Der Verein LiteraturBasel, zu dem das Literaturhaus Basel und das Literaturfestival BuchBasel gehören, ist in Geldnot, wie die BaZ berichtet. Aufgrund höherer Kosten für Miete, Energie und Technik rechnet LiteraturBasel damit, in diesem Jahr sämtliche Reserven aufbrauchen zu müssen. Nachdem der Verein in früheren Jahren zusätzliche Beiträge von Bund und Kanton erhalten hatte, u.a. für Transformationsprojekte, ersuchte der Verein den Kanton nun auch um eine Erhöhung der Staatsbeiträge um mehr als 100'000 Franken. Die Regierung will dem nur teilweise nachkommen. Der Verein muss deshalb vermutlich sein Angebot um ein Fünftel reduzieren. Auch andere Kulturbetriebe haben Schwierigkeiten. So kann etwa das AM Jam Festival nächstes Jahr wegen tiefroter Zahlen nicht stattfinden.

2023-01-11 Frage des Tages-1

Sollte der Kanton für strauchelnde Kulturbetriebe in die Bresche springen?

1169 Stimmen
David Rutschmann
David Rutschmann
Moderation
Top antworten
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Johannes Sieber
Grossrat GLP

Nein, aber...

Die öffentliche Hand kann nicht für finanzielle Defizite von Leistungserbringer-Organisationen aufkommen, wenn diese durch eigenes Verschulden (fehlerhafte Planung oder Budgetierung) zustande kam. In diesen Fällen ist eine temporäre Reduktion des Angebots der Weg. Nachschubsfinanzierung wäre ein falsches Signal und ein Anreiz für Defizitbudgetierung. Ausnahmen sind unvorhergesehene Situationen, die alle betreffen, wie beispielsweise eine Energiepreis-Explosion oder eine Pandemie. Aber: Die Literatur ist in Basel unterfinanziert. Das Literaturhaus sollte auf die kommende Legislatur mehr Mittel beantragen.

Florian Müller
01. November 2023 um 17:58

Weg von Subventionen, überall

Kultur hat das gleiche Problem wie die Pflege: Ein per se nicht profitabler Bereich soll kostendeckende Erträge generieren - ein Ding der Unmöglichkeit. Aber...

In einer Postwachstumsgesellschaft mit ServiceCitoyen* (Initiative eingereicht) und Grundeinkommen (vorläufig abgelehnt) werden verschieden lange Spiesse angeglichen.

Bis dann werden Steuergelder willkürlich verteilt.

* beinhaltet neben Militär und Zivilschutz alles Ehrenamtliche: Kultur, Care, Landdienst..

Žak Lina

Es ist nicht der Kanton oder die Regierung, die so grosszügig sind und überall helfen. Es geht immer zu Lasten des Steuerzahlers. Wer entlastet und unterstützt die Steuerzahler? Niemand, es wird einem immer wie mehr Geld aus der Tasche gezogen. Hauptsache der Kanton oder Bund unterstütz die ganze Welt....

Chris Frey

Nein sicher nicht. Denn was ist schon Kultur. Wenn der Kanton strauchelnde "Kulturbetriebe" und "Kulturschaffende" unterstützt, dann muss er Vereine wie z.B. Fasnachts Clique, Schützenvereine, Turnvereine etc. ebenfalls unterstützen.

Diese sind teils seit Jahrzehnte, Teil der Basler Kultur. Der Unterschied ist das diese Vereine die Realkultur darstellen und nicht eine pseudo Kultur wie die der sogenannten Kulturschaffenden.

Relaunch PROZ Sabine Knosala
Sabine Knosala
Redaktionsleiterin PROZ – Kultur im Raum Basel

Keine grösseren Reserven möglich

Ein Kulturbetrieb ist nicht vergleichbar mit einem KMU, weil in der Regel sehr viele ehrenamtliche Arbeitsstunden geleistet werden. Oft wird von der Hand in den Mund gelebt. Daher ist es nicht möglich, grössere Reserven zu bilden. In der Kultur ist man bereits mit einer schwarzen Null extrem glücklich!

