Ihr Kinderlein spucket, oh spucket doch all

Immer mehr Schulkinder stecken sich mit Corona an, vor dem Spucktest-Wagen bilden sich Schlangen. Eltern fragen: Was machen die Behörden? Wir haben nachgefragt.

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Rein ins Röhrchen: Basler Kinder und Jugendliche nehmen wöchentlich an Reihentests teil (hier ein Foto aus einem Gymnasium in Zürich). (Bild: Keystone-SDA)

Wer gestern an der Güterstrasse im Gundeli vorbei kam, konnte die lange Warteschlange vor dem SRS Medical-Testzentrum nicht übersehen: Viele Eltern standen mit ihren Kindern an, um auf das Coronavirus getestet zu werden. Die Hoffnung auf ein negatives Ergebnis mussten einige von ihnen begraben – Stand Mittwochabend wurden in der letzten Woche in Basel-Stadt 103 Kinder unter 12 Jahren positiv getestet.

Die Fallzahlen an den Schulen explodieren. Wie geht es den Eltern damit?, wollte Bajour im Basel Briefing wissen. 

Ein Leser schreibt uns: «Ich bin Vater eines 10-Jährigen, der durch die Schulpflicht gezwungen ist, sein Kind jeden Tag in eine gefährliche Situation zu schicken. Mir und vielen Bekannten geht es sehr schlecht mit der Situation.» 

Obwohl die Expert*innen davon ausgehen, dass Kinder die Infektion – auch mit der Delta-Variante – im Durchschnitt gut durchmachen, bleibt ein gewisses Risiko bestehen: Long Covid und das PIMS-Syndrom sind als Folgen einer Ansteckung ein realistisches Szenario und die Kinder können das Virus übertragen und so für den Verlauf der Pandemie für kranke und ältere Personen zum Risikofaktor werden. 

Sprich, sie stecken selbst die Infektion gut weg, können aber ihre Grosseltern, die noch auf die Booster-Impfung warten, anstecken. Die Schulen, wo die Kinder ihre meiste Zeit verbringen, werden zum Ansteckungsherd. 

«Das bereitet mir Bauchschmerzen»

Beim Kanton nimmt man das offenbar in Kauf. Der Kantonskinderarzt Markus Ledergerber sagte der «bz» vor 10 Tagen: «Eine Durchseuchung der Kinder ist nicht wünschenswert, aber kaum vermeidbar.» Die aktuellen Schutzmassnahmen würden ausreichen.

Allerdings wurden die meisten Schutzmassnahmen nach den Sommerferien aufgehoben, darunter die Maskenpflicht, die Zahlen waren damals auf tiefem Niveau stabil. «Diese Lockerungen erlauben, dass der Präsenzunterricht und das schulische Leben so uneingeschränkt wie möglich stattfinden können», teilte das Erziehungsdepartement mit

Dafür gibt es auf Primar- und Sekundarstufe I wöchentliche Spucktests, sogenannte Pooltests. Bei einem positiven Pool müssen alle zum Einzeltest antraben, je nach Resultat gibt es dann Isolation oder Quarantäne. Manchmal auch bei ganzen Klassen. 

Das trifft je länger je mehr Familien. Eine Mutter schreibt: «Wer unter 12-jährige Kinder hat, weiss was es heisst, ein Kind für 10 Tage zu Hause einzusperren (das bisschen Frischluft ersetzt kein einziges Gschpänli und kein einziges Toben in der Gruppe). Verstösst nebenbei ja auch noch gegen die Kinderkonvention (oder nicht?), die unseren Kindern an der Schule beigebracht wird. Und dann kommt noch dazu, dass bei allen, die Kinder haben, die jetzt in Quarantäne müssen, mindestens ein Elternteil zu Hause bleiben muss und somit nicht zur Arbeit gehen kann. Hat schon jemand die Arbeitgeber gefragt? Die freuen sich auf jeden Fall ob der Ausfälle. (…) Wie ihr vielleicht raushören könnt, habe ich gerade eine unter 12-jährige, die in Quarantäne sitzt.»

Auch in unserer Gärngschee-Community sorgt das Thema für Diskussionen:

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Widerstand regt sich

Viele Eltern wünschen sich angesichts der zunehmenden Infektionszahlen mehr Schutz für die Kinder.

Mitte Oktober wurde von einer Gruppe von Eltern die Petition «Keine Durchseuchung der Kinder an Basler Schulen» an den Grossen Rat gerichtet. Die Forderungen an die Regierung sind deutlich: Bis zur Zulassung der Impfung für Kinder unter 12 Jahren sollen alle Schutzmassnahmen, insbesondere die Maskenpflicht, wieder eingeführt werden.

