Dienstpflicht für alle?
Am 30. November stimmt die Schweiz über die Service-Citoyen-Initiative ab. Sie will den Schweizer Wehrdienst grundlegend reformieren und ihn von der strengen Ausrichtung auf Sicherheit und Landesverteidigung lösen. Heute müssen ausschliesslich Männer ins Militär – oder als Alternative über einen längeren Zeitraum Zivildienst leisten bzw. einen Ersatzbeitrag zahlen. Frauen steht es frei, dies auch zu tun. Statt nur für Männer soll es aus Sicht der Initiant*innen künftig für alle jungen Schweizer*innen eine Pflicht geben, sich gemeinschaftlich einzubringen: in der Armee, im Zivilschutz oder im Zivildienst (z.B. Gesundheits-, Sozial-, oder Umweltschutzbereich). Der Bundesrat und der Grossteil des Parlaments lehnen diese Initiative ab und argumentieren, dass sie zu grossen Kosten für Bund und Kantone sowie die Wirtschaft führen würde. Von den grossen Parteien haben sich einzelne Exponent*innen zustimmend positioniert. Die Ja-Parole haben allerdings nur GLP und EVP gefasst.
Heute leisten nur rund 20 % der Bevölkerung Dienst – das ist weder gerecht noch nachhaltig. Die Initiative will, dass künftig alle die Möglichkeit haben, sich einzubringen – ob im Militär, im Zivilschutz, im Sozialwesen oder im Umweltschutz. Es geht nicht darum, Care-Arbeit zu ersetzen, sondern sie als Teil eines umfassenderen Verständnisses von gesellschaftlichem Engagement zu sehen. Wer Verantwortung übernimmt, stärkt den Zusammenhalt und das Bewusstsein dafür, dass unser Land nur funktioniert, wenn alle bereit sind, etwas beizutragen. Echte Gleichstellung heisst: gleiche Rechte, gleiche Chancen – und auch gleiche Pflichten. Die Initiative schafft genau das – fair, modern und mit Blick auf die Zukunft.
Eine Hilfe für mehr Frauenrechte
Es geht bei dieser Initiative doch nicht in erster Linie um mehr Gleichberechtigung zwischen Geschlechtern - wofür man leider immer noch kämpfen muss - sondern um eine neue Form von Service Citoyen, der auch dem Anspruch von Gleichberechtigung entsprechen sollte. Dabei wäre der Militärdienst zu anderen Diensten nicht mehr privilegiert. Andere Dienste wären dem Militärdienst gleichgestellt. Dadurch wird sich das Bewusstsein schärfen, dass ein Land wie die Schweiz nicht einfach so bestehen kann, sondern dass alle ein Teil davon sind und dafür auch etwas tun müssen. Guter Nebeneffekt ist allerdings, wenn alle Frauen dieser Verantwortung nachkommen, dass sie einen grösseren sichtbaren Arbeitsanteil in dieser Gesellschaft haben und sie dadurch auch eine bessere Position einnehmen, um gestalten zu können. Und das gefällt mir, weil es weitere positive Veränderungen für uns Frauen schaffen wird.
Ein klares JA für die nächste Generation, für Gleichstellung, GEGEN veraltete Rollenbilder!
Schon spannend, oder? Wir erziehen unsere Kinder ohne starre Rollenbilder – und kaum werden sie 18, zeigt ihnen der Staat, wo’s langgeht: Männer an die Front, Frauen an den "Herd". Gleichstellung darf weiter warten. „Es koste zu viel, wenn auch Frauen Dienst am Vaterland leisten.“ Aha! Für die Männer reicht’s aber? Wir Frauen sollen derweil arbeiten, Kinder hüten und unseren Dienst an der Gesellschaft gratis leisten. Wer sich freiwillig fürs Militär meldet, landet in einer Welt mit 98 % Männern. Der Zivildienst steht uns gar nicht offen – und für Männer soll er nun wegen Rekrutierungsproblemen erschwert werden. Und wie passt das bitte zur Bundesverfassung, wenn untaugliche Söhne Ersatzabgaben zahlen, Töchter aber nicht? Ich will, dass unsere Söhne nicht länger allein für die Sicherheit einstehen – und unsere Töchter nicht lernen, dass ihr Dienst an der Gesellschaft weniger wert ist. Lasst uns für die Jungen, für die nächste Generation JA sagen zur Service Citoyen Initiative!