Christian Mueller
02. November 2023 um 11:42

Zu viel und das Falsche

Es wird in Basel sehr viel Geld für Kultur ausgegeben. Die Frage ist aber: Wird auch das Richtige gefördert? Es ist nicht nur eine philosophische, sondern auch eine politische Frage, die spricht ja schlussendlich das Geld. Geld? Für welche ‹Leistung›? Was wird dafür ‹eingekauft›?

Ich finde: Kommerzielle Kultur benötigt weniger Subventionen, unkommerziellere mehr. Unkommerzielle muss aber gute Gründe haben, warum sie unkommerziell bleiben will und was der Mehrwert für die Gesellschaft ist. Ein weiteres Problem ist, dass vorallem klassische Kultur gefördert wird: Klassische Musik (3 Orchester!!!), Oper, klassische Kunst ... Es fehlt ein Konzept, warum was gefördert wird und warum was nicht. Wenn ja, mit wie viel Geld? Oft zähle ich Literatur auch zu klassischer Kultur. Nicht per se, aber wenn mit steigenden Papierpreisen argumentiert wird, hat das wenig mit Literatur selbst zu tun. Gerade heute, wo wir so viel digital lesen. Manchmal ist es gut, wenn dank weniger Ausbau neue Ideen entstehen.

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Mathis Reichel
Pensioniert, Musiker, Tänzer

Tiktok in, Camus out

«On est fier d´être des nazis». Solche Worte werden heute in der pariser Metro von Jugendlichen im Chor gesungen. Da kommt vieles ins Wanken: Kultur, Schule, Erziehung, Literatur. TikTok ist in, Molière und Camus out. Geschichte zu unterrichten ist ein Risiko, viele Lehrer haben Angst. Wird Kultur vernachlässigt, landen wir in der «Metro». Garantiert weiss keiner dieser Jugendlichen, was ein Nazi ist, wer Hitler war. Bei der Literatur zu sparen ist der erste Schritt ins Reich der Ignoranz, gefolgt von Intoleranz, Hass und am Ende Aggression. Nun werden in Paris Judensterne an Hauseingänge gesprayt. Etwas gewagt ausgedrückt: keiner von ihnen war je im Literaturhaus. Dort hätten sie nämlich Sartre und Camus und Arendt und viele weitere getroffen und vielleicht sogar Freundschaft mit ihnen geschlossen. Nein, beim Literaturhaus darf man nicht sparen, heute, in einer Welt, in der Werte ad absurdum in Frage gestellt werden. Das Literaturhaus muss unterstützt werden ohne Wenn und Aber.

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Peter Seiler
Contract Manager

Kosten senken

Man kann die Frage des in die Bresche Springens ja so stellen. Es wäre dabei aber auch angebracht zu erwähnen, dass z.B. das Literaturhaus in den Jahren 2019 – 2023 bereits mit jährlich Fr. 350’000.- von den Steuerzahlenden unterstützt wurde und wird. Das ist schon mal nicht nichts und viel mehr als jedes Unternehmen bekommt.

Jetzt sehe ich auch ein, dass man Kulturbetriebe und Wirtschaftsbetriebe nicht eins zu eins vergleichen kann. Aber nur einfach zusätzliches Geld aus der Staatskasse verwenden, weil es um Kultur geht, geht auch nicht.

Auch Kulturbetriebe müssen sparen bzw. noch mehr sparen, wenn das Geld Ende Monat nicht reicht. Und warum zur Überbrückung nicht ein zinsloses Darlehen für einen Teil der Mehrkosten gewähren?

dan
Dan Wiener
01. November 2023 um 16:56

Mehr Geld für Kultur!

Kulturbetriebe unterscheiden sich vor allem auf der Einnahmenseite von KMU’s: Ihre Einnahmemöglichkeiten sind oft so gering, dass sie zu einem grossen Teil auf Subventionen und Sponsoren angewiesen sind. Die Frage ist umgekehrt: Wieviel Kultur will sich eine Stadt «leisten». Und da ist die Antwort ganz klar: Kultur ist ein enorm wichtiger Teil unseres Gesellschaftslebens.

Es geht nicht an, dass das Kulturangebot und deren Vermittlung auf Grund von höheren Infrastrukturkosten gekürzt werden muss. Und wer die Kulturbranche kennt, weiss, dass da überall knapp gerechnet wird.

