Kulturstadt Jetzt: «Die Verwaltung würgt Kultur ab»
Nach dem Konzertverbot für den Alten Zoll gibt es Kritik an den Auflagen der Verwaltung. Aber nicht nur: Es gibt auch Beizer*innen, welche die Stadt «grosszügig» und «wohlwollend» erleben.
Dem Alten Zoll wurde die Bewilligung für Konzerte entzogen und die Gästezahl beschränkt. Der Besitzer Roger Malzacher sagte daraufhin gegenüber Bajour: «Die Stadt redet viel darüber, die Kultur beleben zu wollen, aber verhindert es im gleichen Moment mit Vorgaben.» Das betroffene Bau- und Verkehrsdepartement äussert sich nicht dazu, da das Rekursverfahren von Malzacher gegen den Entscheid hängig ist.
Im letzten Jahr hörte man auch vom Hafen Frust, aufgrund angepasster Lärmvorschriften wurden weniger Partys und Konzerte zugelassen. Caroline Rouine von der Marina Bar sagte damals zu Bajour: «Es fühlt sich so an, als ob die Behörden uns Betreiber*innen, Steine in den Weg legen wollten».
Regierungspräsident Beat Jans verwies in seiner Antwort auf eine Interpellation zum Thema auf Bundesvorgaben: «Der Regierungsrat würde im Interesse der Kulturveranstaltungen einen grösseren Spielraum der Gemeinden und Städte begrüssen. Dazu müsste aber entsprechend das eidgenössische Umweltschutzgesetz angepasst werden.»
Bei der Lobbyorganisation Kulturstadt Jetzt sieht man allerdings auch ein Problem auf Kantonsebene. Geschäftsführer Sebastian Schlegel kritisiert, in der Regierung und Verwaltung scheine tatsächlich nicht immer Einigkeit über die Linie zu herrschen. «Es ist ja so, dass aus dem Präsidialdepartement regelmässig zu hören ist, dass Kultur wichtig sei. Gleichzeitig entscheidet in den wenigsten Fällen dieses Departement, was den Regeln und Verordnungen entspricht», so Schlegel. Lärmschutz oder Bauvorschriften sind im Baudepartement angesiedelt.
Natürlich brauche es in einer Stadt Regeln und Vorgaben für ein friedliches Nebeneinander, sagt Schlegel, doch «zu oft versteckt sich die Verwaltung hinter intransparenten oder nicht nachvollziehbaren Entscheidungen, lässt Augenmass und Fingerspitzengefühl vermissen und würgt dadurch Kultur ab». Die Leidtragenden seien die, die Basel lebendig und lebenswert machen würden, schliesst er ab.
Wird das von anderen Lokalen auch so wahrgenommen?
Auch Hermès Beurret, Geschäftsleiter der Rhyschänzli Gruppe, betont die grosse Menge an Vorschriften. «Es ist echt nicht einfach, alle zu kennen, es gibt viele Ämter bei denen man Vorabklärungen treffen muss», meint Beurret, «ohne eine*n Expert*in ist das schwierig.» Die Rhyschänzli Gruppe hat bei ihren Lokalen zwar keinen Konflikt, sie habe sich aber schon gegen neue Standorte entschieden, da diese aufgrund der Vorschriften im Bau zu kostenintensiv seien.
So führe es manchmal zu Komplikationen, wenn man ein Lokal umbauen möchte. Wolle man zum Beispiel eine neue Küche installieren und gewisse andere Dinge nicht mehr dem Standard genügen, muss man dementsprechend diese auch auf den neuesten Stand bringen. Dies sei platztechnisch nicht immer möglich.
Die Stadt stehe der Gastronomie in Sachen Kultur nicht im Weg, es gehe jedoch Spontanität und Flexibilität verloren, um Projekte schnell umzusetzen.
Laut Maurus Ebneter, Präsident des Wirteverbands, sind «die grössten Hürden bau-, feuer- und gesundheitspolizeiliche Vorschriften sowie umweltrechtliche Auflagen. Zwar machen diese im Einzelnen meistens Sinn, man möchte ja niemanden gefährden, aber sie sind manchmal mit viel Aufwand und hohen Investitionen verbunden».
Das ist jedoch nicht nur ein Basler Thema. Ebneter attestiert der Schweiz im Allgemeinen einen Hang zur Perfektion: «Der Aufwand für die letzten 10% der Zielerreichung ist unverhältnismässig hoch.» Er würde sich wünschen, dass sich die Gesetzgeber und die Vollzugsorgane mehr aufs Wesentliche konzentrieren würden und nicht jedes Detail «durchregulieren» liessen.
Vieles sei in Basel möglich, aber manchmal sei es sehr aufwändig. Dieser «Papierkrieg» sei vor allem für sehr kleine Betriebe ein Problem. Trotzdessen spürt Ebneter ein Wohlwollen der Behörden gegenüber der Gastronomie und der Nachtkultur.
Benedikt Pfister, Betreiber des Didi Offensiv, spürt dieses Wohlwollen auch, beispielsweise bei Fussballübertragungen im Freien: «Wir erleben die Stadt im Zusammenhang mit Fussball Public Viewings als grosszügig im Bezug auf die Benutzung des Allmend», erklärt er.
Und auch das KLARA scheint zufrieden, wenn man mit Geschäftsführer Yannick Studer redet. Er setzt auf den Dialog. «Die Situation kann sich natürlich immer schnell verändern», führt Studer aus, «und um die Interessen vieler zu berücksichtigen, setzt man sich dann eben mit den Einwänden auseinander».
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