Christophe Haller: «Die SP setzt das Herzstück aufs Spiel»

Der TCS-Präsident Haller fürchtet, dass der Lärmschutz für die Anwohner*innen der Osttangente und das Herzstück Flöten gehen, wenn die Linke mit ihrem Widerstand gegen den Rheintunnel Erfolg hat.

Christophe Haller
Christophe Haller ist ein Freund des Autos.

Christophe Haller hat keine Freude an Lisa Mathys und Sarah Wyss. Das liegt ein bisschen in seiner Natur, denn der freisinnige Haller ist ein Freund des Autos. Er präsidiert den TCS, den er nicht nur als Autolobby, sondern auch als «Konsumentenverein» verstanden haben möchte. Schliesslich schleppt der TCS seine Mitglieder ab, wenn sie eine Panne mit Auto oder Velo haben. 

Mathys und Wyss dagegen gehören der SP an und setzen sich naturgemäss eher für weniger Strassen und mehr Grünraum ein, Mathys als Parteipräsidentin und Grossrätin, Wyss als Nationalrätin. 

So weit, so normal. Aber jetzt, jetzt haben die Sozialdemokratinnen eine Chance verpasst, findet Haller. Beim Rheintunnel, nämlich. Die SP Basel-Stadt hat einen Tag nach den Nationalratswahlen beschlossen, das Referendum gegen das «fossile Monsterprojekt» zu unterstützen (Bajour berichtete).

«Das hätte die SP vor den Wahlen nie gewagt»

Christophe Haller kann das nicht verstehen. «Ich bin sehr erschrocken», sagt er. Die grösste Partei Basels riskiere so, dass die heutige Osttangente nicht eingehaust werde. Und das Herzstück rücke so auch in weitere Ferne: «Das hätten sie vor den Wahlen nie gewagt!»

Zum Argument der Osttangente: Die Anwohner*innen in der Breite und im Gellert, beschweren sich seit Jahren über den Lärm und die Abgase sowie den Ausweichverkehr. Würde man die Autos via Rheintunnel unter den Boden bringen, so die Hoffnung, könnte das nicht nur die Quartiere entlasten. Ein Ziel ist auch, dann auf der alten Osttangente endlich die lange geforderten Lärmschutzmassnahmen umzusetzen. Das wäre einfacher, wenn der Verkehr zur Zeit der Baustelle via Rheintunnel weiterlaufen könnte. Haller ist überzeugt: «Wird der Rheintunnel nicht gebaut, gibt es auch keine Einhausung für die Osttangente.»

Ausserdem fürchtet Haller, dass Basel-Stadt seine Glaubwürdigkeit gegenüber Bern aufs Spiel setzt. Der Kanton fordert seit Jahren einen Rheintunnel. «Endlich gibt der Bund grünes Licht und dann gibt es Widerstand?», sagt Haller. Nächstes Mal gebe der Bund sein Geld lieber einer anderen Region, «die freuen sich».

Zur Erklärung: Der Basler Rheintunnel ist kein lokales Verkehrsprojekt, die Autobahnen gehören dem Bund. Basel setzt sich seit Jahren für eine unterirdische Lösung an. Nun hat das nationale Parlament im Herbst 5 Milliarden Franken für sechs Projekte beschlossen, darunter auch den Rheintunnel. Stellt sich Basel-Stadt jetzt quer, könnte das laut Haller auch die Finanzierung von anderen lange geforderten Projekten wie dem Herzstück gefährden.

«SP ist nur konsequent»

Sarah Wyss von der SP sieht das ganz anders. «Der Widerstand der SP ist nur konsequent», sagt sie. Ihre Partei hat von Anfang gesagt: «Wir sind nur für den Rheintunnel, wenn die Osttangente rückgebaut wird.» Etwa, in dem man sie in eine Kantonsstrasse umwandelt, das Tempo reduziert, die heutige Autobahn-Fläche für Velowege und Spuren für den öffentlichen Verkehr nutzt und Grünraum pflanzt. 

Ansonsten handle es sich um einen reinen Ausbau der Autobahnkapazität. Für Wyss ist klar: «Mehr Autobahn heisst mehr Verkehr.» In zehn Jahren habe man wieder genau gleich viel Stau.

Sarah Wyss klein
Sarah Wyss findet: Kein Rheintunnel ohne Rückbau der Osttangente.

Sarah Wyss hat sich im Nationalrat für solche Rückbau-Massnahmen eingesetzt, unterlag aber der bürgerlichen Mehrheit. In Basel hat die Regierung eigentlich schon 2019 einen grossrätlichen Auftrag erhalten, die Osttangente zurückzubauen, sollte der Rheintunnel kommen. Laut Wyss fehlen jedoch kantonal wie national verbindliche Zusagen. «Daher ist es nur konsequent, dass wir das Projekt jetzt ablehnen», sagt Wyss.

Auch die Sozialdemokratin hört die Klagen der Einwohner*innen in den Quartieren: «Ja, die Bevölkerung wartet schon lange auf diese Lärmschutzmassnahmen», sagt sie. Kanton und Bund hätten diese aus ihrer Sicht schon lange machen müssen, nicht erst, wenn der Rheintunnel kommt.  «Das eine schliesst das andere nicht aus.»

Zwischen dem Rheintunnel und dem Herzstück sieht Wyss keinen Zusammenhang: «Diese beiden Bundesbeschlüsse sind völlig unabhängig voneinander.»

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