Die Mär vom Staatsabbau

Die Einnahmen des Kantons wachsen. Doch die Ausgaben wachsen noch stärker. Dennoch werden die Linken nicht müde, den Staatsabbau zu beklagen. Über ein linkes Narrativ, das schlicht falsch ist.

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Finanziell steht Basel-Stadt gut da. (Bild: Adobe Stock)

«Erst verteilt man grosszügig Steuergeschenke, und wenn dann die Einnahmen fehlen, heisst es plötzlich, man müsse halt abbauen und kürzen.» So lautet ein beliebtes linkes Narrativ, zuletzt wieder geäussert in einer Kolumne einer geschätzten linken Ratskollegin. Darin wurde die Behauptung aufgestellt, die Bürgerlichen würden zuerst Steuersenkungen durchsetzen und dann Sparrunden einläuten. An dieser Argumentation ist so ziemlich alles falsch. Deshalb kann sie nicht unwidersprochen bleiben.

Zur Person

Luca Urgese, Jg. 1986, politisiert seit 2014 für die FDP im Grossen Rat. Von 2016 bis 2021 war er Parteipräsident. Im März kandidierte Urgese für den Regierungsrat, unterlag jedoch Mustafa Atici. In seiner Kolumne «Caffè Urgese» schaut er mit der bürgerlichen Brille auf Basel. Er äussert sich als Politiker und nicht als Mitarbeiter der HKBB.

In unserem Kanton (und auch beim Bund) wird nicht gespart. Um das aufzuzeigen, kommen wir nicht ganz um ein paar Zahlen herum: 2015 hatte der Kanton Basel-Stadt einen Betriebsaufwand von 3,7 Milliarden Franken. Zehn Jahre später budgetiert der Regierungsrat einen Betriebsaufwand von 5,1 Milliarden Franken. Innerhalb eines Jahrzehnts sind die Ausgaben also um mehr als ein Drittel, über 37 Prozent, angestiegen. Der Staatsabbau ist eine Mär!

Die Betriebseinnahmen des Kantons stiegen im selben Zeitraum ebenfalls, nämlich von 3,6 auf 4,8 Milliarden Franken, also um genau einen Drittel. Dazu gehören auch die Steuereinnahmen, die von 2,8 auf 3,2 Milliarden Franken, also um mehr als 14 Prozent, anstiegen. Dies trotz zwei Steuersenkungspaketen, mit denen wir die Bevölkerung direkt und wirksam entlastet haben.

Ein Ausgaben-, nicht ein Einnahmenproblem

Was sagen uns nun diese Zahlen? Der Kanton Basel-Stadt nimmt immer mehr Geld ein. Doch die Ausgaben wachsen stärker. Der Grund dafür, dass wir uns das linke Wunschkonzert nicht mehr leisten können, sind also nicht Steuersenkungen, sondern das massive Wachstum der Ausgaben. Wir haben ein Ausgabenproblem, kein Einnahmenproblem.

Aufmerksame Leserinnen und Leser werden übrigens bemerkt haben, dass der Betriebsaufwand höher ist als der Betriebsertrag. Dem ist tatsächlich so. Das Betriebsergebnis des Kantons weist im Budget 2025 ein Defizit von 239 Millionen Franken auf. Der einzige Grund, dass der Kanton keine roten Zahlen veröffentlichen muss, ist der sogenannte Finanzertrag. Dieser besteht unter anderem aus den Mieteinnahmen der Liegenschaften des Kantons und der Gewinne seiner Unternehmen, zum Beispiel der IWB und der BKB.

«Der Begriff «Steuergeschenk» würde nur zutreffen, wenn man die Haltung vertritt, dass sämtliches Geld grundsätzlich dem Staat gehört.»
Luca Urgese

Mit anderen Worten: Dank Rendite und Profit hat der Kanton keine Defizite. Für Linke sind das zwei Reizwörter. Für den Kanton sind diese Einnahmen dringend notwendig.

Mich lässt es immer etwas ratlos zurück, wenn die Linke von «Sparen» und «Abbau» spricht. Wo bitte wird in unserem Kanton gespart, abgebaut oder gekürzt? Erst letzte Woche wurde in einer Grossratsdebatte auf diese Frage als Beispiel angeführt, man habe in einem kantonalen Betrieb dem Personal nur 0,4 Prozent Teuerungsausgleich gewährt. Wenn also linke Forderungen nicht vollumfänglich, sondern nur teilweise erfüllt werden, ist das nach linker Lesart bereits Staatsabbau. Damit lässt sich trefflich politisch Stimmung machen. Der Realität entspricht es nicht.

Es gibt keine «Steuergeschenke»!

Was mich schliesslich immer triggert, ist der Begriff «Steuergeschenke». Eigentlich ist es ganz einfach: Schenken kann man nur, was einem gehört. Nimmt man den Steuerpflichtigen in Form von Steuersenkungen weniger Geld weg als vorher, ist das also kein Geschenk. Sondern man lässt ihnen mehr übrig von ihrem eigenen Geld.

Der Begriff «Steuergeschenk» würde nur zutreffen, wenn man die Haltung vertritt, dass sämtliches Geld grundsätzlich dem Staat gehört. Und das, was nach Abzug der Steuern übrigbleibt, wird uns vom Staat grosszügigerweise geschenkt. Das mag vielleicht in autoritären Staaten so sein. Aber in unserem liberalen Staat geniesst Eigentum zum Glück immer noch einen hohen Stellenwert.

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