Die Radschaft holt deinen Kompost vor deiner Türe ab

Das Basler Kompostsystem ist Chaos. Doch wer im Gundeli, Bachletten oder St. Alban lebt, hat Glück. Dort gibt es die Radschaft.

Kompost Radschaft
(Bild: Valerie Zeiser)

Mittwochmorgen, neun Uhr in Basel. Die Strassen erholen sich langsam vom Pendlerverkehr. Ich befinde mich am Güterbahnhof Wolf, wo gleich der Arbeitstag von Raphael Hirschi startet. «Guete Morge» sagt er, und lächelt. Der junge Mann trägt eine jägergrüne Outdoorjacke über Jeans. Eine hellgrüne Mütze schützt seine Ohren vor dem Fahrtwind.

Heute werde ich Raphael bei seiner Arbeit begleiten: Jeden zweiten Mittwoch sammelt er Rüstabfälle von Privatpersonen ein. Das Unternehmen, bei dem er arbeitet, heisst Radschaft. Es holt per Velo den Kompost ab und gibt ihn in einen grossen gemeinsamen Kompost am Güterbahnhof, vor dem ich nun stehe. «Bevor wir losfahren, muss ich noch die Kisten und den Anhänger abholen», sagt Raphael zu mir. «Ich bin gleich wieder da.»

Ich bestaune den Kompost. Da gibt es nicht nur Erde, Rüebli und Kartoffelschalen zu entdecken, sondern auch Kürbisse. Aber keine gerüsteten, sondern solche, die aus dem Kompost herauswachsen. 

Der Sammelkompost der Radschaft sticht beim ansonsten grauen Güterbahnhof Wolf ganz schön grün heraus.
Der Sammelkompost der Radschaft sticht beim ansonsten grauen Güterbahnhof Wolf ganz schön grün heraus. (Bild: Valerie Zeiser)

Nun kommt auch Sara, Raphaels Kollegin, an. «Guete Morge», sagt auch sie. Die junge Frau strahlt mich mit wachen Augen an. Sie trägt dicke Handschuhe und eine wetterfeste Jacke. Ich frage sie nach dem Kürbis. Sie lacht. «Ja, der ist uns auch schon aufgefallen.» Ihren Routenplaner laden sie via App auf ihr Handy. Die zeigt ihnen an, bei wem sie heute Kompost abholen sollen. 

Kurze Besprechung, wer welchen Teil macht und dann geht es auch schon los. Wir fahren das Hexenweglein entlang und anschliessend auf die Brücke und über die Gleise Richtung Gundeli. Dort trennen wir uns von Sara. Sie beginnt im östlichen Teil des Quartiers mit Einsammeln, wir im westlichen.

Wir fahren bis zum Ende der Güterstrasse. Von da an geht es in die Pruntruterstrasse, wo die erste grüne Radschaft-Kiste eines*einer Kund*in entleert wird. Die Rüstabfälle liegen in einem kleinen, recyclebaren, gelben Säckchen zusammengeknotet in einer Kiste. Das erleichtert Raphaels Arbeit. Aber nicht in jeder Kiste hat es so einen Sack drin. «Für die Boxen ohne Säckchen haben wir auch noch Schaber, damit wir sie sauber entleeren können», erklärt er mir. 

Kompost Radschaft
Anhalten, einsammeln, weiterfahren. (Bild: Valerie Zeiser)

Wir fahren weiter, von Türe zu Türe, von Box zu Box. Einige stinken grausam einer so schlimm, das wir die Kiste auf dem Velo, in der sich der Kompost nun befindet, zuunterst platzieren. «Es kommt selten vor, dass eine Kiste stinkt.» «Ist wohl mein Glückstag heute», sage ich. Bei einigen wenigen Häusern verteilt Raphael noch «Löwenbrot». Teil des Angebots von Radschaft. Das regionale Produkt kann man im Voraus bestellen. Hat Raphael eine Adresse erledigt, hakt er sie auf dem Handy ab. 

So langsam merke ich, dass ich definitiv ein Sommerkind bin. Während mir langsam die Fingerspitzen abfrieren, fährt Raphael ohne Handschuhe von Tür zu Tür. Welches Wetter hat er denn am liebsten? «Das ist mir nicht so wichtig», sagt er. «Aber Frühling und Herbst sind natürlich schon am einfachsten von den Temperaturen her. Nicht zu kalt, nicht zu warm.»

«Dieser Kompost duftet immer so gut, wegen dem ganzen Tee»
Raphael, Fahrer bei der «Radschaft»

Das Angebot des Radschaft-Teams gibt es inzwischen in den drei Quartieren Gundeldingen, Bachletten und St. Alban. «Es brauchte eine Konzession, welche wir übrigens für die ganze Stadt haben.» Also habt ihr vor, weiter auszubauen? «Genau. Wir bauen schrittweise aus und testen die Machbarkeit. Eine Erweiterung in Kleinbasel steht bald an.»

