«Das war doch keine Party, das war eine Demo»

Am Samstag gaben Tausende FCB-Fans vor dem Joggeli ihren Unmut kund. Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger sprach gar von einer «Party». Das nervt Dominik, der selbst dort war. Warum, erzählt er hier.

Bildschirmfoto 2021-03-15 um 17
Die Demonstration aus Dominiks* Sicht (Bild: Dominik*)

Die FCB-Demo am Samstag sorgte für viel Kritik bei Verantwortungsträger*innen von Kantonsarzt Thomas Steffen bis Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger (Mitte). Wegen der vielen Menschen, dem mangelnden Abstand, den teilweise fehlenden Masken.

Doch was sagen die Fans selbst dazu? Wir haben mit einem telefoniert und seine Worte aufgezeichnet. Hier heisst er Dominik, eigentlich ist sein Name ein anderer.

Seit 30 Jahren gehe ich regelmässig an alle Matches des FCB. Diesen Match habe ich gemeinsam mit meinen Kolleg*innen auf dem Handy geschaut. Vor dem Stadion.

Ich stand mit meinen Kolleg*innen absichtlich etwas abseits vom «Pulk», gleich bei der neuen St. Jakobshalle. Uns war es wichtig, dass wir die Abstandsregeln einhalten konnten. Ab halb acht war ich dort. Von Anfang an wurde viel diskutiert. Die Stimmung bei uns blieb immer ruhig und sachlich. Unter anderem deswegen hat es mich irritiert, dass in den Medien danach oft der Begriff «Party» anstatt «Demonstration» benutzt wurde. Was macht denn eine Demo aus, und warum war das, was am Samstagabend beim Joggeli stattgefunden hat, keine? Darf man auf einer Demo keinen Spass haben? Aus meiner Sicht hatte die Aktion klar den Charakter einer Demonstration.

Was gerade beim FCB läuft, das ist falsch. Das wissen auch die Fans. Mit unserer Präsenz wollten wir zeigen, dass ein Grossteil der FCB-Anhänger gegen die aktuelle Art und Weise der Clubführung ist. Ich hatte im Vorhinein gehofft, dass einige kommen würden, und wurde nicht enttäuscht.

Schon an der ersten Demonstration waren nur vereinzelt Motorad- und Fahrradpolizist*innen aufgetaucht
Dominik*

Meine Kolleg*innen hatten vorher mit einem grossen Polizeiaufgebot gerechnet. Da ich schon am FCB-Demonstrationszug vor einer Woche in der Basler Innenstadt teilgenommen hatte, erwartete ich das Gegenteil. Schon bei der ersten Demonstration waren nur vereinzelt Motorrad- oder Fahrradpolizist*innen aufgetaucht. Und auch am Samstag war es nicht anders. 

Das Aufgebot der Polizei war absolut verhältnismässig. Die Aktion verlief friedlich und die meisten haben sich an die geltenden Abstands- und Maskenregeln gehalten. Am nächsten Morgen gab es schon einige Bilder in der Presse, bei denen man einen anderen Eindruck bekommen hat, aber Bilder können auch täuschen. Ausserdem und wichtig zu betonen: Gesetzlich ist eine Demonstration zurzeit erlaubt. 

Man konnte in den letzten Tagen den Eindruck bekommen, dass der Kanton die Dringlichkeit der FCB-Fans versteht und ihre Anliegen unterstützt. Die Demonstration wurde sehr schnell bewilligt, als würde man der Bewegung kein Bein stellen wollen. Vielleicht hat da die Erfahrungen auch eine Rolle gespielt. Die erste Demonstration verlief friedlich. Es gab kein Grund zur Annahme, dass diese Aktion es nicht tun würde.

Es ist unwahrscheinlich, dass eine Reaktion von der Clubführung kommt. Der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass schon lange eine Reaktion hätte kommen sollen, aber sie kam nicht. Totschweigen und Aussitzen ist offensichtlich die Strategie der Clubführung.

__________

Aufgezeichnet von Valerie Zeiser

Basel Briefing

Das wichtigste für den Tag
Jetzt Abonnieren
Jetzt Member Werden

Das könnte dich auch interessieren

Demozug 2

Valerie Zaslawski am 06. Oktober 2024

Wo bleibt die Empathie?

Am Samstag haben in Basel Tausende Menschen für eine Befreiung der Palästinenser*innen demonstriert. Und gegen Israel. Immerhin blieb es friedlich.

Weiterlesen
Die Schalterhalle des Bahnhof SBB in Basel, am 5. Dezember 2023. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)

David Rutschmann am 05. August 2024

FCB-Fans sollen Mann angegriffen haben

Am Samstag wurde ein Mann am Basler Bahnhof SBB attackiert. Laut Aussagen des Opfers waren die mutmasslichen Angreifer Anhänger des FC Basels. Der FCB bedauert den Vorfall. Zeug*innen berichten derweil von rassistischen Bemerkungen der Angreifer.

Weiterlesen
Sacha Lüthi Titelbild

am 27. Juni 2024

«Gefühlt gelten wir jetzt alle als böse Sexisten und Rassisten»

Sacha Lüthi ist Community-Polizist. Die politische Debatte nach der Veröffentlichung des Untersuchungsbericht zu den Missständen bei der Basler Polizei macht ihm zu schaffen. Er hat Bajour seine Gefühlslage geschildert.

Weiterlesen
14. Juni 2024 – 3 Welten, 1 Stadt

Michelle Isler,Jan Soder,David Rutschmann am 14. Juni 2024

Eine Stadt, drei Welten

Wie ist der Vibe in Basel, wenn am selben Tag schickes Art-Basel-Publikum, feministische Demonstrierende und Fussballfans die Stadt einnehmen? Eine Reportage.

Weiterlesen

Kommentare