Und jetzt bitte nachhaltig
Vor der Tür stehen zwei Grossevents – doch Basel will ja eigentlich nachhaltig sein. Was tun? Die Stadt probiert's mit Veggie-Burgern, Sonnencreme-Spendern, Mülltrennungs-Torwänden und All-Gender-WCs.
Auf den Punkt
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Basel will bis 2037 klimaneutral sein und will für dieses Ziel einiges auf den Kopf stellen. Trotzdem will die Stadt in diesem Jahr mit dem Eurovision Song Contest und der Frauenfussball-EM zwei Grossveranstaltungen mit internationaler Ausstrahlung austragen. Die Umweltbelastung, die solche Grossveranstaltungen mit sich bringen, wurde kritisiert – zum Beispiel auch von der linken Basta-Grossrätin Heidi Mück.
Diese Herausforderung ist auch dem Kanton bewusst. Deshalb wurde auch extra im Amt für Umwelt und Energie (AUE) eine Stelle «Teilprojektleitung Nachhaltigkeit ESC und Women's Euro» geschaffen. Diesen Job hat Kaarina Riesen übernommen, langjährige Mitarbeiterin der AUE und früher Co-Leiterin des Schweizer Verbands für nachhaltige Events.
«Unser Ziel ist, dass wir Best-Practice-Massnahmen schaffen, die für andere Veranstaltungen dieser Art übernommen werden können.»Kaarina Riesen, Teilprojektleitung Nachhaltigkeit ESC und Women's Euro
Die Massnahmen, die man sich nun für die beiden Grossveranstaltungen überlegt hat, wurden am Donnerstag der Presse vorgestellt. Als wichtigste Grundlage dienten die 58 Empfehlungen für nachhaltige Events, die Kaarina Riesen einst selbst mitentwickelt hat. Sie sagt: «Unser Ziel ist, dass wir Best-Practice-Massnahmen schaffen.» Als «Benchmark für künftige Veranstaltungen» wird das Nachhaltigkeitskonzept in einer Medienmitteilung bezeichnet.
ÖV statt Auto
Schon bekannt war, dass an beiden Events versucht wird, die Nicht-Basler Besucher*innen zur Anreise mit dem ÖV zu bewegen: Im ESC-Ticket beispielsweise sind Vergünstigungen bei der SBB inbegriffen, Bus und Tram kann man gratis fahren. Allein in der ESC-Woche sind 700 Trams, 450 Busse und 115 Züge mehr als sonst im Einsatz.
Lokales Veggie-Angebot
Eine weitere grosse Stellschraube für eine klimaschonende Durchführung der Events ist das Verpflegungsangebot. Hier setzt sich Basel das Ziel, dass 75 Prozent der angebotenen Speisen mindestens vegetarisch sind (es ist von Falafel, Frühlingsrollen, Curry und Veggie-Burgern die Rede). Auch sollen möglichst lokale Produkte verwendet werden – alle verwendeten Lebensmittel sollen höchstens aus einem Umkreis von 150 Kilometern stammen (das ist ca. eine Strecke von Basel bis St. Gallen).
Food Save
Zudem wird eine 100-Prozent-Quote beim Food Save angepeilt: Verschwendung soll vermieden werden, indem die Portionsgrössen variabel sind und Überschüsse an Food-Save-Organisationen weitergegeben werden können. An den Essensständen soll es Mehrweg-Geschirr geben.
Mülltrennung
Generell will Basel möglichst viel Abfall vermeiden – und den anfallenden Müll zumindest korrekt trennen. Auf dem Barfüsserplatz – wo sowohl während ESC als auch EM viel Programm geplant wird – soll es eine kleine Recyclingstation für die Standbetreiber*innen geben. Und auch die mobilen Mülleimer werden ge-upgradet: PET und Alu soll man dort getrennt entsorgen können. Stefan Pozner von der Stadtreinigung sagt dazu: «Sie sind nicht unbedingt schick, aber es ist auch nur für Abfall.» Etwas Schickes hingegen hat man sich für die EM überlegt: eine Mülltrennungs-Torwand.
Weitere Massnahmen gehen über die Umwelt-Komponente hinaus und sollen «nachhaltig» im sozialen Sinne sein:
Barrierefreiheit stärken
Die Infrastruktur an den offiziellen Venues von ESC und EM wird so konzeptioniert, dass sie barrierefrei sein soll. Natalie Berger von der Fachstelle für Menschen mit Behinderung sagt, es sei ein zentraler Punkt, dass man die Zugänglichkeit im Voraus planbar macht. Die Basler Publikumsangebote sollen daher auf der Plattform ginto.guide ergänzt werden – in der App wird erfasst, wie die Barrierefreiheit an Events gewährleistet wird. Hinzu kommen beispielsweise spezielle Events wie die Gehörlosen-Disco und die Drag-Show in Gebärdensprache.
Schutz vor Sommerhitze
Hitze wird vor allem während der EM im Juni ein Thema sein. Die Massnahmen reichen hier von Fächern, auf denen Hitzeschutz-Tipps notiert sind über kostenlose Sonnencreme-Spendern in der Stadt hin zu einer «coolen» Zone: Das Stadtcasino wird sein Foyer in der Zeit als kühlen Rückzugsort öffentlich zugänglich machen und dort ein «Play-and-Chill»-Angebot zum Verweilen anbieten. Auch die 200 Brunnen werden mit Schildern versehen, die ausländischen Gästen signalisieren, dass man sie für Trinkwasser nutzen kann.
Sichtbarkeit schaffen
Männer- und Frauen- sowie barrierefreie WCs soll es weiterhin geben. Damit sich nicht-binäre Personen willkommen und sicher fühlen, soll es aber zusätzlich All-Gender-Toiletten geben. Sichtbarkeit all dieser Themen soll zur Sensibilisierung der Bevölkerung beitragen: Immer, wenn man eine nachhaltige Entscheidung treffen kann, wird man einem #wecare-Sticker begegnen – bei den vegetarischen Optionen am Food-Stand oder bei den Mülleimern.
Das ganze Projekt wird konstant evaluiert und Ende Jahr soll es einen Nachhaltigkeitsbericht geben – dann werden wir sehen, ob Basel seine Ziele einhalten konnte.