Eine Ansage der Generation Z

Die Anspruchshaltung der Generation Z sei eine Katastrophe, heisst es im BaZ-Podcast. Bajour-Praktikantin Jeanne gehört zu dieser Generation und möchte etwas loswerden.

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Menschen der Generation Z stehen für sich ein. (Bild: Markus Spiske, Unsplash)

Meine Generation sei eine Katastrophe, muss ich mir immer wieder anhören. Warum «wir» so schlimm sein sollen, erzählt Sebastian Briellmann seinem Kollegen Benjamin Wirth jüngst im Podcast «BaZ direkt». Eigentlich soll es im Gespräch darum gehen, Berufslehren mehr «Respekt zu zollen», aber es wird gewettert gegen «die Anspruchshaltung der Generation Z». 

Ich bin nicht nur Teil dieser Generation, sondern habe auch noch studiert und keine Berufslehre absolviert. Damit habe ich nach Meinung der Podcast-Hosts schon einmal viel falsch gemacht. An dieser Stelle muss ich aber auch anmerken, dass ich natürlich nicht die komplette Generation vertrete. Denn ich will nicht alle, die ungefähr in meinem Alter sind, in einen Topf werfen.

Die Generationen im Überblick
  • Babyboomer: Jahrgänge zwischen 1946 und 1964
  • Generation X: Jahrgänge zwischen 1965 und 1980
  • Generation Y: Jahrgänge zwischen 1981 und 1995/96*
  • Generation Z: Jahrgänge zwischen 1996/97 und 2010/11*
  • Generation Alpha: Jahrgänge zwischen 2011/12* und 2025

    * je nach Quelle

«Die Anspruchshaltung der Generation Z ist eine Katastrophe», heisst es im Podcast-Gespräch. Aber es wird nicht nur eine ganze Generation pauschal abgekanzelt, sondern auch unterschiedliche Ausbildungswege und Berufe gegeneinander ausgespielt. Das finde ich deplatziert.

Im Podcast heisst es zum Beispiel, dass Kantonsangestellte sicher keine 38-Stunden-Woche brauchen würden – im Vergleich zu den hart arbeitenden Leuten auf dem Bau. Zuvor werden Kantonsangestellte als «Orchideenstudium»-Studierende betitelt, die das sowieso alles nur «zum Spass» machten. Ein richtiges Studium ist laut BaZ-Gespräch Medizin, aber auch junge Ärzt*innen hätten heute keine Arbeitsmoral mehr. Dazu wird das Beispiel eines Arztes aus der NZZ genannt: Dieser sagte der Zeitung, dass Ärzte und Ärztinnen früher 80 Stunden pro Woche arbeiteten, dabei zwar «gelitten hatten wie Hunde», aber daraus «Exzellenz» entstanden sei. Wenn mit Exzellenz Burn-outs und Erschöpfungsdepression gemeint sind, dann ok.

Eine «Work-Life-Balance» zu haben ist nichts Schlechtes.

Die «Hustle»-Kultur hat ihre Schattenseiten. Studien zeigen, dass beispielsweise eine 4-Tage-Woche Arbeitende glücklicher macht, gesünder ist und genauso produktiv. Mehr Arbeit bedeutet also nicht unbedingt mehr Leistung und eine «Work-Life-Balance» zu haben ist nichts Schlechtes.

Im Übrigen trifft «Studieren zum Spass haben» wohl nur auf einen kleinen Teil der Studierenden zu. Viele müssen nebenbei arbeiten, weil sie eben nicht alles von Mami und Papi oder vom Staat bezahlt bekommen (was ich eigentlich auch gut finde, wegen Arbeitserfahrung und Ausgleich und so). Ich selbst habe immer während des gesamten Studiums zwischen 25 und 45 Prozent in einem Logistik-Lager gearbeitet, mehrere in meinem Umfeld sind im Service beschäftigt und andere Bekannte strampeln sich am Sonntagabend beim Essen-Ausliefern die Waden ab. Diese konstante Doppelbelastung ist kräftezehrend und nur Funny-Times liegen da nicht drin. In einer Leistungsgesellschaft zu leben, ist nicht immer einfach, vor allem dann nicht, wenn zwischen richtiger und falscher Leistung unterschieden wird.

Sicherlich gibt es diese Klischee-Student*innen, die an der Uni herumdümpeln, ihr Studium mehrfach abbrechen, wieder ein neues beginnen und nie so richtig in den Arbeitsmarkt finden. Die gibt es wohl in jeder Generation und Ausbildungsstätte. Von einer «unglaublichen Verwöhnung» der Studierenden zu reden, finde ich aber sehr hoch gegriffen. Nicht, dass es in der typischen Arbeitswelt keine starke Belastung gäbe (Stichwort Vereinbarkeit), aber so «easy going», wie das im Podcast heisst, ist es eben nicht immer.

Jede Ausbildung und jeder Beruf haben ihre eigenen Herausforderungen. Eine Diskussion darüber zu führen, wer mehr leistet, führt nicht weit. Die Generation Z ist nicht alleine am jetzigen, je nach Umfeld, eher schlechten Stand der Berufslehre schuld. Wir ernten, was die Generationen vor uns gesät und vorgelebt haben. Die Älteren müssen sich genauso fragen, warum eine Lehre als weniger attraktiv wahrgenommen wird. Warum wollen so wenige Gymi-Schüler*innen eine Ausbildung machen? Vielleicht sollten die Arbeitsbedingungen in der Lehre besser werden? Vielleicht liegt es nicht an den katastrophalen GenZ-Menschen? Ich würde sagen: Check your privilege!

Herz Hase
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