Wir gelangen zu einer Kita, die das Angebot der «Radschaft» ebenfalls nutzt. Auf diesen Kompost freut sich Raphael besonders. «Der duftet immer so gut, wegen dem ganzen Tee.» Und tatsächlich. Von der etwas grösseren Kompostbox der Kita weht einem ein fruchtiger Duft entgegen. Dass ich so mal über Kompost schreibe, hätte ich nie gedacht.

Kompost Radschaft
Gestartet wird noch ännet der Gleise, dann geht's Richtung Gundeli. (Bild: Valerie Zeiser)

Mittlerweile haben wir elf Uhr und noch einige Boxen vor uns. Aber Raphael nimmt’s gelassen. «Ich mache das ja auch, weil ich es sinnvoll finde. Warum etwas wegschmeissen, das so gut wiederverwertet werden kann?» Das ganze Team fährt freiwillig. Für 15 Franken im Monat werden wöchentlich bis zu 10 Liter Bioabfall bei den Kund*innen abgeholt. Alle Einnahmen fliessen direkt an das Projekt zurück. 

Mit einem erstaunlich schnellen Tempo – manchmal komme ich kaum hinterher – fahren wir durchs Quartier. Irgendwann um halb 12 sind wir bei der letzten Türe angelangt. 

Der Veloanhänger ist gefüllt, die Boxen gestapelt. Wir machen uns auf den Rückweg. Wieder über die Brücke, durch das Hexenweglein zurück zum Sammelkompost. Dort angekommen, heisst es dann: Umladen. Jede Kiste auf dem Anhänger wird ausgeleert und ausgewaschen. 

Sara ist noch unterwegs. Sie hat heute den grösseren Teil des Quartiers übernommen. «Nächstes mal bin ich dann wieder dran.» Nächstes mal bedeutet für Raphael und Sara in zwei Wochen. Denn nächsten Mittwoch geht das andere Zweierteam los, um den Gundeldinger Kompost einzusammeln.

Radschaft
Ganze sechs Kisten Kompost hat Raphael insgesamt eingesammelt. Das wird jetzt auf den im Hintergrund abgedeckten Sammelkompost umgeladen. (Bild: Valerie Zeiser)

Über «Radschaft»

Die «Radschaft» ist ein non-profit Unternehmen mit vier Teammitgliedern. Sie holen per Velo deine Rüstabfälle ab, die du in einer grünen Box vor die Haustüre stellst, und bringen ihn zu einer Sammelstelle. Dort wird kompostiert und gestampft, was das Zeug hält. Kund*innen, die ihren Kompost abholen lassen, können auch regionale Produkte bestellen, die vom «Radschaft»-Team ausgeliefert werden.

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So kompostierst du in Basel

Wenn du in Basel keinen eigenen Kompost hast oder Kund*in der «Radschaft» bist, gestaltet sich das Recycling von Küchenabfällen etwas kompliziert. Wir zeigen dir, wie’s geht.

Variante 1: Quartierkompost

In Basel gibt es 30 Quartierkomposte. Sie sind zwar gratis, viele davon haben aber sehr beschränkte Öffnungszeiten. Auf dem Bild unten findest du eine Übersicht, wo sich der nächste Quartierkompost in deiner Nähe befindet.

Bildschirmfoto 2021-03-02 um 14
Eine Übersicht der Quartierkomposte und ihrer Üffnungszeiten.

Variante 2: die Bioklappen

In Basel gibt es sieben Bioklappen. Du findest sie an diesen Adressen:

  1. Burgfelderstrasse 216
  2. Oekolampadstrasse
  3. Bundesplatz beim Schützenmattpark
  4. Breite, Zürcherstrasse 158
  5. Redingstrasse, Ecke Gellertstrasse 137
  6. Landhof, hinter der Wettsteinallee 71
  7. Wohngenossenschaft Holeestrasse, nahe Nenzlingerstrasse 3

Hier erfährst du, was du kompostieren kannst. Für die Bioklappen brauchst du  eine Chipkarte, die 10 Franken kostet. Diese erhältst du an folgenden Adressen:

  1. Ahorn Apotheke, Ahornstrasse 24
  2. St. Clara Apotheke, Clarastrasse 22,
  3. SPAR Supermarkt, Birsstrasse 200
  4. Burgfelder-Apotheke, Burgfelderstrasse 170
  5. DROP A Drogerie Apotheke Gundelitor, Güterstrasse 180
  6. Wohngenossenschaft Holeestrasse Basel, Kaltbrunnenstrasse 35 (nur am Vormittag)
  7. Kundenzentrum des Justiz- und Sicherheitsdepartements (JSD), Spiegelgasse 6

Wie du siehst, Kompostieren in Basel ist gar nicht so einfach. Wir haben an dieser Stelle bereits einmal über das Chrüsimüsi berichtet. Hier gelangst du zum Artikel.

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Valerie aka «Zeisi» hat als Praktikantin bei Bajour gestartet, dann ein Studium begonnen und arbeitet nun nebenbei als freie Journalistin bei der bz sowie bei Bajour als Briefing-Schreiberin. Sie ist während der Vorfasnachtszeit – laut ihr das ganze Jahr – schlecht erreichbar, ist aber ständig unterwegs.

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