Referendum gegen Autobahn-Ausbau kommt laut VCS zustande

Einsprachen gegen den Rheintunnel sind noch bis 14. Dezember möglich. Selbst wenn diese abgewiesen werden: Das nationale Stimmvolk wird über das Projekt entscheiden müssen, denn das Referendum komme zustande, teilt der VCS beider Basel mit.

An einer Kundgebung wird gegen den Bau der Rheintunnel-Autobahn protestiert in Basel, am Samstag, 17. September 2022. Das ueberparteiliche Komitee Dreirosen bleibt setzt sich damit fuer den Erhalt der Dreirosenanlage ein. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)
Plakate bei der Dreirosenmatte, November 2022. (Bild: © KEYSTONE / GEORGIOS KEFALAS)

Das Schweizer Stimmvolk wird darüber abstimmen, ob in Basel der Rheintunnel gebaut wird oder nicht. Das nationale Referendum «Stop Autobahn-Bauwahn», das neben dem Rheintunnel weitere Autobahn-Ausbauprojekte in Bern, St. Gallen, Schaffhausen und beim Genfersee umfasst, hat die 50’000 benötigten Unterschriften erreicht. Das bestätigt Florian Schreier vom VCS beider Basel gegenüber Bajour. 

Der Verkehrsclub Schweiz (VCS) wollte das auf Anfrage zunächst weder bestätigen noch verneinen. Mediensprecher Andreas Käsermann sagt lediglich, die Unterschriftensammlung sei auf Kurs: «Wir sind zuversichtlich, dass wir genug Unterschriften zum Zustandekommen des Referendums erhalten werden.» Später folgte eine Medienmitteilung mit der Meldung, dass man 72'000 Unterschriften gesammelt habe. Das eingegangenen Unterschriften werden derzeit beglaubigt und Anfang 2024 bei der Bundeskanzlei eingereicht. Erst diese kann durch das Nachzählen aller Unterschriften das Zustandekommen bestätigen.

Florian Schreier
Florian Schreier vom VCS beider Basel. (Bild: vcs-blbs.ch)

Der Rheintunnel wird seit Jahrzehnten geplant. Das Projekt sieht vor, dass die Basler Autobahn eine neue Röhre ab der Dreirosenanlage erhält, die quer unter dem Kleinbasel verläuft, den Rhein unterquert und den Verkehr erst in Birsfelden wieder über die Erde holt. Das soll unter anderem den Verkehr in den lärmgeplagten Quartieren entlang der Osttangente entlasten.

Ein Befürworter*innen-Komitee rund um bürgerliche Politiker*innen und zwei Quartiervereine stehen hinter dem Projekt. Sie argumentieren, dass mit dem Rheintunnel künftig Staus verhindert werden und das zu erwartende Verkehrsaufkommen nur gestemmt werden kann, wenn sowohl der Tunnel gebaut als auch die Osttangente erhalten wird. Letztere brauche es weiterhin, damit die Quartiere und das dortige Gewerbe erschlossen werden können.

«Es ist wichtig, dass die Bevölkerung beim Rheintunnel mitreden kann und nicht einfach über die Köpfe der Betroffenen hinweg entschieden wird.»
Tonja Zürcher, Dreirosen bleibt

Da die Osttangente nicht zurückgebaut wird, gibt es Zweifel daran, dass die entsprechenden Quartiere wirklich langfristig vom Lärm entlastet werden. Es gibt auch die Befürchtung, dass die Autobahn noch mehr Verkehr anzieht. Das hat dazu geführt, dass die Basler SP ihr «Ja, aber…» zum Projekt zurückzog und das Referendum dagegen nun unterstützt (Bajour berichtete).

Aus Basler Sicht wird unter anderem kritisiert, dass der Bau des neuen Autobahntunnels über viele Jahre zu Baulärm, Luftbelastungen und Erschütterungen führen wird. Weiter wird davon ausgegangen, dass 150 Familiengärten dem Bauprojekt zum Opfer fallen. Auch ist überall dort, wo der Tunnel entsteht, der Bau von Erdsonden nicht mehr möglich. 

In Birsfelden und Muttenz wird voraussichtlich Wald des Kantons Basel-Stadt und der Christoph-Merian-Stiftung dauerhaft beansprucht, wie Florian Schreier vom VCS sagt. An der Dreirosenanlage sind laut Enteignungsplan einzelne Häuser zwischen Horburg- und Markgräflerstrasse von Enteignungen betroffen.

Tonja Zürcher
Tonja Zürcher will, dass die Quartierbevölkerung mitredet.. (Bild: Webseite Grosserrat)

Kritisiert wird auch, dass die Dreirosenmatte während der Bauzeit als Grün- und Sportanlage zur Baustelle des Tunneleingangs wird – und der Park nach Fertigstellung des Rheintunnels nicht mal vollumfänglich ersetzt werden soll. Deswegen mobilisiert der Verein «Dreirosen bleibt» gegen das Projekt.

Tonja Zürcher vom Verein sagt: «Der Rheintunnel würde die Dreirosenmatte zerstören und noch mehr Verkehr in die Basler Quartiere bringen. Er widerspricht diametral den beschlossenen Klimazielen. Für uns ist es deshalb von grosser Bedeutung, dass die Bevölkerung beim Rheintunnel mitreden kann und nicht einfach über die Köpfe der Betroffenen hinweg entschieden wird.»

Die Rheintunnel-Planauflagen des Bundesamt für Strassen (Astra) sind seit dem 15. November für einen Monat öffentlich einsehbar. Das heisst, dass Einsprachen gegen das Projekt bis Donnerstag, 14. Dezember, möglich sind. Dazu muss die unmittelbare Betroffenheit vom Bauprojekt dargelegt werden.

Einsprachen gegen den Rheintunnel

Wer eine Einsprache machen will, bekommt Hilfe vom VCS. Dieser hat Mustereinsprachen vorbereitet. Damit will er erreichen, dass möglichst viele bis zur Deadline am 14. Dezember das Anliegen des VCS unterstützen..

In der Mustereinsprache sind neben dem Antrag, dass der Rheintunnel nicht genehmigt wird, sogenannte Eventualanträge enthalten. Diese sehen, sollte die Einsprache abgelehnt werden, Überarbeitung der Pläne in Einzelfällen vor. So zum Beispiel, dass eine Ersatz-Grünfläche für die Dreirosenanlage bereitgestellt wird oder dass die Bauarbeiten auf die Tageszeiten beschränkt werden.

Haben die Einsprachen denn eine Chance? «Das ist eine Interessenabwägung und bei einem nationalen Projekt wie einer Autobahn ist das Interesse gross. Bei solchen Projekten werden Einsprachen eigentlich immer zugunsten der Autobahn abgewiesen», erklärt Florian Schreier. Deshalb seien die Eventualanträge wichtig, damit die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, dass ein Gericht das Astra zumindest zum Überarbeiten des Projekts zwingt.

Die grosse Hoffnung der Gegner*innen ruht jedoch auf dem Referendum.

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Von Waldshut (Deutschland) den Rhein runter nach Basel treiben lassen. Used to be Journalismus-Student (ZHAW Winterthur) und Dauer-Praktikant (Lokalzeitungen am Hochrhein, taz in Berlin, Wissenschaftsmagazin higgs). Besonderes Augenmerk auf Klimapolitik, Wohnpolitik, Demopolitik und Politikpolitik. Way too many Anglizismen.

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