Wenn ein Biozentrum mehr kostet als geplant, wenn beim Strassenbau etwas mehr kostet als geplant, dann wird zwar etwas gemurrt, aber dann wird bezahlt. Da geht es um x Millionen. In der Kultur geht es oft um viel kleinere Beträge.

Für mich keine Frage: Jeder Franken, der für den Erhalt und sogar den Ausbau des Basler Kulturangebots ausgegeben wird (die Bedingungen dafür sind restriktiv genug), ist es wert!

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Beatrice Isler-Schmid
01. November 2023 um 18:00

Bücher sind auch Waffen.

Gerade heute hatte ich eine grosse Diskussion in einem kulturellen/sozialen Betrieb, der mit den Finanzen kämpft und letztlich überhaupt nicht existieren könnte, wenn nicht unzählige, wirklich kaum zählbare Arbeitsstunden freiwillig, ohne Entgelt geleistet würden. Aus meiner Sicht könnten alle zusammenpacken, würden die Ehrenamtlichen ihre jeweiligen Arbeiten niederlegen.

Kultur ist Seelennahrung - vor allem in schwierigen Zeiten. Lesen bildet, fördert Verständnis, bietet Diskussionsstoff, was wichtig ist in unserer schnelllebigen Zeit. Das Literaturhaus gehört unterstützt! Wie so viele andere kulturelle Betriebe auch. Und ja ich weiss, woher das Geld immer nehmen? Statt Waffen zu produzieren, Lesen fördern. Bücher sind auch Waffen, nämlich Waffen für die Bildung sowie die Horizonterweiterung und somit letztlich für den Frieden.

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Roland Wittwer
01. November 2023 um 16:32

Nein

Der Staat sollte sich nicht noch zusätzlich an solchen Kosten beteiligen,ohne vorher Mitsprache und Einfluss in die Projektplanung genommen zu haben.

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Katrin Eckert
Intendanz Literaturhaus Basel

Kostensteigerung und Literatur

Schon im Februar 2023 hat das Netzwerk der Literaturhäuser aus Deutschland, Österreich und der Schweiz einen Appell verfasst und vor massiven Einschnitten ins literarische Leben gewarnt, sollte die öffentliche Hand den Institutionen und Festivals nicht dabei helfen, die massive Kostensteigerung in vielen Bereichen (Technik, Energie, Papier, Honorare) aufzufangen. Wenn unser Verein LiteraturBasel nun höhere Beiträge an die Betriebskosten beantragt, so liegt es also keineswegs daran, wie die Basler Zeitung suggeriert, dass wir über unsere Verhältnisse gelebt hätten. Unsere Finanzen waren bisher im Lot, aber Strompreise, Papierpreise etc. können wir nicht beeinflussen. Wir können nur das Angebot im Literaturhaus und am Festival BuchBasel reduzieren, das erfolgreich ist und weit über Basel hinaus Beachtung findet. Das möchten wir vermeiden, dem Publikum und den Autor:innen zuliebe. Dazu brauchen wir die Hilfe des Kantons. Also Ja! zur Frage des Tages.

Amadis Brugnoni
Tontechniker

Es gibt ja immer einen Leistungsauftrag

Ich finde es ist eigentlich ganz einfach: jede Subvention ist auch an einen Leistungsauftrag gekoppelt. Kann der Leistungsauftrag aufgrund externer Faktoren nicht mehr erbracht werden, so ist die Subvention oder der Leistungsauftrag anzupassen. Welche Lösung zum Zuge kommt, ist ein kultur- und finanzpolitischer Entscheid und sollte weder von mir noch von dir entschieden werden. Wir haben im Kanton ein Kulturleitbild. Dort werden die Schwerpunkte der K-Förderung gesetzt. Und wir sollen uns daran erinnern, dass Kulturförderung keine Belohnung, sondern eine Notwendigkeit für K-Betriebe ist, deren Inhalte für uns als Gesellschaft wichtig sind, aber nicht kostendeckend erschaffen werden können.

Und gesellschaftlichem Nutzen wird übrigens nicht an der Anzahl verkauften Eintrittskarten gemessen.

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