Wie Sie ernsthaft behaupten können, diese Initiative diene der Gleichstellung, obwohl Frauen, die ja eh schon durch Lohnunterschiede, und die Erledigung des Löwenanteils der unbezahlten Care-Arbeit belastet sind, jetzt auch noch zur Zwangsarbeit gezwungen werden sollen, ist mir unverständlich. Nach der Logik hätte man 1971 auch einfach allen das Wahlrecht wegnehmen können, denn wenn niemand wählen kann ist auch niemand diskriminiert. Aber so funktioniert das nicht, Gleichstellung muss für Verbesserungen der Verhältnisse sorgen, nicht für Verschlechterungen.
Sehr stark geschrieben👏 Was mir besonders gefällt: Du sprichst aus, was viele übersehen – dass Gleichstellung auch heisst, Verantwortung zu teilen, nicht zu verschieben. Ein Punkt, der für mich zusätzlich wichtig ist: Der Service Citoyen stärkt nicht nur die Gleichberechtigung, sondern auch das Verständnis zwischen ganz unterschiedlichen Lebensrealitäten. Wenn junge Menschen – egal ob im Militär, im Sozialdienst oder im Umweltschutz – gemeinsam anpacken, entsteht Respekt und Zusammenhalt, den keine Theorie ersetzen kann.
Erweiterung des Horizonts
Gleichstellung hin oder her, ein Service Citoyen könnte für viele Menschen auch eine willkommene Abwechslung zum Alltag sein oder neue Perspektiven ermöglichen. Zum Beispiel die Person, die normalerweise im Büro sitzt und dann mal einen Sommer mit Bergdienst auf der Alp verbringt. Oder Schulabgänger, die einen ersten Einblick in einen Pflegeberuf erhalten, bevor sie sich für eine Ausbildung entscheiden.
Freiwilligenarbeit
Wir haben viele Organisationen die Freiwilligenarbeit anbieten oder organisieren. Dort können sich alle melden.
Alles gute Ideen, die jedoch in keinster Weise die Zustimmung zu einer derartig schlecht durchdachten Initiative rechtfertigen. Neben dem schon erwähnten Argument der Gleichstellung, die bei dieser Initiative weitere Rückschritte machen wird, - drückt die Initiative die Löhne im Gesundheitswesen und im Sozial- und Bildungsbereich weiter nach unten, - trägt durch ihre schwammige Formulierung zur Militarisierung der Gesellschaft bei - und ermöglicht die Initiative es zum Beispiel, Ausländer*innen, also Menschen ohne politische Mitspracherechte zu einem Dienst zu verpflichten, statt dass ihnen wie bisher erst Mitbestimmungsrechte und Staatsbürgerschaft zugestanden werden müssen, bevor man das mit ihnen anstellen kann. Dazu geht gerne vergessen, dass es jetzt schon schwierig ist, genug Zivildienststellen für die aktuellen Zivildienstleistenden zu finden. Mehr Gegenargumente hier.
Endlich weg von Geschlechterklischees
Niemand sagt, die Initiative löse alle Probleme, aber sie ist ein Schritt in die richtige Richtung, auch für einen Dienst, der aktuelle Bedrohungen, etwa in Form des Klimawandels und der Bekämpfung der Folgen davon, mitdenkt. Ich finde auch den Vergleich von Erziehungsarbeit mit Militärdienst einfach schräg: Als Frau hat man dank Verhütungsmittel die *Wahl* ein Kind auf die Welt zu stellen, als Schweizer Mann hat man denselben Luxus der Wahlfreiheit bezüglich Militärdienst nicht. Ausserdem, viele Frauen haben heutzutage keine Kinder mehr, und diese Freiheit sollen sie haben. Dann sollen sie aber auch die gleichen Pflichten wie die Männer erfüllen. Anstatt in die immergleiche Kerbe der Frau als ausgebeutetes und schwer geschundenes Wesen zu schlagen, wäre es an der Zeit, aktuelle und zum Glück in der Mehrheit realistische Lebenswelten als Beispiel zu nehmen: Der erfolgreichen Frau, die auch etwas zu sagen und zu bestimmen hat – und die sich vorbereitet weiss, dank Service Citoyen.
