Tee ist eine exakte Wissenschaft
Diese Woche liegt Japan in Basel. Das Geschmacksfestival Konomi gibt einen Einblick in die japanische Kultur und lehrt, dass wirklich guter Tee viel Geduld braucht.
Konomi bedeutet übersetzt «Geschmack» und genau diesen will das Festival für japanischen Geschmack, das derzeit stattfindet, den Basler*innen präsentieren. Mit Tastings, Workshops und Vorträgen versuchen die Veranstalter*innen die japanische Lebensart näherzubringen.
Das Festival findet zum zweiten Mal statt und bei dieser Ausgabe machen bereits 13 mit erweiterten Partnern 16 verschiedene Lokalitäten mit – das sind in Basel sechs mehr als im ersten Jahr. Unter ihnen auch das Homu Basel, ein Laden, der sich der Vermittlung japanischer Wohnart widmet. Besitzerin Michèle Heer ist seit Anfang an mit dabei.
Das Homu liegt im Herzen der Innenstadt zwischen Markt- und Barfüsserplatz – ein bisschen versteckt im Gerbergässlein. Das japanische Schriftzeichen für «Wohnen» verweist darauf, was einen im Innern erwartet. Betritt man den Laden, verrät einzig der Tresen, dass es sich um ein Geschäft handelt, alles andere erinnert an einen Wohnbereich. Im oberen Stock wurde anlässlich des Festivals ein Teehaus eingerichtet.
Natsuko Stauffer Mikamo und Beat Stauffer von Japanese Local Tea, einem Online-Shop, der sich auf japanischen Tee spezialisiert hat, und Özgür Kumanova von Daniska, einer Kaffee- und Matcha-Bar an der Feldbergstrasse servieren ihren Tee im Rahmen des Festivals. Natsuko Stauffer Mikamo erzählt, dass es eine willkommene Gelegenheit ist, ihren Tee live verköstigen zu lassen.
In ihrer Familie hat die Teezubereitung eine lange Tradition, ihre Grossmutter war eine Teemeisterin, ein in Japan nur schwer erreichbares Metier. Die Teezeremonie sei zwar ein wichtiger Brauch – um einiges wichtiger sei es jedoch, dass jede Person ihren eigenen Weg finde, egal ob mit oder ohne Zeremonie oder halt in abgeänderter Form. Sie selbst bereite ihren Tee auch nicht ganz traditionell auf einem Tatami, einer Matte aus Reisstroh, kniend zu, erzählt Stauffer Mikamo, sondern im Stehen an einem Tisch.
Um dies gleich zu veranschaulichen, stellt sie sich an den Tisch im Teeraum und erhitzt das Wasser für den Grüntee. Dafür benutzt sie keinen gewöhnlichen Wasserkocher, denn für Grüntee sei es essenziell, kein zu heisses Wasser zu benutzen, ansonsten werde er bitter. Sie verwendet deshalb einen Kocher, der ihr die Temperatur jederzeit genau anzeigt.
In vielen japanischen Haushalten wird ausschliesslich Grüntee getrunken, erklärt Stauffer Mikamo. Auch wenn es in Japan heutzutage immer mehr Kaffee-Läden in den Städten gibt, ist der Hype um Getränke wie Matcha Latte gross und er helfe auch der japanischen Wirtschaft.
Vom Grüntee gibt es viele verschiedene Varianten. Die beliebteste von allen (80% des Marktes) ist Sencha. Stauffer Mikamo wägt auf einer kleinen Waage die Blätter ab. Danach platziert sie die genaue Menge in der Teekanne. Das exakt richtig temperierte Wasser giesst sie dann dazu. Kaum hat sie den Kocher abgestellt, fliegen ihre Finger zu einem bereits vorbereiteten Timer – neben der richtigen Temperatur ist nämlich auch die Einwirkzeit der Blätter eine Wissenschaft für sich.
Nach zwei Minuten ist der Tee fertig. Stauffer Mikamo giesst den gesamten Inhalt der Kanne in eine Tasse. Geduldig wartet sie, bis auch der letzte Tropfen Tee seinen Weg ins Gefäss findet. Sie erklärt, dass ein solches Teehaus wegen des Zeitaufwands, der für jede einzelne Tasse guten Tees notwendig ist, nicht funktionieren würde. Nach einem Schluck des liebevoll zubereiteten Tees merkt man aber sofort den Qualitätsunterschied und versteht, was der japanische Poet aus der Sung-Zeit (960-1279), Lichihlai, meinte, als er schrieb: «Es sind nur drei äusserst bedauernswerte Geschehnisse in der Welt; Das Verderben der guten Jugend durch falsche Bildung, die Abwertung von guten Bildern durch ungehobelte und vulgäre Bewunderung und die völlige Verschwendung von gutem Tee durch unfähige Zubereitung.» Für Stauffer Mikamo ist klar, er muss einfach von Herzen kommen.
Neben dem Teehaus finden auch diverse Workshops statt, zum Beispiel einer zu Mizuhiki, der Kunst des Knüpfens. Im Kunstmuseum, das dieses Jahr als Partner-Organisation dabei ist, werden japanische Farbholzschnitte gezeigt und im Stadtkino läuft der japanische Film Tampopo aus dem Jahr 1985.
Im ersten Jahr sei alles viel kleiner gewesen, sagt Homu-Besitzerin Michèle Heer, die zu den Gründer*innen des Konomi-Festivals gehört. Dass nun so viele Betriebe mitwirken, habe sie nie erwartet.
Neben dem Festival sei auch das Angebot an japanischer Kultur in Basel gewachsen. Es gebe aber durchaus Wachstumspotenzial, meint Heer. Dabei soll das Festival Konomi helfen. Stolz erwähnt sie, dass manche Besucher*innen sogar extra aus Bern oder Zürich anreisen.
Dennoch liegt ein Grossteil der finanziellen Last auf den teilnehmenden Betrieben. Da das Festival nur über wenige Sponsoren verfügt, sind viele der Organisator*innen ehrenamtlich tätig. Jedoch spiele das für sie nur eine untergeordnete Rolle. «In Japan ist Wertschätzung die schönste Art der Bezahlung.» So würde sie das Festival sehr gerne nächstes Jahr wiederholen. Ob das aber zustande kommt, steht noch im Teesatz geschrieben.
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Das Konomi findet noch bis am 17. März statt. Hier geht es zum Programm.
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