Die erste Hürde hat die Petition bereits genommen – die Petitionskommission hat das Begehren im Rekordtempo behandelt und einstimmig direkt an Regierungsrat Conradin Cramer weitergeleitet. Dieser lässt mit einer Antwort auf sich warten. Zwar sagte er an der Grossratssitzung vom 8. November in der Antwort auf eine Interpellation zum Thema von SP-Grossrat Claudio Miozzari: «Die Regierung wird auf massgebliche Veränderungen umgehend reagieren.»

Doch passiert ist noch nichts.

SP-Grossrat Pascal Pfister wirft den Behörden «Untätigkeit» vor. Der ehemalige Justizdirektor Baschi Dürr (FDP) fragt zurück: «Wenn Kinder nicht geimpft werden können und sich keinesfalls anstecken sollen, gibt es realiter welche dritte Variante?»

Was tun also?

Impfen kann man Kinder unter 12 Jahren nicht. Die Zulassung für die Impfung lässt in der Schweiz auf sich warten. Christoph Berger, Präsident der Impfkommission, sagte letzte Woche gegenüber «SRF», dass man erst nächstes Jahr damit rechnen könne. Eine Empfehlung mit hohem Druck werde es von den Behörden nicht geben.

Eltern, die nicht so lange warten wollen, reisen deshalb ins Ausland, etwa nach Deutschland, wo sie auf sogenannte «Off-Label-Impfungen» – also ausserhalb der behördlichen Zulassung – ausweichen. 

Alle anderen brauchen Geduld. Alternativen gibt es keine. Einen Shutdown wünscht sich kaum jemand zurück. Und es gibt auch Eltern, die keine Angst haben und froh sind, dass der Schulbetrieb wieder normal läuft.

Für Nadja ist klar: Eine Rückkehr zum Homeschooling mit allen Folgen für berufstätige Eltern, für vulnerable Grosseltern, aber auch mit den psychosozialen Konsequenzen, die die Kinder und Jugendlichen im Lockdown zum Teil hart getroffen haben, ist keine Option. 

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Und die Behörden? Was sagen sie zur Lage an den Schulen?

«Ein dauerndes Abwägen»

Das Erziehungsdepartement bleibt nüchtern. Zum Anstieg der Fallzahlen an den Schulen sagt Kommunikationsleiter Simon Thiriet: «Die Schulen sind immer Abbild der gesellschaftlichen Entwicklung. Das heisst, wenn in der Bevölkerung die Zahlen steigen, steigen sie auch an den Schulen. Diesen Vorgang beobachten wir seit dem Start der Pandemie.» Erziehungsdepartement und Gesundheitsdepartement würden sich momentan täglich austauschen.

«Die Zahlen an den Schulen sind gestiegen, das muss man nicht diskutieren», sagt Thiriet, allerdings müsse man die Relationen bedenken: «Wir haben an den Basler Schulen rund 25‘000 Jugendliche, davon befinden sich (Stand Freitag, 12. November) rund 250 in Quarantäne oder Isolation.» Aktuell seien in Basel-Stadt 5 Klassen in Klassenquarantäne, keine Schule werde geschlossen.

Auf die Frage, ob die jetzige Strategie noch zielführend sei und ob damit die Pandemie eingedämmt werden könne, antwortet Thiriet: «Es ist ein dauerndes Abwägen zwischen pädagogischen und epidemiologischen Einschätzungen. In der Schweiz insgesamt, ebenso im Kanton Basel-Stadt, haben wir jeweils einen Weg mit möglichst wenigen, jedoch den jeweils nötigen und sinnvollen Einschränkungen gewählt.» Das liest sich fast wie ein Mantra.

Konkreter wird das ED (noch) nicht. Auf folgende Fragen gibt es eine kurze Antwort: 

  • Wird die Maskenpflicht wieder eingeführt? Falls ja, wann und ab welcher Klasse? 
  • Wie steht es um die Maskenpflicht für Lehrpersonen und Schulpersonal?
  • Wird die Einführung von weiteren Massnahmen, die vor den Sommerferien galten, geprüft? Falls ja, welche werden in Betracht gezogen? Ab wann? 

«Genau solche Fragen werden momentan im Austausch zwischen ED und GD und im Regierungsrat diskutiert.»

In der Zwischenzeit breitet sich das Virus weiter aus.

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Davor: Hier und da als Freie, dann in die Lehre bei der SRF Rundschau und später lange bei der Schaffhauser AZ

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Liebt an Basel: Am frühen Morgen im Drämmli sitzen und der Stadt zusehen, wie sie aufwacht.

Vermisst in Basel: muss ich noch herausfinden.

Interessensbindungen: 

  • Mitglied bei investigativ.ch, Syndicom, Öffentlichkeitsgesetz, humanrights
  • Im Vorstand des Vereins «50 Jahre Frauenstimmrecht Schaffhausen»
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