Nach Ihrer Logik hätte man die Gleichstellung im Stimmrecht 1971 genau so gut dadurch verwirklichen können, dass man den Männern das Stimmrecht auch genommen hätte. Sind dann ja alle gleichberechtigt. Dass das Blödsinn ist, versteht sich von selbst, aber warum? Weil Gleichstellung immer eine Verbesserung der Verhältnisse sein muss. Die Verhältnisse für alle zu verschlechtern, ist nicht sinnvoll. Diese Initiative ist also ein Schritt in die falsche Richtung, weil sie nun auch die Frauen zur Zwangsarbeit beiziehen möchte, statt die Gleichstellung durch *weniger* Zwangsarbeit zu erreichen.
Eine Dienstpflicht für alle wäre zeitgemäss
Die Service Citoyen-Initiative stärkt den sozialen Zusammenhalt und bezieht beide Geschlechter gleichermassen mit ein. Sie trägt damit auch zur Gleichstellung bei. Zeitgemässe Einsätze (z. B. Klima‑ und Katastrophenschutz, Pflege/Soziales) bringen einen direkten Mehrwert und stärken neben der äusseren auch die innere Sicherheit. Zudem würden die personellen Ressourcen für sämtliche Milizinstitutionen gesichert.
Es bezieht gerade nicht alle Geschlechter gleichermassen mit ein, sondern blendet aus, dass Frauen schon jetzt beispielsweise deutlich mehr Care-Arbeit übernehmen (müssen). Wenn nun Frauen zusätzlich noch zu einem unfreiwilligen Zwangsdienst gezwungen werden, verstärkt dies die Ungleichbehandlung.
Nicht nur Pflicht, auch Chance!
Es braucht Gleichberechtigung in allen Bereichen. Natürlich soll auch die Elternzeit verlängert werden - und beide Elternteile sollen Care-Arbeit leisten. Gleicher Lohn für alle selbstverständlich auch. Aber zur Gleichberechtigung gehört doch auch, dass man dieselben Pflichten hat. Wobei ich den Bürgerdienst überhaupt nicht nur als Pflicht sehe, sondern auch als grosse Chance. Er ist nicht nur Arbeit, sondern auch Horizonterweiterung, Weiterbildung, Menschen kennenlernen, Solidarität, Umweltschutz etc.! Ich denke, man könnte den Service Citoyen dann absolvieren, wenn es von der Ausbildung und Familienplanung etc. her gut passt, also nicht unbedingt gleich mit 20.
Ja, trotz allem
Grundsätzlich kann ich alle verstehen, die dazu nein sagen. Insbesondere Frauen, welche heute die grösste Last an unbezahlter Care-Arbeit tragen, und jetzt noch eine Dienstpflicht aufgerummt bekämen. Dennoch: Die Initiative wäre die Chance gewesen, mit einem Gegenvorschlag die Dienstpflicht neu (und dann hoffentlich auch besser) aufzugleisen. Von der stockbürgerlichen Parlamentsmehrheit ist aber sowas nicht zu erwarten, siehe Zivildienstgesetz (https://jungegruene.ch/zivildienst).
