keine, um nicht die einen oder anderen vor den Kopf zu stossen. Für Frieden braucht es alle an einem Tisch. Der Frieden verlangt ein aufeinander zugehen. Wann lernt das die Menschheit?

Ich war ja nicht am Anlass im Rathaus. Allerdings hätte zwingend der Imam sowie auch der Rabbiner präsent sein sollen, damit eine echte Wirkung erzielt werden kann. Wir können nur hoffen, dass die Anwesenden den Dialog weiter pflegen und ihn auch weiter hinaus in die Welt tragen. Dies ist alleweil noch besser, als die geplanten Demos vom kommenden Samstag, vor der sich der grösste Teil der Bevölkerung fürchtet. Jedenfalls wurde ich heute mehrmals auf dieses Unbehagen angesprochen von Mitbewohnenden unserer Stadt.

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