D Mäss in Mini
Erich Dietiker baut Messbahnen, Drehorgeln und Uhren, die in seinem Haus in Ettingen wie in einem Museum ausgestellt sind. Aktuell bastelt er eine Sportbahn und einen Autoscooter und freut sich auf die Herbstmesse, um neue Inspirationen zu bekommen.
Von aussen sieht das Haus von Erich Dietiker aus wie viele andere in der ruhigen Strasse in Ettingen, in der er mit seiner Frau lebt. Sobald er die Türen öffnet, befindet man sich aber in einer anderen Welt. Es tickt und klingt, Dutzende Sekundenzeiger bewegen sich im Takt und läuten zur Viertelstunde. Auf die Frage, im Besitz wie vieler Uhren er ist, winkt er ab – er habe schon lange aufgehört, zu zählen. Zudem seien die Uhren nur eine von vielen Leidenschaften.
Bevor er all seine Schätze im Haus präsentieren kann, verabschiedet er sich von seinen Enkelkindern, die er am Nachmittag gehütet hat und die für ihn immer an erster Stelle kommen, wie er sagt. Dann aber ist der 76-Jährige ganz bei der Sache und es macht ihm sichtlich Freude, seine Lieblingsstücke vorzuführen. Nicht nur Uhren, wohin das Auge blickt, auch Drehorgeln, ein Karussellpferd und zahlreiche nachgebaute Bahnen der Basler Herbstmesse stehen oder hängen im Hobbyraum von Dietiker, das einem kleinen Museum gleicht.
Besonders stolz ist er auf seine Herbstmesse-Bahnen in Miniatur, die täuschend echt aussehen und die er in stundenlanger und sorgfältiger Handarbeit nachgebaut hat. Dietiker erinnert sich: «Besonders hat mich die Technik der Bahnen interessiert und ich war stundenlang an der Herbstmesse unterwegs, um alles genau zu beobachten und mit den Schaustellern zu sprechen.»
Jede Bahn werde auf andere Weise betrieben, weiss er, und baut sie alle originalgetreu nach. Die Calypso zum Beispiel blinkt genauso wie das Original, jeder einzelne Wagen ist beleuchtet und die Krone der Bahn dreht sich in der Gegenrichtung. Und die Himalaya-Bahn fährt jede zweite Fahrt rückwärts. Auf diese Details kommt es Dietiker an.
Mit Liebe zu den Dingen und mit viel Geschick hat Dietiker nicht nur die Technik installiert, sondern auch die einzelnen Wagen und Tiere aus Holz gebaut, bemalt und verziert. Besonders stolz ist er auf das selbst gezeichnete Panoramabild der Skilift-Bahn, die 2023 in Basel ihre letzten Runden drehte und nun bei ihm im Einsatz ist.
«Tausende Stunden» habe er in die Bahnen und Uhren gesteckt. Seit seiner Pensionierung vor rund zwölf Jahren habe er, der früher als Buchhalter arbeitete, noch viel mehr Zeit, die er in seine Leidenschaft stecken kann.
«Ich bin eher ein atypischer Buchhalter», sagt er lachend und sagt, er sei froh, neben seiner Arbeit immer sein kreatives Hobby als Ausgleich zu haben. «Das alles wäre aber ohne die Toleranz meiner Frau gar nicht möglich gewesen.» Denn er verschwindet nicht nur stundenlang in seiner Werkstatt, sondern ist auch immer wieder unterwegs, um die nötigen Einzelteile zu kaufen. Sei es auf Flohmärkten, in Brockenstuben oder auf Ebay.
«Ich finde und bestelle dort zum Beispiel Zahnräder, Kugellager, Fernsteuerungen oder Spielzeugtiere zu einem kleinen Preis und radle dann nach Deutschland, um die Dinge abzuholen.» Um eine Bahn zu bauen, «gehen bis zu 300 Stunden ins Land», sagt er, aber er schaue bei seiner Arbeit nicht auf die Uhr – was in seinem Haus auch eine Kunst ist.
Nach seiner Pensionierung mietete Dietiker einen nahegelegenen Raum in einer Liegenschaft, der ihm nun als Werkstatt dient. «Zu Hause war das allein aus Platzgründen gar nicht mehr möglich.» Hier befinden sich tausende kleinteilige Utensilien, fein säuberlich in Schubladen verstaut. Über allem thront die Sportbahn, die nächstes Jahr zur Herbstmesse fertig sein soll.
Für sein neuestes Werk hat er extra ein kleines grünes 12er Tram erstanden, das aber nicht passte. Das blaue Mini-Tram aber funktioniert und er ist zufrieden. Motorräder, Verkehrsschilder und Rasen hat Dietiker bereits installiert und er investiert viel Zeit in seine «neue» Bahn. Auch einen Autoscooter will Dietiker noch bauen und auf seiner Werkbank liegt ein kleines Skelett, das er bereits für ein Geisterbahn-Projekt auserkoren hat.
Er schätzt die Ruhe in dem Raum, die allerdings ab und zu unterbrochen wird: Dann klopft es von aussen an die Fensterscheibe. Dietiker ist bekannt bei den Nachbarskindern, die ab und zu Kleinigkeiten von ihm geschenkt bekommen, die er für seine Arbeit nicht mehr braucht.
Einige seiner Werke kann er gerade nicht vorführen, weil sie wie das Bodenkarussell oder der Kettenflieger zur Zeit in Sissach im Museum ausgestellt sind. Und das Riesenrad ist – während der Herbstmesse – im Schaufenster der Metzgerei Jenzer in Arlesheim zu bewundern.
Zeigen möchte er aber seine Drehorgeln, die er natürlich auch selbst gebaut hat. Ohrenbetäubend laut ist das Modell, das einen Ehrenplatz in seinem Wohnzimmer hat. Mit diesem Instrument ist er oft im Einsatz auf Märkten, wo er spielt und mit Menschen ins Gespräch kommt.
Auch heute geht er noch an die Herbstmesse – «aber vor allem wegen der Enkelkinder». Ihretwegen geht er sogar noch auf Bahnen und gesteht: «Die Technik fasziniert mich noch immer.» Für Dietiker steht fest: Solange es ihm möglich ist, wird er neue Inspirationen suchen, Messbahnen bauen und seiner Leidenschaft nachgehen.