Einer Initiative zuzustimmen, die den Frauen zusätzliche un- bis schlechtbezahlte Arbeit aufbürdet, während wir meilenweit entfernt von einer gleichgestellten Gesellschaft sind, die es ermöglichen würde, Menschen ohne politische Mitbestimmungsrechte dienstpflichtig zu machen, die die Löhne in sozialen Berufen, in der Bildung und im Gesundheitswesen drücken wird, und zur Militarisierung der Gesellschaft beiträgt, nur um es "den Bürgerlichen zu zeigen", weil die natürlich nicht Hand für einen allenfalls sinnvollen Gegenvorschlag boten, ist wohl das schlechteste Argument, das ich von den Befürworter:innen dieser Initiative je gehört habe, und das will etwas heissen.
Gleichstellung schaffen
Was mich in der ganzen Gleichstellungsdebate so nervt ist, dass wir rein rechtlich eine Ungleichstellung zu Ungunsten der Männer haben (Vaterschaftsurlaub, Militär). Auf der faktischen Ebene bin ich komplett mit der Einschätzung im Artikel einverstanden. Aber die Politik schafft nun mal Recht und verändert nicht direkt die Gesellschaft! Und nun liegt eine solch breite Initative vor, welche zumindest einen Schritt mehr Richtung rechtlicher Gleichstellung geht und zudem faktische Vorteile für alle in der Schweiz bringt! Ich sehe als rein objektiv die genannten Argumente im Artikel nicht. Wenn man nicht gebären will, muss man entweder keine Kinder kriegen oder sich umoperieren lasse...die Männer können faktisch auch mit einer Umoperation keine Kinder bekommen! Also bitte weniger Polemik und mehr Sache.
ein klares Ja - Aber
Grundsätzlich finde ich, dass ein irgendwie gearteter Service Citoyen eine gute Idee ist. Allerdings sehe ich auch, dass eine geschlechtsneutrale Dienstpflicht zusätzliche Nachteile für Frauen generieren würde - da unterstütze ich Helenas Argumentation vollumfänglich. Grundsätzlich stellt sich dabei ganz allgemein die Frage nach dem Wert von Arbeit. Dass dabei so genannte Care Arbeit heillos unterbewertet ist steht ausser Frage, wie auch andere Tätigkeiten teils stark unter- bzw. überbewertet sind. Eine komplizierte Frage, die einen intensiven gesellschaftlichen Diskurs erfordert. Erst nach dieser Klärung lassen sich Fragen nach einem "gerechten Lohn" beantworten. Die Bewertung von Care Arbeit ist ein Teil dieser Problematik. Jede Art von "Zwangsarbeit" im Militär oder in anderen Diensten halte ich für potenziell ungerecht. Eine teilweise Abgeltung von Care Arbeit im Rahmen der Pension könnte eine sinnvolle, jedoch keinesfalls ausreichende Komponente sein.
Service Citoyen
Warum gerade Frauen die Service Citoyen Initiative unterstützen sollen Gerade für Frauen ist diese Initiative wichtig. Warum? Der gemeinsame Dienst unterstützt die Gleichstellung, da auch Männer die Gleichstellung live erleben können. (siehe Israel, Skandinavien) Der Dienst ist keine Bestrafung, sondern eine gratis Grundausbildung/Netzwerk, die den Frauen grösstenteils bis dato verwehrt ist. Frauen können nur heute mühsam in den Zivilschutz/Dienst. Mit der Service Citoyen Initiative ändert sich das. Mann oder Frau muss es sich auch leisten können, Freiwilligenarbeit zu machen. Bei Einführung des Service Citoyen sind wir in 10 Jahren nochmals weiter in der Gleichstellung. Frauen können im Service Citoyen mit weniger Diensttagen begünstigt werden, solange Lohnunterschied besteht. Frauen müssen Teil der Sicherheitsinistitutionen bwz der Staatsgewalt sein, damit sie in der Gesellschaft gleichgestellt sind.
Sekretär JUSO Basel-Stadt
Nein, Frauen en masse zur Zwangsarbeit zu verpflichten ist kein Fort- sondern ein Rückschritt.
Meine Meinung geändert
Ich war bisher für den Service Citoyen, weil ich es eine gute Idee finde, dass alle jungen Menschen einen Dienst an der Gemeinschaft leisten. Das denke ich immer noch. Aber der Kommentar von Helena macht mir klar, dass die Care-Arbeit, die mehrheitlich von Frauen geleistet wird, unbedingt mitgedacht und miteingerechnet werden muss. Natürlich sind Kinderkriegen und Care-Arbeit ein immenser und unverzichtbarer Dienst an der Gemeinschaft. Und solange diese Leistungen und Geschenke nur wenig gesellschaftliche und finanzielle Anerkennung erhalten (wie dies in der Schweiz der Fall ist), würde ein Service Citoyen für alle die bestehende Ungerechtigkeit noch verstärken. Ich halte mich für relativ emanzipiert und habe in meinem Leben sehr viel Care-Arbeit geleistet — und wundere mich nun, dass ich diesen Aspekt bisher ausgeblendet habe. Ich werde Nein stimmen. Danke Helena!
Vielen Dank für diesen Diskussionsbeitrag. Hier der Link zum Kommentar von Kollegin Helena Krauser: «Der Service Citoyen für Frauen ist ein Affront».
Echte Gleichheit für Frauen, ja!
Über Zivildienst reden wir, wenn Frauen in der Schweiz nicht länger 35 % weniger verdienen als Strafe für ihr Opfer, Kinder zu gebären (childpenaltyatlas.org), wenn Rechnungen für Fertilitätsbehandlungen, Schwangerschaft und postpartale Komplikationen an die Väter statt an die Mütter gehen, wenn Einkommen während der Schwangerschaft garantiert ist (egal ob der Arbeitgeber entlässt oder nicht, Realität trotz magerem gesetzlichen Schutz), wenn Mütter nicht länger traumatisiert werden, weil ihre Partner in den ersten Nächten nach der Geburt heimgeschickt werden (genau dann, wenn sie am verletzlichsten sind) und wenn Mütter & Kinder nicht mehr nach 3 Monaten Mutterschaftsurlaub getrennt werden, obwohl das Kind noch völlig abhängig ist. Das verstösst gegen WHO- und entwicklungspsychologische Empfehlungen, ist keine „Trennung“, sondern systemische Traumatisierung. Nachher reden wir gern über Zivildienst - mit Zykluspause fürs Kinderkriegen. Biologische Uhr & so.
Sie schaffen es tatsächlich nicht nur komplett überzogene Ideen (GPG von 35% statt dem offiziellen unbereinigten GPG von ca. 12%) anzuhängen, sondern verdrehen auch Benachteiligung von Männern (fast kein Vaterschaftsurlaub) zu einer Benachteiligung von Frauen. Alles nur, um ja nicht ein wenig Verantwortung übernehmen zu müssen. Was macht Ihnen soviel Angst daran, einmal im Leben den gleichen Standards genügen zu müssen, wie ein Mann und sich aus Ihrer persönlichen Komfortzone, die Ihrer Beschreibung nach ja so schrecklich ist, hinauszubegeben?
Zum Verständnis: Gender Pay Gap (GPG) und Child Penalty Atlas sind nicht dasselbe. Letzterer erhebt den Effekt, den das erste Kind auf die bezahlte Arbeit von Männern und Frauen hat. Mehr zur Methode hier. Beim GPG geht es um Lohnunterschiede, von denen ein Teil erklärt werden kann (z.B.: Frauen arbeiten mehr in Teilzeit) und ein Teil nicht (Hinweis auf geschlechtsspezifische Lohndiskriminierung).
Osterwalder
Die Idee, dass nicht nur Männer verpflichtet sind, einen "Allgemein"-Dienst zu übernehmen, finde ich im 2025 grundsätzlich nicht schlecht. Doch übernehmen unzählige Frauen bereits einen solchen Allgemein-Dienst (Care-Arbeit), nicht verpflichtet, aber vor allem unbezahlt!! Und oft auf Kosten ihrer Karriere, Pension, etc. Für Frauen nun einen zusätzlichen Allgemein-Dienst - verpflichtend - einzuführen, wäre eine zusätzliche Last für diese Frauen. No way. Aber wie können wir da zu mehr Gleichstellung kommen? Ich finde Care-Arbeitsstunden sollten angerechnet werden, für Frauen UND Männer. Problem ist, dass Militär/Zivildienst in frühen Jahren stattfindet, d.h. vor der Zeit, i.d. man Care Arbeit übernimmt. Vielleicht könnte es man mit der Pension verbinden? Dass man eine Art "Bonuspunkte" bzw. Allgemeinheitspunkte sammelt (via Militärdienst, Zivildienst, oder eben Care-Arbeit) und diese dann an die Pension angerechnet werden. Das wäre ein erster Schritt Richtung Anerkennung von Care Arbeit!
Seit 1291
1291 stehen die Eidgenossen zusammen. 2025 wird dieser Rütlischwur nun mit dem Service Citoyen erneuert. Das schöne daran ist, dass diesmal auch die Eidgenossinnen voll dabei sind.
Zwei von vielen Gründen, Nein zu stimmen: 1. Solange die Gleichstellung der Geschlechter nicht Realität ist, gibt es keinen Grund für eine Dienstpflicht für Frauen. Ausserdem ist es völlig falsch anzunehmen, dass Frauen der Gesellschaft keinen Dienst erweisen, nur weil sie derzeit von der Dienstpflicht befreit sind. Beispielsweise wird weiterhin der Grossteil der bezahlten und unbezahlten Care-Arbeit von Frauen geleistet. 2. Um den vorgeschriebenen Sollbestand der Armee zu gewährleisten, muss ein Teil der Dienstpflichtigen zum Militärdienst gezwungen werden, da eine freie Wahl diesen Bestand kaum garantieren würde. Dies führt letztlich zu einer Ungleichbehandlung der Dienstpflichtigen. Es ist nicht klar, nach welchen Kriterien entschieden werden soll, wer das Recht hat zu wählen und wer gezwungen wird. Noch viele mehr Argumente mehr finden sich hier.
«Solange die Gleichstellung der Geschlechter nicht Realität ist, gibt es keinen Grund für eine Dienstpflicht für Frauen.» Also Gleichstellung verhindern, weil Gleichstellung noch nicht erreicht ist. Wie stellen Sie sich das vor? Solange Ungleichbehanldung gegeben ist, können wir in unsere Gesellschaft von Gleichstellung nicht sprechen, also sollen wir es auch gar nicht mehr versuchen?
Widerspruch
zu 1. Altes Henne-Ei Argument. Es müssen meiner Ansicht nach alle politischen Mittel herangezogen werden, um die Gleichstellung der Geschlechter zu beseitigen. Dazu gehört unter anderem die Elternzeit nach Geburt, Lohngleichheit und eben gleichen Rechte und Pflichten. Momentan werden ALLE Männer verpflichtet, auch diejenigen die selbst eine totale Gleichberechtigung mit ihren PartnerInnen leben und KEINE Frauen, auch diejenigen nicht, welche nie Kinder kriegen und nie Carearbeit leisten werden. zu 2. Warum soll hier die Ungleichbehandlung der Dienstpflichtigen ein Problem sein, aber die Ungleichbehandlung der Geschlechter plötzlich nicht? Es kann doch immer noch jeder/jede wählen, ob sie zum Militär oder zum Zivildienst/-schutz gehen möchten.
Gleichpflicht oder Gleichillusion?
Der Service Citoyen klingt nach Fortschritt: Endlich sollen alle ihren Beitrag leisten – Armee, Zivilschutz, Zivildienst, Hauptsache gemeinsam. Doch Gleichberechtigung heisst nicht, einfach alle gleich zu verpflichten. Frauen leisten längst riesige Care-Arbeit, unbezahlt und kaum anerkannt. Und wer jetzt meint, Gebären sei Ersatz für Dienstpflicht – heiliges Kanonenrohr! Dann könnten Männer ja auch sagen: Weil wir früher sterben, schuften wir weniger. Solange Care-Arbeit nicht als gesellschaftlicher Dienst gilt, bleibt das Gerede von Gleichpflicht reine Illusion. Und wenn jeder frei wählen darf, ob Akten oder Sandsäcke, bleiben die vorderen Plätze leer. Gute Idee, schlecht gebaut. Ich sage Nein – nicht aus Prinzip, sondern aus Vernunft.
Sozialer Akku
Was wenn wir von dem Frau versus Mann mal wegkommen würden? Was wenn wir mal überdenken, wer und warum diese Dienste leisten möchte/ könnte? Als Pflegefachfrau frage ich mich, wieviel sozialer Akku bleibt denn denjenigen, die bereits beruflich ein Leben lang Service Citoyen leisten?
befreites Denken
Man kann ja aus ideologischen, feministischen oder staatskritischen Gründen gegen einen Service Citoyen sein. Von mir aus auch weil man meint, dass die Männer zu wenig für das Wohl der Gesellschaft täten. Es gäbe dann ja auch noch die Männer, die verantwortungsvolle Väter sind oder waren, Zivil- oder Militärdienst geleistet haben oder als Ersatz bezahlt haben und sich später noch um ihre betagten Eltern kümmern. Aber einen Bürgerdienst aus biologischen Gründen ablehnen, da nur Frauen Kinder gebären können? Mit dieser Laune der Natur zu argumentieren, lässt sich noch so vieles bekämpfen oder einfordern. Ich dachte, dass sogenannt progressive Kräfte die Gesellschaft von solchem Denken befreien möchten.
Alles nur noch Zwang?!
Den Staat braucht selbst ein Volk von Teufeln. Denn auch sie müssen - weil sie eigentlich frei sein wollen - gezwungen werden, das zu tun, was sie machen sollen.
Dort, wo es sinnvoll ist, ja. Das heisst aber auch: nicht durch diese genauso schlecht geschriebene wie durchdachte Initiative. Nicht so, dass in unterbezahlten Sektoren die Löhne weiter gedrückt werden. Nicht so, dass die Gesellschaft weiter militarisiert wird. Nicht so, dass denen die eh schon die meiste un- respektive schlechtbezahlte Arbeit leisten, noch mehr aufgebürdet wird. Nicht so, dass Menschen, denen die politischen Rechte verwehrt werden, trotzdem per Zwang als billige Arbeitskräfte ausgenutzt werden sollen.
Mogelpackung
Im Initiativtext steht: «Der Sollbestand der Kriseninterventionsdienste ist garantiert.» Und weiter: Das betreffe insbesondere die Armee und den Zivilschutz. Heisst: Wenn irgendwer (Wer tatsächlich?) bestimmt, dass es in der Armee oder im Zivilschutz zu wenig Personal hat, werden Dienstleistende einfach dort eingeteilt. Der Zivildienst will Rechtsbürgerlich quasi aufheben. Diese Möglichkeit gibt es dann also nicht mehr. Unglaublich verwerfliche Taktik aus diesen Kreisen.
Keine Mogelpackung
Wir haben die Wahl zwischen unmotivierten Soldaten, die – nach den Vorstellungen rechtsbürgerlicher Kreise – mit Druck aus dem Zivildienst in die Armee gezerrt werden, um das Soll der zukünftigen Armee sicher zu stellen. Oder wir erweitern die Rekrutierungsbasis um 100% – wie es die Service-Citoyen-Initiative vorsieht – und finden genügend motivierte SoldatInnen und ZivilschützerInnen für die Erreichung des Sollbestandes. Die Rekrutierung erfolgt wie heute anhand von folgenden Kriterien: Bedarfsermittlung der Einsatzorganisationen, Fähigkeiten und Präferenzen der Dienstleistenden. Im Zivildienst können auch wichtige Aufgaben wahrgenommen werden, oder, wenn es Sinn macht, kann die Dienstpflicht auch mit einer Ersatzabgabe erfüllt werden. So entstehen keine Leerläufe und die Kosten halten sich in Grenzen. Auch ist die Wehrgerechtigkeit gewahrt.